Konzerte Die letzten Überlebenden müssen’s richten

Theley · Pop-Veteranen ziehen offenbar immer noch: Ein Doppelkonzert in der Theleyer Sporthalle mit Nazareth und Slade.

  Man wird nicht jünger: Slade (hier bei einem früheren Konzert).

Man wird nicht jünger: Slade (hier bei einem früheren Konzert).

Foto: Sergey Nikiforov/SERGEY NIKIFOROV

Während zum Neunkircher Popfestival mit aktuellen Popstars am Freitagabend keine 300 Zuschauer erschienen (siehe obigen Text), war die Theleyer Sporthalle am Samstagabend mit 1000 Leuten gut gefüllt, und das trotz saftiger Eintrittspreise. Zu sehen und hören gab es zwei Rockbands der Siebzigerjahre beziehungsweise das, was von ihnen übrig ist. Ja mag denn die junge Generation am Ende keine Livemusik mehr? Das Ü50-Publikum in Theley jedenfalls feierte seine Altstars.

Von den Bands Nazareth und Slade war jeweils noch ein Gründungsmitglied dabei. Bei den Hardrockern von Nazareth, die zuerst auf die Bühne kamen, stand mit Pete Agnew noch jener Mann am Bass, der das vor über 50 Jahren schon getan hatte. Bis 2014 besaß die schottische Band mit Dan McCafferty einen äußerst markanten Sänger mit Reibeisenstimme. McCaffertys Nachfolger Carl Sentance, seit fünf Jahren bei Nazareth an Bord, mühte sich in Theley zwar redlich. Seiner Standard-Hardrockstimme, irgendwo zwischen Ozzy Osbourne, Ian Gillan und Bon Scott liegend, fehlte jedoch das gewisse Etwas. Gerade bei den beiden berühmten Nazareth-Balladen „Dream on“ und „Love hurts“ entstand der Eindruck, dass Sentance sich eher tapfer durcharbeitete, anstatt eigene Glanzpunkte zu setzen. Besser machte das Gitarrist Jimmy Murrison, der für einen Hardrockgitarristen eine große Bandbreite an Sound und Stilistik bot, sodass bei seinen Soli keine Langeweile aufkam. Urgestein Pete Agnew wiederum hatte in seinem Auftreten etwas Herausforderndes. Der 72-Jährige wirkte noch kernig-frisch und befeuerte seine Truppe immer wieder.

Nach gut einer Stunde war Schluss, sodass für Slade umgebaut werden konnte. Auch dieser Band, die dem Glamrock der 70er zugeordnet wird, fehlt seit vielen Jahren die prägende Stimme: Noddy Holder ist seit 1992 nicht mehr dabei. Unter Youtube-Filmen mit Aufnahmen der letzten Jahre finden sich dann Kommentare wie „No Noddy no Slade“ („kein Noddy, kein Slade“). Die schwierige Aufgabe, Holder zu ersetzen, hatten sich Bassist John Berry und Keyboarder Russell Keefe aufgeteilt. Wobei Keefe mit Bart und Brille etwas unbeteiligt und irgendwie zu intellektuell für den stampfenden Powerrock wirkte – Holder hatte einst die meisten Slade-Titel als „doof“ bezeichnet. Da passte Gitarrist Dave Hill schon besser ins Konzept: Der letzte „Überlebende“ der originalen Besetzung präsentierte sich als echte Stimmungskanone. Der nur 1,63 Meter messende Engländer schlenkerte die Beine von sich weg, drehte so manche Pirouette und suchte immer den Kontakt zum Publikum. Seine früher markante Prinz-Eisenherz-Frisur hatte der 73-Jährige nun gegen einen Hut ausgetauscht, unter dem noch ein paar glatte Strähnen hervorquollen – in einem Harry- Potter-Film wäre Hill jedenfalls nicht weiter aufgefallen.

Aber das war schon immer das Konzept von Slade: Schnörkellos, geradeaus und mit viel Humor wurde der Partyrock abgefeiert. „Far Far Away“, „Coz I Luv You“, „Mama Weer All Crazee Now“ und natürlich die Ballade „My Oh My“ wurden vom Publikum begeistert aufgenommen. Witzig auch, dass der wohl kurzfristig ausgefallene Original-Schlagzeuger Don Powell, der noch offiziell zur Band gehört, nicht von irgendwem ersetzt wurde, sondern von Bruce Bisland. Der trommelt eigentlich bei The Sweet, die einst als Konkurrenz von Slade galten. Aber das war ja vor über 40 Jahren so und spielt heute keine Rolle mehr. Heute kämpfen die Veteranen des Rock darum, noch ein bisschen Glanz der großen Ära in die Gegenwart zu transportieren. Slade und Nazareth haben das jedenfalls gut gemacht in Theley.

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