Musikfestspiele Saar Jacobs Himmelsleiter vor Gerhard Richters Fenstern

Tholey · Musikalisch werden die Festlichkeiten zur Wiedereröffnung der renovierten Abteikirche St. Mauritius in Tholey von den Musikfestspielen Saar gestaltet. Ein Chorkonzert eröffnete am Dienstag den Reigen von vier Konzerten, die im Zusammenspiel mit den drei neuen Chorfenstern Gerhard Richters gesehen werden wollen.

Zu Gast war das estnische Vokalensemble „Vox clamantis“ mit acht Frauen- und neun Männerstimmen. Cyrillus Kreek hat sich kompositorisch mit dem estnischen Volkslied und der Orthodoxie beschäftigt. In „Proemial Psalm“ eröffnet eine liturgische Gebets-Rezitation mit schlichter Melodik. Ein einfacher Chorsatz schließt ab, der die poetische Geschichte von Jakob und der Himmelsleiter erzählt.

Musikalische Meditation, deren Atmosphäre sich mit dem Hauptwerk des Abends verstärkte: Ausschnitte aus Arvo Pärts Kanon „Pokajanen“ zogen die rund 40 Zuhörer in ihren Bann. Der hell ausgeleuchteten und wie neu erstrahlenden Abteikirche fehlte zwar das Mystische, dennoch gelang dem Ensemble eine stimmige, facettenreiche und klangschöne Interpretation. Der Text wird dem griechischen Dichter Andreas von Kreta zugeschrieben, der „Kanon“ ist die bedeutendste hymnische Gesangsform der byzantinischen Liturgie. Der rein homophone Chorsatz spaltet sich immer wieder auf in solistische Episoden, Stimm-Überschneidungen, extreme Stimmlagen, bordunartige Liegetöne, er erinnert an die Kunst der Niederländer.

Pärt versenkt sich in den Tonfall der kyrillischen Textvorlage, die Worte scheinen die Musik zu schreiben. Dirigent Jaan-Eik Tulve modellierte mit weicher Geste Dynamik und Klang, man spürte den Spezialisten für gregorianischen Gesang. Organisch, wie selbstverständlich flossen die Melodien und die sich mitunter auch reibenden Harmonien. Viel anerkennender Beifall und zum Beschluss ein Richter gewidmetes Chorlied.

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