Indie-Rock Der gute alte Indie-Rock, er lebt – mit Garbage in Saarbrücken

Saarbrücken · Mitte der Neunziger, als Grunge- und Indie-Bands wie Nirvana, Pearl Jam, Alice in Chains und Stone Temple Pilots mit verzerrten, unperfekten Gitarrensounds ganze Stadien füllten, veröffentlichten Garbage 1995 ihr erstes selbst betiteltes Album.

 Die Indie-Band Garbage mit ihrer Frontfrau Shirley Manson.

Die Indie-Band Garbage mit ihrer Frontfrau Shirley Manson.

Foto: Garbage

Mit „Stupid Girl“ und „Only happy when it rains“ schossen sie direkt in die Charts und spielten sich in die Ohren der Indie-Gemeinde. Die prägnante Stimme der charismatischen Frontfrau Shirley Manson gepaart mit den eingängigen Gitarren-Riffs und Synthesizer-Einlagen von Duke Erikson trafen genau den Geschmack der Zeit im Sinne einer eigenwillig-ohrwurmenden Indie-Spielart. Wenn man sich ins Gedächtnis ruft, dass der Garbage-Drummer Butch Vig 1992 das millionenfach verkaufte „Nevermind“-Album der Grunge-Ikonen von Nirvana produzierte, überrascht der Erfolg von Garbage kaum.

Doch das ist lange her. Kurt Cobain ist tot, Soundgarden-Sänger Chris Cornell und Stone Temple Pilots-Sänger Scott Weiland ebenfalls – „Grunge is dead“. Aber der gute Indie-Rock alter Tage lebt, wie das Konzert am Mittwochabend eindrucksvoll beweist. Eingefunden haben sich die überlebenden Fans, die meisten davon älter als siebenundzwanzig, wie auch die Sängerin Beth Jeans Houghton von der Vorband Du Blonde. „I feel very lost and privileged“, scherzt die mit roten Adidas-Radler-Hosen gekleidete Sängerin, die mit ihrem Trio einen kurzen, knackigen Auftritt hinlegt – und den Garagen-Sound vergangener Tage ertönen lässt. Mit ihren blonden Haaren erinnert sie an Kim Gordon von Sonic Youth und auch ein wenig an die Holes-Sängerin und Ex-Frau von Kurt Cobain, Courtney Love.

„Hier trifft man Menschen, mit denen man gar nicht rechnet“, begrüßt eine Besucherin einen alten Bekannten, bevor um Punkt neun Uhr Garbage zu fünft die Bühne entern. Sängerin Shirley Manson im sommerlich-punkigen Dress legt ohne Begrüßung los: Singend lässt sie mit mächtig Kajal verstärkt ihren eindringlichen Blick durchs Publikum schweifen. Im gestreiften fußlangen Kleid, um den Hals eine mit Kettengliedern versehene Lederkette, mit abrasierten Haaren an den Seiten. Die hochgesteckten, knallrot gefärbten Haare wackeln bei jeder Bewegung. Mit „Stupid Girl“, dem ersten von vielen Klassikern an diesem Abend, bringt sie sich und das Publikum so richtig in Schwung – zum Tanzen, zum Mitsingen und zum Schwitzen. „Hallo Saarbrücken“, wirft sie zwischendrin ein und lacht herzlich über die Unisono-Erwiderung. Obwohl das Touren so anstrengend sei, stehe sie schon seit 25 Jahre mit Garbage auf der Bühne und sie sei dafür vor allem den Fans dankbar, betont sie, die nichts auf die sozialen Medien, aber eben guten Konzerte gebe. Obwohl es hier nicht wie in ihrer Heimatstadt L.A. überall Air Conditions gebe, sei sie froh wieder in Europa zu sein, führt sie weiter aus, während sie sich mit dem Handtuch ausgiebig den Schweiß vom Körper tupft.

In dem gut eineinhalbstündigen Auftritt glänzen Garbage mit perfekt abgestimmtem Sound, einer ausgeklügelten Licht-Show und einer fast schon familiären Nahbarkeit, die das Konzert trotz aller Nostalgie zu einem kraftvollen und Endorphine freisetzenden Erlebnis macht – eben nicht „only happy when it rains“, sondern rundum happy, wenn Musik und das Publikum stimmen, wie an diesem Abend.

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