Festival „Primeurs“ Wahre Begebenheiten treffen auf Fiktion

Saarbrücken/Forbach · Bei der 13. Ausgabe des Festivals „Primeurs“, das frankophone Dramatik auf deutsche Bühnen bringt, gibt es einige Neuerungen.

„Autofiktion“ nennt sich ein literarisches Genre, das sich derzeit besonders in Frankreich großer Beliebtheit erfreut. Dabei erzählen Autorinnen und Autoren wie Annie Ernaux und Didier Eribon ihr eigenes Leben und mischen wahres Bekenntnis mit fiktionalen Handlungsebenen. Auch französische Theaterautoren schreiben vermehrt Autofiktionen und spielen sie oft sogar selbst auf der Bühne.

Beim Festival „Primeurs“, das neue Trends aufspüren und neuen frankophonen Stücken den Weg auf deutsche Bühnen ebnen will, bilden Autofiktionen, die beileibe nicht nur um den eigenen Bauchnabel kreisen, daher in diesem Jahr den roten Faden. Das Festival, das vom 27. bis 30. November zum 13. Mal in Forbach und Saarbrücken über die Bühnen gehen wird, stellt diesmal im Wettbewerb sechs neue französische Theaterstücke in deutschsprachigen Werkstatt-Inszenierungen, szenischen Lesungen und als Live-Hörspiel vor. Einige der Stücke sind so neu, dass sogar ihre Uraufführung in Frankreich noch bevorsteht.

Gestern stellten Vertreterinnen des Saarländischen Staatstheaters, des Forbacher Le Carreau, des Saarbrücker Institut Français und von SR2 Kultur, das Festival „Primeurs“ gemeinsam ausrichten, in Forbach das Programm und seine Neuerungen vor. Erstmals eröffnet das Festival nun ganz offiziell im Forbacher Le Carreau, wo bisher stets – warum auch immer – nur eine Art Vor-Eröffnung stattfand.

Dort präsentiert der aus dem Iran stammende und in Frankreich lebende Autor und Performer Gurshad Shaheman am Mittwoch, 27. November, einen Ausschnitt aus seinem autofiktionalen Erfolgsstück „Pourama Pourama“ erstmals als deutsch-französische szenische Lesung. Um ein Paar auf einem korsischen Berggipfel und das Steigen des Meeresspiegels geht es in Alice Zentners „Wenn die Welle kommt“, das am Donnerstag, 28. November, als Live-Hörspiel in der Alten Feuerwache folgt. Von der Provinz nach Paris: Elise Noirauds „Elise – Ein ganzes Feld von Möglichkeiten“ schildert humorvoll die Selbstfindung einer jungen Frau in der Großstadt. Von einer jungen Frau mit Diplom, die als Packerin im Logistikzentrum landet, erzählt das Stück „Dream Job(s)“ des Belgiers Alex Lorette, während Alban Lefrancs „Steve Jobs“ von der Verwandlung des krebskranken Apple-Gründers in den perfekten Computer handelt. Um das Wiedererstarken des Katholizismus und Nationalismus dreht sich schließlich Marine Bachelot Nguyens „Der Sohn“.

Aber was ist sonst noch neu beim Festival? Zum ersten Mal werden drei Preise vergeben. Eine mit Expertinnen aus Saarbrücken, Berlin und Luxemburg besetzte Fachjury vergibt einen mit 3000 Euro dotierten Autoren- sowie einen mit 1000 Euro ausgestatteten Übersetzerpreis, womit erstmals auch die Übersetzungs-Leistung gewürdigt werden soll. Zusätzlich kann das Publikum über einen undotierten Publikumspreis abstimmen. Breiter als bisher werde zudem das Rahmenprogramm sein, kündigte Claudia Knopp, Dramaturgin und Koordinatorin beim Staatstheater an. So stellen etwa Schauspieler in einer Mitternachtslesung bei einem Glas Wein im Bistro Hauck weitere Texte der beteiligten Autoren vor. In „Tischgesprächen“ können sich die Zuschauer mit Autoren und Übersetzerinnen „persönlich und direkt“ unterhalten. Die Regisseurin und Übersetzerin Claudia Hamm wird in einem Vortrag noch tiefer auf das Thema „Autofiktion und Theater“ eingehen. Der neue deutsch-französische Jugendtheaterclub des Staatstheaters stellt in einer szenischen Lesung ein von den Jugendlichen selbst übersetztes Stück vor.

Alle Saarbrücker Veranstaltungen finden in der Alten Feuerwache statt, wo nach der Preisvergabe am Samstag, 30. November, auch mit französischen „Melodien für Millionen“ zum Abschluss gefeiert wird.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort