Kolumne Ins Museum mit Wolfgang Joop

Flucht per Fernbedienung: Wenn man den Corona-Fernsehnachrichten manchmal aus dem Weg geht, dann kann man an unerwarteten Orten landen.

Esther Brenner

Esther Brenner

Foto: SZ/Robby Lorenz

Gestern habe ich Wolfgang Joop getroffen. In den Uffizien in Florenz. War reiner Zufall. Ich bin da geradezu reingestolpert. Und das war so: Auf der Flucht vor dem Coronavirus gab ich Vollgas auf meiner TV-Fernbedienung. Und weil ich mich meistens im Gewirr der vielen Apps verliere – vor allem in diesen Zeiten, wo das Virus an jeder Ecke lauert – steuerte ich zielsicher wieder Mal die Insel Arte an, mit ihrem sicheren Hafen für alle, die in diesen Zeiten Zuflucht suchen bei Kunst und Kultur. So rettete ich mich knapp erst vor Klaus Kleber um 21.45 Uhr (ZDF) und dann auch noch vor Caren Miosga um 22.15 Uhr (ARD). Anne Will hatte ich da schon ein Schnippchen geschlagen.

Auf Arte angekommen, stolperte ich nach wenigen Klicks in die Uffizien, wo mich der nette, ein bisschen schnöselige Wolfgang Joop empfing, um mich mitzunehmen in dieses herrliche Museum in Florenz, das die Sammlung der Medici-Familie beherbergt und wo die Renaissance gefeiert wird. Ein bisschen Aufmunterung können wir dieser Tage alle gut vertragen.

„The Art of Museums“ heißt die Arte-Reihe von 2018, bei der bekannte Künstler – dazu gehören zum Beispiel Modemacher wie Joop und Vivienne Westwood, aber auch die Choreografin Sasha Waltz und der Fotograf Erwin Olaf – durch acht Museen von Weltrang führen und ihre Lieblingsbilder präsentieren.

Ich blieb also gerne in Florenz hängen. Und sogar mein 15-jähriger Sohn nahm die Earpods aus den Ohren, als Joop Botticellis Venus – ja, die langhaarige Nackte in der Muschel – mit einem zeitlosen Supermodel verglich. Meine 13-jährige Tochter verfolgte die virtuelle Museumsführung vom Küchentisch aus, wo sie noch mit Physik-Hausaufgaben beschäftigt war. Sie wolle dazu kommen, rief sie rüber, wenn Heidi Klum die nächste Museums-Führung übernehme. Das wäre bestimmt spaßig.

Am Ende saß die ganze Familie vor dem Fernseher – und trauerte ein wenig. Denn in drei Wochen hätten wir selbst vor dem Bild gestanden – mit der ganzen fünfköpfigen Bagage. Die Flüge waren gebucht, die Unterkunft in Florenz organisiert. Corona hat uns den Urlaub gestrichen. Aber nicht unsere Pläne. Wir fahren in die Toskana. Am liebsten noch in diesem Jahr. Wir besuchen die Venus. Und vielleicht treffen wir den Wolfgang (und Heidi Klum?) auf einen Kaffee auf der Piazza della Signoria.

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