Bus-Tour am 7. Mai „Passages Transfestival“: Das erwartet Besucher beim Partner-Festival der Saarbrücker „Perspectives“ in Metz

Metz · Fans der Perspectives haben die Möglichkeit, gemeinsam das „Passages Transfestival“ in Metz zu besuchen. Wir haben im Vorfeld mit dem Chef-Organisator gesprochen.

 Das Stück „Frontera/Grenze“ gastiert bei den „Passages“ in Metz.

Das Stück „Frontera/Grenze“ gastiert bei den „Passages“ in Metz.

Foto: Dajana Lothert

Am Samstag, 7. Mai, laden die Saarbrücker Perspectives ihr Publikum zu einem Ausflug mit dem Bus nach Metz ein. Gemeinsam besucht die Gruppe dort zwei Gastspiele beim Nachbarfestivals „Passages“. Im Gegenzug kommen die Metzer Anfang Juni zu einem Perspectives-Gastspiel nach Saargemünd. Doch was hat es eigentlich mit dem Metzer Festival auf sich und warum hat es sich in „Passages Transfestival“ umbenannt? Darüber sprachen wir mit dem neuen Metzer Festival-Chef Benoît Bradel.

Gegründet wurden die „Passages“ vor 26 Jahren in Nancy. Ihr Gründer Charles Tordjman, der damals dort das Staatstheater Théâtre de la Manufacture leitete, erkannte die durch den Fall des Eisernen Vorhangs entstandene Chance, bisher unbekannte Theatergruppen aus Osteuropa hier vorzustellen. Als Tordjman in den Ruhestand ging und Nancy die „Passages“ einstellen wollte, rettete er 2011 das Festival nach Metz. Dort übernahm 2020 Benoît Bradel als Tordjmans Nachfolger die Leitung. „Der Geist des Festivals ist der gleiche geblieben, es bleibt ein internationales Festival, das einen Künstler entdecken lässt, das Begegnung ermöglicht und bei dem sowohl künstlerische als auch geopolitische und historische Aspekte eine entscheidende Rolle spielen“, sagt der 55-Jährige, der gleichwohl angetreten ist, die „Passages“ zu modernisieren.

Deshalb auch der neue Name „Passages Transfestival“, denn für die neue Ausrichtung benutzt Bradel ganz viel „trans-“: Mit ihm sollen die „Passages“ dezidiert „transcontinental“ sein, im vorigen Jahr etwa wählte er Brasilien als Schwerpunkt. Sie sollen aber auch „transeuropäisch“ sein. Die Ausgabe 2022, die am 5. Mai beginnt, praktiziert das Motto „Transeuropa“ gleich auf mehreren Ebenen. So geht sogar das Festival selbst diesmal über die Grenzen.

Als Ouvertüre am 28. und 29. April spielt es dezentral in einigen Umlandgemeinden der Eurometropole Metz, vom 5. bis 15. Mai ist es in Metz selbst, vom 17. bis 19. Mai reist es in sein ursprüngliches Domizil in Nancy und vom 20. bis 22. Mai schließlich nach Luxemburg, in die europäische Kulturhauptstadt Esch-sur-Alzette. Außerdem hat Bradel Künstler eingeladen, „die in vielfacher Hinsicht grenzüberschreitend arbeiten und uns Europa ein bisschen anders schildern als gewohnt“. Da gibt es etwa ein tschechisch-portugiesisches Choreografenduo, das mit seiner Tanzkompanie „Hotel Europa“ Liebesgeschichten portugiesischer und afrikanischer politischer Flüchtlinge im kommunistischen Osteuropa erzählt. Ungewöhnliche Duos bilden auch ein Regisseur und Bildhauer aus der Schweiz, der sich mit einem Performer und Schlangenmenschen aus Finnland zusammengetan hat („Voodoo Sandwich“) oder die französische Schriftstellerin und Theaterfrau, die mit einer argentinischen Zirkusartistin zusammenarbeitet („De l’une à l’hôte“). Besonders kraftvoll verspricht die Show von Amanda Pina zu werden, die Hip-Hop-Kultur, koloniale Erzählungen, indigene Praktiken und Mystik miteinander verflechtet.

Da wären wir gleich auch bei der Inter- oder besser „Transdisziplinarität“, einem weiteren Trans-Aspekt, der dem neuen Festival-Chef besonders am Herzen liegt. Darüber hinaus, erklärt Bradel, sei man „transgenerationell“, also generationsübergreifend, es arbeite mit älteren wie auch sehr jungen Künstlern und Künstlerinnen, biete Projekte für Jugendliche an, die sie gemeinsam mit ihren Eltern und Großeltern besuchen können und nicht zuletzt Workshops für die „Transmission“, die Weitergabe von künstlerischen Praktiken an Amateure.

Rund 40 Veranstaltungen umfasst das Festival in diesem Jahr, dazu gehören alle Arten von Bühnenkunst, auch Konzerte und Lesungen. „Wir machen Angebote in Theatern, aber auch in Kapellen, im öffentlichen Raum, im Spiegelzelt, in Wohnwagen“, erzählt Bradel. Hinter dem Arsenal ist das „QG“, das Hauptquartier, eine Art ganztägiger Festivalclub. „Die Leute sollen sich bewegen können, in einer Hängematte ausruhen, Speisen probieren, Musik hören, wir haben einige kleine Formen, die nur 15 Minuten dauern, so können die Leute auf den Geschmack kommen und am nächsten Tag zu einer längeren Aufführung wiederkommen“, beschreibt der Festivalleiter, wie er noch breitere Publikumsschichten für die „Passages“ gewinnen will.

Für sich gewonnen hat Bradel auf jeden Fall Sylvie Hamard, die nach langer Funkstille nun wieder Lust verspürte, mit den „Passages“ zu kooperieren. So erwartet die Saarbrücker Besucher am 7. Mai zunächst unter dem Titel „Conversations“ ein philosophischer Spaziergang (auf Deutsch) in den Metzer Parks mit der Compagnie Ricotta. Danach geht es zu einer Performance mit 20 Tänzern des renommierten Choreografen Boris Charmatz ins Centre Pompidou Metz. Am 4. Juni reist das „Passages“-Publikum dann zum Gegenbesuch einer Perspectives-Vorstellung mit dem schrägen „Raoul Collectif“ nach Saargemünd. Es könnte der Beginn einer wunderbaren Freundschaft zwischen zwei Festivals und ihren Besuchern sein.

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