„Zentrum für Saarbrücken“ geplant Musikhaus Knopp zieht 2023 um – was danach in der Saarbrücker Futterstraße entstehen soll

Saarbrücken · In Saarbrückens Futterstraße soll dort, wo zurzeit noch das Musikhaus Knopp seine Heimat hat, ein Ort der Begegnung und Kultur entstehen – gemeinnützig, ohne Profitabsichten, und geführt im basisdemokratischen Kollektiv. Ist die Idee zu schön, um realistisch zu sein? Die Saarbrücker commune erklärt uns ihre Pläne.

 So soll die Vorderseite des commune-Hauses aussehen.

So soll die Vorderseite des commune-Hauses aussehen.

Foto: commune

Muss eine schöne Idee gleich zu schön sein, um wahr zu sein? Oder um realistisch zu sein? Möglicherweise nicht. Wenn alles so aufgeht, wie sich die commune gGmbH das vorstellt, wird in der Saarbrücker Futterstraße 4 ein „Zentrum für Saarbrücken“ entstehen, „politisch, kulturell und sozial“. Das Gebäude, das die commune gekauft hat und in dem das Musikhaus Knopp bis zu seinem Umzug im Sommer 2023 noch bleiben wird, soll ein Ort der Begegnung werden, mit Kaffee- und Kneipenbetrieb, mit Diskussionen, Ausstellungen, Veranstaltungen aller Art mit Platz für bis zu 190 Menschen; auch mit Lese-Ecken und Proberäumen für Bands im Keller – und das Ganze soll nicht profitorientiert sein. Was erwirtschaftet wird, muss laut Satzung der commune wieder in das Projekt zurückfließen. Um Solidarität und einen Kollektivgedanken soll es gehen. Die Eröffnung des Gebäudes ist für den Herbst 2023 geplant.

Wer ist nun diese gemeinnützige Gesellschaft commune, die sich übrigens französisch ausspricht? Alleiniger Gesellschafter ist der Saarbrücker Verein CriThink!, der seit 2005 viele Veranstaltungen und Bildungsreisen anbietet, mit dem Ziel, demokratische und zivilgesellschaftliche Strukturen zu stärken: „Wir klären auf über Antisemitismus, die extreme Rechte, Sexismus, Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit“, heißt es auf dessen Webseite. Zwei langjährige CriThink!-Mitglieder, Andreas Rebmann und Heinrich Klose, sind die ehrenamtlichen Geschäftsführer der commune; die will Kultur und politische Bildung unterstützen, ihr geht es um die Förderung gesellschaftlicher Teilhabe und den „Abbau von Barrieren im sozialen Miteinander“.

 Drei von vielen der Commune, von links: Andreas Rebmann, Johannes Grunert und Myriam Göttisheim.

Drei von vielen der Commune, von links: Andreas Rebmann, Johannes Grunert und Myriam Göttisheim.

Foto: Tobias Keßler

Die Idee eines solchen Hauses hatten die Macher schon länger, 2011 habe man sich erste Gedanken gemacht, sagt Ko-Geschäftsführer Rebmann. Wirklich konkret sei es dann mit der Gründung der commune 2018 geworden. Ende 2020 kaufte sie das Haus in der Futterstraße, das im Internet zum Verkauf gestanden habe. „Wir liegen da mitten in der Innenstadt mit einer guten Nachbarschaft“, findet Reebmann: Mit Bock&Seip und der Camera Zwo habe man eine Buchhandlung nebenan und ein Kino gegenüber. „Die Camera Zwo ist ein Magnet, da könnte man ja vor und nach dem Kinobesuch bei uns vorbeischauen“, sagt Johannes Grunert, Mitglied der Initiative hinter der commune, der sich beim „Verein Solidarisches Kultur- und Sportkollektiv“ (SKS) engagiert, einem Partner der commune. „Wir haben uns die Spielzeiten des Kinos schon mal angeschaut.“ Grunert sieht das Haus als „neues Angebot. So etwas fehlt der Stadt.“

Die aktuellen Partner in der commune sind neben CriThink! und dem SKS mit kulturellem und sportlichem Angebot das Netzwerk für Demokratie und Courage (NDC), die Heinrich Böll Stiftung Saar und die Kollektiv Gastro GmbH. Dieses Café- und Kneipenkollektiv will Räume im Erdgeschoss mieten und dort unter dem Label „Kosmos“ einen „ganz besonderen Ort schaffen“.

