Interview mit dem saarländischen Jazzer Kevin Naßhan „Wenn jeder geht, kann hier nichts passieren“

Saarbrücken · Der Jazz-Schlagzeuger über sein Silent Explosion Orchestra und über den üblichen schlechten Ratschlag für Künstler im Saarland.

  Kevin Naßhan, der Umtriebige: Neben dem Silent Explosion Orchestra ist er bei der Mannheimer Bigband Kicks’n’Sticks dabei, trommelt für Ro Gebhardt, arbeitet unter anderem mit Christoph Mudrich und Svenja Hinzmann.

Kevin Naßhan, der Umtriebige: Neben dem Silent Explosion Orchestra ist er bei der Mannheimer Bigband Kicks’n’Sticks dabei, trommelt für Ro Gebhardt, arbeitet unter anderem mit Christoph Mudrich und Svenja Hinzmann.

Foto: Kevin Naßhan

Mit 27 Jahren ist Schlagzeuger Kevin Naßhan schon auf dem Gipfel der saarländischen Jazzszene. Am 13. April spielt er mit dem von ihm gegründeten Silent Explosion Orchestra, einer Bigband aus jungen saarländischen Musikern, in der Dillinger Stadthalle. Er hat hochkarätige Gäste dabei: Ludwig Nuss, Malte Schiller und Jörg Achim Keller.

Wie kommt ein junger Mensch ausgerechnet zum Jazz?

NAßHAN Durch Bigbands. Ich hatte in Schulbands gespielt und bekam dann als Jugendlicher ein Stipendium für ein Musikcamp in Michigan. Dort wurde ich in eine Bigband eingeteilt und war begeistert. Dann habe ich im Saarland die Landes-Schüler-Bigband und das Jugend-Jazzorchester durchlaufen. Dadurch bekam ich immer mehr Kontakt zum Jazz, und dann kam eben die Entscheidung, Jazz zu studieren.

Ab welchem Alter haben Sie Jazz gehört?

NAßHAN In dem Camp war ich mit 13, das war der erste Kontakt. Ganz intensiv eingetaucht bin ich mit 16, 17, während der Gymnasialzeit.

Welche Interpreten und Stile hören Sie gern?

NAßHAN Ich bin da breit aufgestellt. Ich habe eine große Vorliebe für Swing, eben auch Bigbandmusik, da mag ich die traditionellen Sachen wie Count Basie. Oder heute die Clayton-Hamilton Bigband. Jeff Hamilton ist einer meiner favorisierten Schlagzeuger. Aber ich mag auch den modernen und etwas jüngeren Jazz, Shai Maestro etwa, oder Brian Blade. Der ist für mich ein Schlagzeug-Gott.

Und wie sind Sie zum Schlagzeug gekommen?

NAßHAN Es klingt jetzt abgedroschen, aber es war wohl so, dass ich als Kind auf allem herumgetrommelt habe, das stand sogar mal im Zeugnis: Er sei ganz lieb im Unterricht, würde aber des Öfteren mal mit Stiften trommeln.

Liegt das in der Familie?

NAßHAN Meine Mutter ist im Musikverein meines Heimatorts Hülz­weiler,  ich war immer in den Proben dabei. Dort habe ich dann auch selbst in Orchestern gespielt.

Silent Explosion Orchestra – erklären Sie mal den Namen!

NAßHAN Als wir damit anfingen, haben wir lange überlegt…

Sie sagen jetzt „wir“ – ich dachte, Sie hätten die Bigband allein gegründet.

