Saarbrücker Konzert Und darauf einen Wodka: Gogol Bordello in Saarbrücken

Saarbrücken · Manch einer reibt sich ungläubig die Augen, als Eugen Hütz mit seiner bunten Truppe am Donnerstagabend die Bühne in der Saarbrücker Garage betritt und sich auf den Monitorboxen thronend zur Schau stellt.

„Der sieht aus wie eine Mischung aus Franz Zappa, Jack Sparrow und Helge Schneider“, bemerkt eine Besucherin. Sie ist fasziniert von Hütz’ eigenwilligem Aufzug: Militärmütze, Sonnenbrille, Schnurrbart, wallende Haare, Leggins und knallbunte Slipper mit einer monströsen Schnalle. Sänger, Pirat, Altkleider-Model – Hütz’ Garderobe ist so bunt, knallig und schräg wie die Musik von Gogol Bordello.

Vor 20 Jahren gründete Hütz (46) in New York das Gypsy-Punk-Kollektiv. Schnell machte sich die Band mit ihren ausufernden, von Wodka, inbrünstigen Sanges- und Tanzeinlagen befeuerten Auftritten einen Namen – das „Gypsy Punk Cabaret“ war geboren. Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks schickten bis dato unbekannte Gypsy-Kombos sich mit blechbläserner Balkan-Folklore an, die westlichen Bühnen zu erobern. „Gypsymania“ ist mittlerweile ein fester Bestandteil westlicher Popkultur, wozu auch Emir Kusturicas Filme wie „Underground“ und  „Schwarze Katze, weißer Kater“ beigetragen haben.

Hütz hat sich schon als Schauspieler verdingt, etwa im Roadmovie „Alles ist erleuchtet“ als  amerikanischer Jude auf dem Weg in sein Herkunftsland, die Ukraine. Eine maßgeschneiderte Rolle, wurde Hütz doch in der Ukraine geboren und wuchs dort auf, bevor seine Eltern (die Mutter hat Roma-Wurzeln) nach der Tschernobyl-Katastrophe in die USA auswanderten. So erklärt es sich, dass Hütz teilweise auch auf Ukrainisch singt – am Ende des fulminanten Saarbrücker Konzerts mit einer Flasche Wodka in der Hand. Obwohl er mit seinem Wässerchen die Bühne großzügig verkleckert, klotzen er und seine schräge Truppe richtig ran – schon beim ersten Song bebt die Halle. In bester Balkan-Tradition fiedelt unablässig die Geige, vorangetrieben von mächtigem Schlagwerk, das sich mit Punk- und Ska-Elementen zum energiegeladenen Bordello-Sound fusioniert, der weniger mit Akkuratesse denn mit Extrovertiertheit glänzt – und nicht nur so gut wie ein Kusturica unterhält, sondern zum Tanzen zwingt.

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