„The Ministry of Ungentlemanly Warfare“ Desaster oder Sehenswert? Neue Kriegsparodie mit Til Schweiger auf Amazon
Saarbrücken · Zeitverschwendung oder großes Kino? Beim Kriegsfilm „The Ministry of Ungentlemanly Warfare“ sind sich viele uneinig. In den US-Kinos ein Desaster – in den deutschen Kinos wird er gar nicht erst gezeigt. Auf Amazon landet er jedoch direkt auf Platz 2. Ist der Film wirklich sehenswert?
Es ist ein bewährtes Motiv im Kriegsfilm: „Men on a mission“. Kernige Männer müssen etwas oder jemanden vernichten, mal in Alpen-, mal in Wüstenfestungen der Nazis, meistens mit einem großen Kawumm am Ende. Unzählige Produktionen haben das durchexerziert: „Die Kanonen von Navarone“ (1961), „Das dreckige Dutzend“ (1967) und auch Quentin Tarantinos schwarzhumorig unterfütterter „Inglourious Basterds“ (2009). Die erwähnten Filme sind die deutlichsten Bezugspunkte für „The Ministry of Ungentlemanly Warfare“, den jüngsten Film des Hollywood-Briten Guy Ritchie. Vor 26 Jahren macht ihn sein originelles Debüt „Bube, Dame, König, Gras“ schlagartig bekannt, seitdem ist seine Karriere ein Auf („Sherlock Holmes“) und Ab („Revolver“, „King Arthur“). „Ministry“ nun lief derart schlecht in den US-Kinos, dass er hierzulande ohne Kino-Umweg direkt bei Amazon Prime zu sehen ist. Eine verdiente filmische Abschiebung?
Henry Cavill wird zum britischen Ex-Häftling
Auf dem Meer beginnt es, wo ein paar harmlose Fischer von deutschen Marinesoldaten drangsaliert werden (in einer deutlichen Hommage an „Die Kanonen von Navarone“). Nur: Die Nazis sind umgehend tot, denn die Fischer sind keine – sondern ein Kommandotrupp um den britischen Ex-Häftling Gus March-Phillips (Henry Cavill): Um die Schlagkraft der deutschen U-Boote zu drosseln, die die Amerikaner daran hindern, in großen Truppenverbänden in Richtung Europa aufzubrechen, soll er in Afrika ein wichtiges deutsches Versorgungsschiff versenken. Das allerdings liegt in neutralem Gebiet. Deshalb kann England nicht einfach ein paar Bomber losschicken, sondern zettelt eine geheime Mission namens „Operation Postmaster“ an. Churchill persönlich schickt die bunte Truppe los, ohne Wissen seines Kabinetts – sollte das Ganze misslingen, müsste er seinen Hut nehmen.
Basierend auf einer wahren Geschichte, erzählt mit pubertärem Humor
Auf „einer wahren Geschichte“ basiert das Ganze, klärt uns der Vorspann auf, was ja so sein mag. Aber Regisseur Ritchie, ein Freund oft schrägen, manchmal pubertären Humors, erzählt komödiantisch, makaber, bei ihm wird das Ganze zu einer blutigen Farce. March-Phillips stellt seine Truppe nach klassischen Genre-Regeln zusammen, es gibt unter anderem den Sprengstoff-Experten, den Super-Planer und den Brutalo – in Form des Dänen Anders Lassen (Muskelberg Alan Ritchson aus der „Reacher“-Serie). Ob Messer, Pfeil, Bogen oder Axt – er kann mit allem umgehen und freut sich daran sichtlich.
Til Schweiger wird mit fremder Stimme synchronisiert
Auf der Insel, wo das Versorgungsschiff ankert, hat die Truppe schon zwei Mitstreiter: einen Schwarzmarkthändler und eine jüdische Spionin, auf die ein gut gescheitelter Ober-Nazi ein Auge geworfen hat. Den spielt Til Schweiger, dessen unverwechselbare Sprechart man in der deutschen Fassung allerdings nicht hört – Kollege Johannes Berenz synchronisiert ihn, warum auch immer. Überhaupt empfiehlt sich hier besonders, die Originalfassung anzuschauen: Denn die meisten Deutschen im Film werden von offenkundig nicht deutschsprachigen Schauspielern dargestellt – da wird sich beherzt teutonisch durch die wahrscheinlich phonetisch erlernten Sätze geknödelt und gewürgt, dass das Sauerkraut auf dem Teller erzittert.
Regisseur übertreibt mit Klischees und Leichenzahl im Film
Guy Ritchie legt das Ganze als saftige Genre-Parodie an, alles wird reichlich übertrieben: sei es die „stiff upper lip“-Attitüde der britischen Offiziere, der Blick auf deutsche Esskultur (außer Würstchen nebst Schwarzbrot gibt es da nichts) oder die Zahl der Leichen, die knapp dreistellig sein dürfte. Unterlegt wird das von einer Musik, die mal den Hut zieht vor Ennio Morricones Italowestern-Kompositionen, mal jazzig daherkommt. Alles ist nicht so richtig ernst gemeint, suggerieren Musik und auch die Dialoge, die meist ironisch getönt sind und betont britisch. Hier werden Explosionen mit „jolly good“ und „bloody well“ kommentiert.
So wenig Spannung und zu viel Comedy
Egal, ob man das nun als hintersinnig und witzig empfindet oder als letztlich ermüdend – Ritchies komödiantischer Ansatz rächt sich an der Spannung. Denn die ist merkwürdigerweise nicht vorhanden. Die britische Heldentruppe ist derart schlagkräftig, dass man nicht fürchten muss, dass auch nur einer der Heroen bis zum Filmende mehr als einen Bluterguss erleiden müsste. Bei allem Gemetzel überwiegt leichte Ironie, und so ist man tatsächlich dankbar für die Präsenz von Til Schweiger; dessen Figur bedroht die Selbstzufriedenheit der Kommandotruppe zumindest zeitweise mit einer etwas dümmlichen, aber dennoch gefährlichen Bösartigkeit.
Warum der Film trotzdem keine „Zeitverschwendung“ ist
Nebenbei schlägt der Film eine Brücke zu einem derzeit dösenden Kino-Mythos: Bei der realen „Operation Postmaster“ war ein junger Geheimdienstoffizier namens Ian Fleming dabei. Der erfand später die Figur James Bond und könnte sich dafür auch an der Figur March-Phillips orientiert haben. Wie auch immer: Sollte der Film eine Art Bewerbung von Guy Ritchie für den Regiestuhl bei James Bond sein, ist sie missglückt. „Ministry“ mag nun keine Zeitverschwendung sein, großes Kino ist der Film aber auch nicht. So gesehen ist die Heimat des Films auf dem Bildschirm statt auf der Leinwand nur passend.
Aktuell zu sehen beim Amazon Prime.