Ihr Film zeigt selten deutlich, dass hinter den Konzentrationslagern auch ein riesiges Geschäft steckte, das viel Geld für alle Tatbeteiligten versprach.
„Der Zeuge“ startet in Saarbrücken Bernd Michael Lade: „Mein Film entschlüsselt das ‚System Konzentrationslager’“
Saarbrücken · Bernd Michael Lade, bekannt durch den „Tatort“ aus Dresden und Leipzig, hat mit „Der Zeuge“ einen Film als Regisseur und Darsteller gedreht. Wir haben mit ihm gesprochen.
In der DDR war Bernd Michael Lade („Ballon“) Baufacharbeiter und Punk-Schlagzeuger, er studierte Schauspiel und nach der Wende auch Regie. Besonders bekannt wurde der Berliner durch die „Tatort“-Folgen aus Dresden und Leipzig, in denen er gemeinsam mit Peter Sodann ermittelte. Nun legt der 58-Jährige eine neue Regiearbeit vor. „Der Zeuge“ erzählt die wahre Geschichte des ehemaligen KZ-Häftlings Carl Schrade (gespielt von Lade), der vor einem Militärgericht gegen die Folterer des Nazi-Regimes aussagt.
LADE Ich finde diesen Film wichtig, weil er das „System Konzentrationslager“ entschlüsselt. Ich wollte klarstellen, was das für eine Maschine war und wie sich so etwas verselbstständigen kann. Das fand ich an dem ganzen Thema interessant. Er ist anders als Filme wie „Nackt unter Wölfen“, „Das siebte Kreuz“, „Das Leben ist schön“ oder „Der Junge im gestreiften Pyjama“. Hier geht es um keinen Kommunisten oder jüdischen Menschen, sondern um Carl Schrade, einen Schweizer Sohn deutscher Eltern. Schrade ist ein Held, er hat wirklich etwas getan und Menschenleben gerettet. Diesen Film zu machen, war ich meiner Tradition des Theaters, der filmischen Äußerung und den Leuten, von denen ich gelernt habe, schuldig. Zu Letzteren zählt auch ein Mann, der immer noch zum Marsch der KZ-Überlebenden geht. Man muss alles dafür tun, dass es sofort aufgedeckt wird, wenn wieder so etwas im Gange ist. Dafür habe ich diesen Film selbst produziert, mit allen Mitteln.
Sie machen auch deutlich, dass hinter dem Ungeheuerlichen ein Querschnitt durch die Bevölkerung steckte: Kriminelle und Intellektuelle, Politiker und Befehlsempfänger, Sadisten und begeisterte Logistiker.
LADE Genau das wollte ich zeigen. Mein Lieblingssatz ist: „Schneller im Gehorsam als jeder Andere zu werden, das war mein Ziel.“ Wie kann ein Mensch denn so etwas sagen? Es gibt ganz viele, die meinen, herauskehren zu müssen, dass sie der Gehorchende sind. Und wenn es ihnen Vorteile bringt, können sie die anderen knechten. Das findet man überall. Es wäre schön, wenn der Mensch dieses gegenseitige Knechten irgendwann verlieren würde.
War es Ihnen besonders wichtig, auch einen – vergleichsweise – guten Menschen auf Seiten des KZ-Personals zu zeigen?
LADE Das war ich der gesamten Geschichte schuldig. In dem Buch von Carl Schrade habe ich darüber gelesen. Es war sehr nachdrücklich von ihm notiert, dass dieser Mann seine Position niemals ausgenutzt hat. Das war so stark, ich dachte, es müsse unbedingt mit rein. Letztendlich sind natürlich alle mitverantwortlich und mitschuldig. So etwas fängt im Keim an, und deswegen muss man versuchen, es auch im Keim zu ersticken, wenn jemand kommt und sagt: „Mensch, ich habe eine Idee. Wir bauen hier eine kleine Stadt, umzäunen die und pferchen die Leute zusammen. Die schuften wie die Tiere, und wir können so viel Butter produzieren, dass die Panzer bis nach Moskau rutschen.“ Man muss schon am Anfang schauen, wo die Reise hingeht.
Der Abspann von „Der Zeuge“ weist einen der Soldatendarsteller als Jonathan Lade aus. Ihr Filius?
LADE Ja, das ist mein Sohn. Der Ludwig spielt auch mit. Wir haben zusammen auch noch einen weiteren Film gemacht, der aber leider durch Corona und Geldmangel noch nicht fertig ist. Die Jungs sind mittlerweile sechs Jahre älter, und wir haben mit ihnen etwas über deutsche Fallschirmjäger kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs gedreht.
„Der Zeuge“ läuft im Filmhaus in Saarbrücken.