Aufruf an Künstler in Saar-Lor-Lux, sich zu bewerben Landeskunstausstellung soll touristisches Produkt werden
Saarbrücken · Die Landeskunstausstellung sprengt erstmals seit ihrem Bestehen seit 1987 die Landesgrenzen. Französische und luxemburgische Künstler sollen mitmachen. Was hat die Kuratorin Andrea Jahn sonst noch revolutioniert?

die Fotos sind eine Gemeinschaftsarbeit von Mane Hellenthal und Ulrich Behr Titel: „Schlafende Zöllner“ 2007 Die „Schlafenden Zöllner“ (2007) von Hellenthal/Behr sind ein Symbol für die erste grenzüberschreitende Landeskunstausstellung 2023. Die Direktorin des Saarlandmuseums und kuratorische Leiterin Andrea Jahn stellte das neue Konzept am Donnerstag zusammen mit Jan Benedyczuk, Staatssekretär für Bildung und Kultur, vor.
Foto: Iris Maria MaurerEs ist Schluss mit der Nabelschau. Nach sechs Jahren Pause wird es zwischen Mai und September 2023 im Saarland wieder eine Landeskunstausstellung geben – freilich eine, die diesen Namen womöglich gar nicht mehr verdient. Integriert werden erstmals auch Kunstwerke luxemburgischer und französischer Künstler – diese Neuausrichtung bildet der Titel „SaarArt“, unter dem die Landeskunstausstellungen bereits 2013 und 2017 stattfanden, besser ab.
Üblicherweise werden Landeskunstausstellungen im Saarland im Vier-Jahres-Rhythmus aufgelegt, doch nicht nur Pandemie bedingt dauerte es diesmal länger. Denn der ursprünglich vorgesehene Kurator, der Vorstand der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz Roland Mönig, verließ 2020 das Saarland. Seine Nachfolgerin im Stiftungs-Amt, Andrea Jahn, kam zum Zug – und setzt jetzt ein starkes Zeichen; ihr Arbeitsschwerpunkt ist die zeitgenössische Kunst, also werden in der SaarArt 2023 nur Kunstwerke zu sehen sein, die in den letzten beiden Jahren entstanden sind.
Generell wirkt das Konzept, das am Mittwoch in der Saarbrücker Modernen Galerie von Jahn zusammen mit Kultus-Staatssekretär Jan Benedyczuk vorgestellt wurde – er vertrat die erkrankte Ministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) – nicht nur verändert, sondern revolutioniert. Vorgesehen ist nicht mehr nur eine rein saarländische Leistungsschau mit musealem Anstrich, sondern ein lebendiges Nachbarschafts-Projekt. Titel: „Au rendez-vous des amis“ – beim Treffen mit Freunden, was bereits den Prozess-Charakter verdeutlicht, der der Kuratorin vorschwebt. Denn es sollen nicht irgendwann Kunstwerke in den Museen des Landes landen, sondern die Künstler sollen im Vorfeld bereits vorgestellt, die Produktion ihrer Kunstwerke digital begleitet werden. Jahn möchte nicht mehr als etwa 80 Künstler zeigen.
Neu ist auch: Sie alle müssen sich bewerben, werden nicht mehr vorab als „Beste“ identifiziert und nominiert. Freilich geht es auch beim „Rendez-vous“ nicht ohne Auswahl. Neben Jahn erledigen das Nathalie Filser, Direktorin der École Supérieure d’Art de Lorraine in Metz, und Kevin Mühlen, Direktor des Casino in Luxemburg. Die Bewerbungsfrist läuft vom 18. Februar an bis 5. Juni; die Themenfelder sind: Identität, Isolation, Schönheit, Vergänglichkeit, alle Medien, Techniken, Gattungen und Arbeitsformen sind zugelassen. Jahn hofft, mit der Ausschreibung Künstler zu neuen, auch zu „ortsbezogenen Arbeiten“ anregen zu können. Ihr ist wichtig: „Jeder, der sich beteiligt, bekommt ein Honorar.“ Benedyczuk hält die Unternehmung für eine „Einladung, über die Grenzen hinweg zu denken“.
Am 27. Juni werden die Teilnehmer bekannt gegeben. Rund ein Jahr später, im Mai 2023, wird die SaarArt dann eröffnet. Sie steht in einer langen Tradition; 1987 ging die saarländische Landeskunstausstellung erstmals an den Start – und war oft umstritten. Sie stand sogar mehrfach auf der Kippe, weil die hiesigen Künstler Unmut äußersten, mal war‘s falsch, dass der Kurator von außen kam, dann wieder unterstellte man überregionalen Experten mangelnde Szene-Kenntnisse. Zudem wurde immer mal wieder „Provinzialität“ kritisiert, ob mangelnder Außenwahrnehmung einer mit dem Saarland-Heimatlabel versehenen Schau.
Vor allem letzteres soll sich 2023 ändern. Jahn und Benedyczuk nannten am Mittwoch zwei Hauptziele der neuen Landeskunstausstellungs-Konzeption. Zum einen geht es um die Verdichtung der Netzwerke zwischen den Künstlern in Saar-Lor-Lux, die sich idealerweise auch in Kollektiven zusammenfinden sollen. Denn laut Jahn existiert außer dem Robert-Schumann-Kunstpreis noch keine stabile Kooperations-Struktur. Das zweite Ziel heißt überregionale Strahlkraft. Man hofft im Saarland darauf, dass eine grenzüberschreitende Dreiländer-Kunstausstellung bundesweit Aufmerksamkeit erregt und zugleich für die „überregionale Ausrichtung“ des Saarlandes wirbt. Und weil dies so ist, geht Kuratorin Jahn davon aus, dass der Basis-Etat von 300 000 Euro, die das Kultusministerium (SPD) zur Verfügung stellt, durch Mittel aus dem Tourismusfonds des Wirtschaftsministeriums (SPD) aufgestockt wird.
Die Ausstellung findet – hier bleibt es beim Alten – dezentral statt, trotz grenzüberschreitendem Profil ausschließlich an saarländischen Standorten. Die da wären: Moderne Galerie des Saarlandmuseums, Saarbrücker Stadtgalerie und Saarbrücker Künstlerhaus, Städtische Galerie Neunkirchen, Institut für aktuelle Kunst in Saarlouis, Mia-Münster-Haus in St. Wendel, Weltkulturerbe Völklinger Hütte und Museum Schloss Fellenberg in Merzig.