Wedekinds „Frühlingserwachen“ in der Feuerwache Kükenalarm im Staatstheater

Saarbrücken · Magali Tosato testet Frank Wedekinds „Frühlingserwachen“ in der Saarbrücker Feuerwache auf Gegenwärtigkeit.

 Peinlich wird es immer dann, wenn die Schauspieler Thorsten Rodenberg (Moritz Stiefel); Michael Wischniowski (Melchior Gabor); Barbara Krzoska (Martha); Laura Trapp (Wendla Bergmann) Kinder-Kritzelzeichnungen mit wippenden Kükenbeinchen tragen.

Peinlich wird es immer dann, wenn die Schauspieler Thorsten Rodenberg (Moritz Stiefel); Michael Wischniowski (Melchior Gabor); Barbara Krzoska (Martha); Laura Trapp (Wendla Bergmann) Kinder-Kritzelzeichnungen mit wippenden Kükenbeinchen tragen.

Foto: Martin Kaufhold/SST/martinkaufhold.de;Martin Kaufhold

Zugabe!, das kam von ganz hinten aus dem Saal. Vorne zuckte die Kritikerin zusammen: Nur nicht! Bitte nicht! Eine Stunde 45 Minuten Achterbahnfahrt zwischen passablem Gelingen und krachendem Missraten war genug, man wollte es los werden, das Kopfschütteln über die Diskrepanz zwischen textlicher Klugheit und inszenatorisch-ästhetischem Unvermögen. Tatsächlich haben es Regisseurin Megali Tosato und Dramaturgin Simone Kranz vermocht, die gefährlichste Klippe zu umschiffen. Sie versuchten erst gar nicht, das einstige Provokations- und Bürgerschreck-Potenzial von Frank Wedekinds 1906 uraufgeführtem Pubertierenden-Stück „Frühlingserwachen“ ins 21.Jahrhundert zu retten. Wohl wissend: Der Zusammenprall von hormoneller Übersteuerung, sexueller Unwissenheit und gesellschaftlicher Prüderie taugen heute, da Hardcore-Pornos auf Handys die Aufklärung übernehmen, nicht mehr zum Tragödien-Thema. Wohl aber ist das von Wedekind gespiegelte Lebensgefühl Heranwachsender zeitlos. Damals wie heute fremdeln sie mit dem eigenen Körper, ihrer Identität und den Konventionen und Leistungs-Erwartungen der Eltern-Generation, reiben sich wund an Melancholie, ersaufen in Euphorie. Genau das erleben wir in Saarbückens Alter Feuerwache.