NAßHAN Es war so: Ich bin ja mit den Schüler-Bigbands aufgewachsen. Dort ist immer ein großer Wandel, Ältere gehen weg, Jüngere kommen nach. Ich dachte mir irgendwann, es wäre cool, eine beständige Band zu haben, die man immer weiter fortentwickeln kann. Das Konzept war in meinem Kopf schon relativ fest, als ich ein paar Leute aus meinem Umfeld der Musikhochschule und dem Jugendjazzorchester gefragt habe. Dann war plötzlich innerhalb von ein, zwei Wochen die Besetzung komplett. Und da kam die Frage auf, wie wir das Ganze nennen. Manche wollten es ganz klassisch „Kevin Naßhan Bigband“ nennen.  Ich wollte aber einen Namen finden, der etwas aufregender daherkommt und etwas Modernes und Jugendliches ausstrahlt. Der konkrete Name entstand aus der Überlegung, dass wir uns nicht stilistisch auf eine Richtung des Jazz beschränken, sondern dass wir ganz unterschiedliche Projekte erarbeiten und Konzerte spielen. Also als Widerspruch zum verstaubten Image einer Bigband. Da kam mir eben die Idee mit Silent Explosion, „Stille Explosion“, weil das eben auch ein Widerspruch in sich ist.

Zurzeit machen Sie Ihren Masterabschluss in Mannheim an der Musikhochschule und müssen viel pendeln. Hätten Sie das nicht in Saarbrücken machen können?

NAßHAN Schon, ich war auch glücklich mit meinem Bachelor-Studium dort, aber es hat mich gereizt, mal aus dem Saarland rauszukommen. Mal eine neue Szene kennenzulernen und ganz neue Leute. Gerade die Mannheimer Ecke hat mich musikalisch extrem interessiert, weil es dort ja eine größere Bigband-Tradition gibt, auch eine sehr traditionell angehauchte Jazzszene und wirklich ganz viele tolle Musiker.

Geht dem Saarland also bald ein weiteres Talent verloren?

NAßHAN Nein, ich bin recht verwurzelt hier und fühle mich wohl. Es liegt mir auch dran, hier in der Region etwas zu machen. Als junger Musiker kriegt man ständig gesagt, „geh raus aus dem Saarland, wenn etwas aus dir werden soll“. Da denke ich mir, dass es unsere Aufgabe als Kulturschaffende ist, dass hier etwas gemacht wird, dass hier etwas passiert. Wenn jeder von uns früh weggeht, dann kann hier auch nichts mehr passieren. Im Moment ist es auch so, dass ich feste Anstellungen in Musikschulen in St. Wendel und in Luxemburg habe. Das ist stressig, aber ich bin froh damit, wie es läuft.

Dazu kommt noch die Leitung des Silent Explosion Orchestras – wie kriegen Sie das alles unter einen Hut?

NAßHAN Das ist eine Frage der Organisation. Im Vorfeld solcher Konzerte, wie jetzt am 13. April in Dillingen, werden die Tage länger und die Nächte etwas kürzer. Noten vorbereiten, kopieren, Programme absprechen, Pressetexte schreiben, die ganze Werbung machen – dafür gehen dann schon ganze Nächte drauf. Bei aller Vorfreude auf die Konzerte merke ich ein, zwei Tage danach, dass ich energetisch im Loch bin.

Und Sie haben den Anspruch, immer wieder ein neues Programm zu spielen…

NAßHAN Wir haben bisher die meisten Konzerte hier im Saarland gespielt und wollen deswegen immer etwas Neues und auch Überraschendes bieten. Die andere Sache ist, dass es für uns als Band total spannend ist, so unterschiedliche Programme zu verwirklichen. Vor allem auch mit verschiedenen Gastmusikern. In Dillingen werden wir drei tolle Hochkaräter dabei haben, davon profitieren wir auch als Band.  Wir hoffen aber auch, dass wir in Zukunft außerhalb des Saarlandes öfter spielen können. Dann könnten  wir ein Programm in kurzer Abfolge mehrmals spielen – das hat bisher nur organisatorisch nicht geklappt.

Am Samstag spielt das Silent Explosion Orchestra die 2. Dillinger Bigband Gala – war die erste auch mit Ihnen?

NAßHAN Ja. Die Dillinger Kultur hat uns von Anfang an gut unterstützt, die haben uns als junge Band die Möglichkeit gegeben, ein größeres Konzert zu spielen. Wir haben ausgemacht, jährlich ein Konzert dort zu spielen, um das Format zu etablieren.

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Foto: Laura Carbone

2. Dillinger Big Band Gala: Samstag, 20 Uhr, Stadthalle Dillingen.
Karten: www.ticket-regional.de

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