Den Kaufpreis des Hauses möchte die commune nicht nennen, klar ist aber, dass dazu noch Investitionen „in nicht geringem Ausmaße“ in Umbauten und Brandschutz fließen, wie Reebmann sagt. „Aber das weiß man ja vorher.“

Wie funktionieren die Finanzen?

Ein Bankkredit habe den Großteil des Kaufpreises gedeckt, sagt Reebmann, dazu kämen einmalige oder monatliche Spenden und auch Direktkredite, die Privatleute der commune anbieten können: über mindestens 500 Euro, mit einer Mindestlaufzeit von zwei Jahren und mit unterschiedlichem Zinssatz, den sich die Kreditgeber aussuchen können – von null bis 1,5 Prozent. Um die 120 Menschen unterstützten die commune derzeit mit Spenden und mit den Krediten, sagt Johannes Grunert, „viele bieten einen zinslosen Kredit – sie wollen uns unterstützen und wissen, dass sie bei der Bank auch keine Zinsen bekommen“. Über die Vermietung erwirtschafte das Haus derzeit 80 000 Euro im Jahr, gefördert werde das Projekt finanziell mit Bundesmitteln, unter anderem von „Neustart Kultur“.

 So soll das Haus der commune, hier die Rückseite, im Herbst 2023 aussehen: Im Erdgeschoss Café, Kneipe und ein Raum für Veranstaltungen, obendrüber ein Atrium mit Lesecken, in den weiteren Stockwerken Räume für Vereine.

So soll das Haus der commune, hier die Rückseite, im Herbst 2023 aussehen: Im Erdgeschoss Café, Kneipe und ein Raum für Veranstaltungen, obendrüber ein Atrium mit Lesecken, in den weiteren Stockwerken Räume für Vereine.

Foto: commune

Zentral für das ganze Projekt ist der Kollektivgedanke. „Die Mitglieder aller Partnervereine sind in alles eingebunden“, sagt Reebmann, „alle bringen sich ein“. Auch etwa bei Entscheidungen, wer nun im fertigen Haus Veranstaltungen wird anbieten können oder welche Band im Proberaum üben kann. „Es wird einen Hausverwaltungsverein aus allen Gruppen geben, die Entscheidungen werden von Vertreterinnen und Vertretern aus jedem Kollektiv getroffen“, erklärt Myriam Göttisheim, die sich bei commune um Organisation und Öffentlichkeitsarbeit kümmert. Von den verschiedenen Berufen her sei die commune „breit aufgestellt“, aus der Sozialarbeit, Psychologie, der Pädagogik, Handwerk, Jura und aus dem Produktmanagement.

So ist der Stand des Baus

Wie ist nun der Stand des Baus? Man habe bereits einiges umgebaut, zumindest da, wo es den Betrieb des Knoppschen Musikhauses nicht stört, sagt Grunert. „Den Keller haben wir schon teilweise entkernt, da musste viel raus. Viele Helfer waren dabei. Das ist der Vorteil des Kollektivs – wir haben auch Handwerker dabei.“ Um Brandschutz wurde sich gekümmert, ein Rauchwärmeabzug installiert, auch ein Rettungsbalkon im dritten Stock steht jetzt. Um die Lautstärke, die aus den Proberäumen nach außen dringt, müsse man sich keine Sorgen machen, zumal einige ja auch schon in der Ära Knopp genutzt worden seien. „Erste Schalltests waren sehr positiv“, sagt Myriam Göttisheim, „und es wird noch besser durch den Brandschutz. Auch die alten Mauern halten viel ab.“

 Das Haus soll ein Ort der Begegnung sein.

Das Haus soll ein Ort der Begegnung sein.

Foto: commune

Das Projekt laufe angesichts der ambitionierten Pläne sehr gut, sagt Grunert. „Wir planen konservativ, das Haus ist kein Luftschloss.“ Es gebe Absichtserklärungen von Vereinen und Kollektiven, im Herbst 2023 ins Haus zu ziehen – lediglich 60 der 1000 Quadratmeter seien noch nicht verplant. „Es gibt Anfragen von Leuten, die bei uns kostenlos arbeiten wollen“, sagt Grunert. Helfende Hände seien stets willkommen. Die Großmutter eines Bekannten habe schon angeboten, nächstes Jahr dann regelmäßig Kuchen zu backen. Wie das Haus heißen soll, in dem der Kuchen serviert wird, ist noch unklar. „Wenn es einen Namen bekommt“, sagt Göttisheim, „dann entscheiden das die Hausgruppen demokratisch.“

Termin: Am 10. September gibt es ein Nachbarschaftsfest in der Futterstraße, zwischen 14 und 21 Uhr.
Info und Kontakt: www.commune.gmbh

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