Breitenkultur Wenig Nachwuchs, Scheu vorm Ehrenamt und zu wenig Geld

Saarbrücken · Homburger Kongress zur Breitenkultur im Saarland hatte wenig Zulauf, aber einige Ideen. Eine Forderung: Bessere Vernetzung von Musikschulen, Schulen und Vereinen.

(sedi) Es stimmt etwas nicht mit der saarländischen Breitenkultur. Chöre und Musikvereine beklagen mangelnden Nachwuchs und ein schwindendes Interesse an der Vereinskultur. Irgendetwas muss also getan werden, nur was?

Eine vom Landesmusikrat Rheinland-Pfalz herausgegebene Broschüre mit dem Titel „Zukunftskonzept Laienmusik“ hat im Saarland Wellen gemacht: Beim Landesmusikrat und bei der Landesakademie für musisch-kulturelle Bildung. Beide Verbände entwickelten aufgrund des Impulses aus dem Nachbar-Bundesland die Idee eines Kongresses mit dem Titel „Breitenkultur im Saarland: Reflexion und Entwicklung“. Eingeladen wurde alle, die in der Breitenkultur tätig sind.

Etwa 40 Teilnehmer folgten dem Aufruf und trafen sich letzten Samstag in der Homburger Jugendherberge. Etwas mehr Zuspruch habe man sich schon erhofft, gab Bernhard Fromkorth, Präsident des Landesmusikrats, zu. Dafür seien die Anwesenden um so engagierter gewesen. Josef Petry, Vorsitzender der Landesakademie, meinte, er habe nicht mit mehr Teilnehmern gerechnet: „Die Skepsis ist da noch groß.“ Man müsse aber nach außen deutlich machen, dass es wichtig sei, „in dieses Boot mit hineinzukommen“.

Bildungsminister Ulrich Commerçon (SPD) stellte in seiner Begrüßung Wertigkeit und soziale Funktion von Kultur heraus und betonte, wie wichtig Breitenkultur und Ehrenamt in der Gesellschaft seien. Der gesellschaftliche Zusammenhalt sei im Saarland größer als anderswo, und das habe auch mit der Vereinsstruktur zu tun. Anschließend stellte der Geschäftsführer des Landesmusikrats von Rheinland-Pfalz, Etienne Emard, die dortige Entwicklung dar. Ein Lösungsvorschlag für das Nachwuchsproblem sei die Kooperation zwischen Vereinen und Schulen. Denn: Durch die Ganztagsschulen hätten junge Menschen immer weniger Zeit fürs Vereinsleben, abgesehen davon, dass allein durch den demographischen Wandel gar nicht mehr so viel Nachwuchs vorhanden sei.

Beim saarländischen Kongress wurden vier Arbeitsgruppen gebildet, die sich mit den Themen Stärken, Schwächen, Visionen und Gefahren der Breitenkultur auseinandersetzten. Abschließend stellten vier Referenten die Ergebnisse dar. Bei den Stärken wurden viele soziale Aspekte wie Freundschaft, Integration oder das Miteinander der Generationen genannt. Aber auch für den Einzelnen biete die Breitenkultur einiges: Etwa Stressbewältigung, Talentförderung oder den Erwerb sozialer Kompetenz.

Bei den Schwächen der derzeitigen Struktur kamen Punkte wie der Geldmangel, die fehlende Wertschätzung oder mangelnde Unterstützung durch die Politik zur Sprache. Ein Teilnehmer, der nicht genannt werden möchte, sah ein Hauptproblem vieler Vereine und Verbände darin, dass langjährige Vorsitzende nicht früh genug Platz für Jüngere machten. Welche Gefahren drohen der Breitenkultur? Die Teilnehmer nannten  unter anderem die Überalterung, die zunehmende Abneigung, ein Ehrenamt zu übernehmen, immer mehr Hürden durch gesetzliche und versicherungstechnische Auflagen und fehlende Räume.

Und welche Visionen entwickelten die Teilnehmer? Da wurde unter anderem eine Ehrenamtspauschale gefordert, mehr Musikzweige in Schulen, eine Systematisierung der Verbände und allgemein eine bessere Vernetzung, etwa zwischen Vereinen und ortsansässigen Musikschulen. Von einem „Anfang“ sprach Josef Petry. Seine Vision: ein Kongress ähnlicher Art, der die Saarbrücker Congresshalle füllt.

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