Konzert Faust gegen Glocke: Großes Geigenglück in Tholey

Tholey · Derzeit sind Festtage in der Tholeyer Abtei. Nach einer umfassenden Restaurierung des Klostergartens, des Kirchturms und der Abteikirche – mit den Fenstern Gerhard Richters – gastierte am Freitag die Weltklasse-Geigerin Isabelle Faust mit einem betörenden Rezital am Schaumberg.

 Die gefeierte Violinistin Isabelle Faust.

Die gefeierte Violinistin Isabelle Faust.

Foto: www.marcoborggreve.com/Marco Borggreve

Sie hatte etwas Besonderes mitgebracht: zwei Partiten und eine Sonate für Violine solo von Johann Sebastian Bach. Die Stücke gehören durch ihre polyphone Komposition zu den herausforderndsten Solowerken für Geigerinnen und Geiger; lange Zeit galten sie als unspielbar, bis Joseph Joachim sie vor knapp 150 Jahren erstmals vor Publikum darbrachte. Faust selbst hat die je drei Sonaten und drei Partiten für eine vielbeachtete Aufnahme bereits eingespielt.

Die Herausforderung, die die barocke Kammermusik an die weltweit renommierte Violinistin stellt, wird schon im ersten Satz der zur Eröffnung des Abends gespielten „Partita für Violine solo Nr. 3 E-Dur“ hörbar: Als Zuschauer hat man das Gefühl, mehr als einer einzigen Violine zu lauschen, eher drei oder vier – Geigenspiel, wie man es nur selten zu hören bekommt. Technisch perfekt spielt Faust auch die noch komplexere, entwaffnend schöne „Sonate für Violine solo Nr. 3 C-Dur“, gibt sich der Musik Bachs ganz hin und meistert diese kunstfertig komponierte Musik mit filigranem und geradezu leichtem Spiel. So auch die „Partita für Violine solo Nr. 2 d-Moll“; dass deren abschließender, mehrschichtiger Chaconne-Satz sich dreimal von einem ruhigen Ausgangspunkt zu einem fantastischen Höhepunkt steigert, ist ein dramaturgisch perfekt gesetztes Konzertende.

Bleibt zum Schluss nur eine Frage offen: Warum wird das Glockengeläut denn nicht für die Dauer eines derart beeindruckenden Konzertes ausgesetzt? Faust ist es scheinbar egal, sie lächelt das akustische Störfeuer jedes Mal einfach weg. Nachdem der letzte Ton verklungen ist, steht sie erst einmal lange da, in sich gekehrt, die Augen geschlossen, als müsse sich diese Musik auch erst bei ihr erst einmal setzten. Erst als sie ihren Bogen senkt, gibt ihr das Publikum den absolut verdienten, langen und begeisterten Applaus. Grandios!

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