Musikfestspiele Saar in Saarlouis Tour der musikalischen Weltkultur

Saarlouis · Kann Musik die Welt besser machen? Nach dem Konzert von Daniel Hope im ausverkauften Theater am Ring in Saarlouis will man es gerne glauben.

 Wanderer zwischen den musikalischen Welten: Der Geiger Daniel Hope war jetzt bei den Musikfestspielen Saar zu Gast.

Wanderer zwischen den musikalischen Welten: Der Geiger Daniel Hope war jetzt bei den Musikfestspielen Saar zu Gast.

Foto: Musikfestspiele Saar/Daniel Waldhecker

Wollte man dieses Programm verorten, man müsste schon ganz schön am Globus drehen: So wie es von Spanien fix nach Japan, dann wieder retour nach Europa geht, um schließlich musikalisch Indien anzusteuern... Nichts weniger als eine Tour der musikalischen Weltkulturen ist das. Und zugleich hält dieses Programm doch klar Kurs, einen zutiefst humanistischen nämlich.

Wenn es ein Konzert gibt, dass die Idee der Musikfestspiele Saar mit ihrem aktuellen Motto „Orientations – Orientierungen“ schon im Kern trifft, dann war es eben dieser Sonntagabend mit Daniel Hope im Theater am Ring in Saarlouis. Übrigens: ausverkauft! Gern hätten es zwei Abende sein dürfen.

Brücken schlagen zwischen Menschen und ihren Lebensweisen, gerade in kriegerisch aufgeheizten Zeiten wie diesen, das will das ambitionierte Festival. Und das will auch Hopes Programm, mit dem der Geiger schon seit ein paar Jahren unterwegs ist. Goethes üppige Gedichtkollektion „West-östlicher Divan“ (im Programmheft leicht überschwänglich als sein „berühmtestes Werk“ tituliert; waren da nicht noch „Faust“ und „Werther“?) windet literarisch den roten Faden hindurch. Auch wenn die sorgsam gereimte Orientbegeisterung des sonst viel gereisten Goethe beim persischen Großdichter Hafis angelesen war, nicht zuletzt Goethes unstillbare Neugier an und unbedingte Offenheit für fremde Kulturen machen seine Worte so kostbar, aus denen Hope nun mit Bedacht und plaudernder Lässigkeit zitiert.

Daniel Hope („Hoffnung“ – was für ein wunderbarer Name in diesem Zusammenhang) hat um die Verse Musik gruppiert, die ebenfalls in jedem Ton von Weltoffenheit singt. Auch der 48-Jährige mit irischem wie deutschem Pass hat übrigens für sein Tun ein großes Vorbild. Jahrhundert-Geiger Yehudi Menuhin war schon für den jungen Daniel Leitfigur und Lichtgestalt. Hopes Mutter arbeitete als Managerin Menuhins, und nicht allein die musikalische Faszination Menuhins strahlte auf ihren Sohn aus, der große Humanist Menuhin hinterließ wohl gleichfalls Eindruck. Schon Yehudi Menuhin war ein Brückenbauer zwischen den Kulturen. Hope ist es nun – in seinem Geiste – ebenso.

Die edelsten Motive überzeugen freilich kaum, wäre der Abend nicht auch in sich stimmig, griffe musikalisch nicht ineinander. Doch das Programm ist fein komponiert, wohl austariert, nicht nur seine einzelnen Teile. Ob sich der ungarische Komponist Bartók Anfang des vorigen Jahrhunderts aufmachte, um echte, unverfälschte rumänische Volksweisen zu erkunden oder Maurice Ravel der Totenklage Kaddish („deux mélodies hebraiques“) nachspürte, der jüdischen Musikkultur also, die selbst so viele wie reiche Wurzeln hat, oder der Japaner Toru Takemitsu seine musikalischen Fühler gen USA richtete (und manchmal fast wie ein Zwilling Saties tönt), immer waren Komponisten auf der Suche nach neuen, für sie bis dahin unerhörten Klängen, die ihr Schaffen reicher machten und Türen zu Kulturen öffneten. Hope und sein musikalischer Weggefährte, der exzellente Pianist Sebastian Knauer, starten diese Reise – noch recht vertraut fürs europäische Ohr in Andalusien mit de Fallas „Sieben spanischen Volksliedern“. Dank des nobel singenden, ja poetischen Geigenton Hopes jedes für sich ein Juwel – mit schillernden (maurischen) Farben.

Kühner werden dann die tönenden Herausforderungen, wenn Hope dann Gaurav Mazumdar (Sitar) und Shahbaz Hussain Khan (Tabla) ankündigt, seine Lackschuhe abstreift und sich neben die beiden auf die Bühne hockt. Die Sitar, die Mutter aller indischen Melodieinstrumente, die auch die Beatles mit ihrem Farbenreichtum bereits beeindruckte, dazu Hussain Khans Fingerwirbel über den beiden Kesseltrommeln, die das Auge kaum zu fassen vermag, im furiosen Trialog mit Hopes Geige, schöner und freier können Ost und West wohl nicht zusammenfinden. Aber eigentlich: Ost und West, sind das Kategorien, die in diesem Zusammenhang noch zählen?

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