EAV-Konzert in der Neunkircher Gebläsehalle Die Sargträger warten schon

Neunkirchen · Die Erste Allgemeine Verunsicherung verabschiedet sich vor 1000 Besuchern in Neunkirchen in den musikalischen Ruhestand.

 Die Erste Allgemeine Verunsicherung um Sänger Klaus Eberhartinger (Bildmitte) am 5. Juni in der ausverkauften Neunkircher Gebläsehalle.

Die Erste Allgemeine Verunsicherung um Sänger Klaus Eberhartinger (Bildmitte) am 5. Juni in der ausverkauften Neunkircher Gebläsehalle.

Foto: Eric Kolling

Abschied gleich Trauer? Nicht bei der Ersten Allgemeinen Verunsicherung (EAV). Am Mittwoch in der seit Monaten ausverkauften Neunkircher Gebläsehalle verabschiedeten sich die Österreicher mit einer zweidreiviertelstündigen, schillernd-bunten Kostüm- und Gesangsshow nach 40-jähriger Bühnenpräsenz offiziell in den Ruhestand.

Schon der Beginn gibt vor 1000 Zuschauern die Richtung vor: Sänger Klaus Eberhartinger entsteigt einem auf die Bühne getragenen Sarg, freut sich über so viele „Trauergäste“ und stimmt kurz drauf den 1985er Hit „Ba-Ba-Banküberfall“ an. Ehe der 68-Jährige sich zum Ende wieder im Sarg forttragen lässt, gibt es für die mehrheitlich 30- bis 60-jährigen Fans (außer „Ding Dong“) alles, was das Herz begehrt: Im Hintergrund laufen und tanzen Statisten als Bankräuber, Matrosen mit Luftgitarren, oder als Tod mit Leuchtaugen, schwarzer Kutte und Riesensense herum. Auch die Bandmitglieder wechseln gefühlt nach jedem Lied ihre überdrehten Outfits, eine ausgefeilte Lichtshow verwandelt die Bühne mal in eine Kneipe, dann in einen Friedhof oder ein Sanatorium. Selten ist die Musik so sehr nur schmückendes Beiwerk zu den Texten wie hier.

Es gebührt besonders dem Grazer Eberhartinger Respekt, wie er seine 30 Lieder beherrscht und dazu in allerlei Kutten, Anzügen, Masken und Hüten wie die Hauptfigur eines Theaterstücks tanzt und agiert, Songs mit treffenden Pointen anmoderiert und den EAV-Unkundigen nebenbei die Band-Historie näherbringt.

Die begann für ihn 1981, als er in die seit 1977 bestehende Formation einstieg. Von den Gründungsmitgliedern ist heute nur noch Gitarrist Thomas Spitzer an Bord, ansonsten wurde in vier Jahrzehnten kräftig durchgewirbelt, über 20 Musiker zählten schon zur Kombo. Die halten viele bis heute für eine reine Ulk-Band, maßgeschneidert vor allem für angeheiterte Faschingspartys. Das ist Fluch und Segen ihrer populärsten Songs. Denn „Küss’ die Hand schöne Frau“, „Ding Dong“ oder „Märchenprinz“ erzählen in Reim-Form blödelige Schmunzel-Geschichten und belustigten schon damals auch dank ihrer schrill-überdrehten Videos.

Doch während solche Schenkelklopfer die Kassen füllten, betonte die EAV stets auch ihre kritische Seite mit teils bissiger Satire. Das brachte ihr immer wieder Ärger. Weil sie sich etwa gegen Fremdenhass und Nazis richtet, setzte es Klagen und Klagedrohungen. Auch weigerte sich der Bayerische Rundfunk (BR) 1988 beispielsweise, das Lied „Burli“ zu spielen, das vom Gau eines Atomkraftwerks und der Mutation eines Neugeborenen handelt. Eberhartinger: „Wegen des Themas Radioaktivität hatten wir beim BR keine Radio-Aktivität.“

In Neunkirchen watscht der Frontmann neben Rechtsextremen auch Islamisten, Online-Dater, Nationalisten und generell Politiker ab. Vor allem Donald Trump („Horrorclown am roten Knopf“), die gescheiterte Regierung Österreichs und Europas Staatschefs, die sich beim Asylrecht unsolidarisch zeigen. Auch die Kirche bekommt in derben Worten ihr Fett weg: „Was wäre ein Priesterseminar ohne Kinderporno unterm Talar?“ Ein harter Kontrast zu den lustigen Stücken. Doch er passt auch zu einer Band, die sich trotz so viel Lebenslust zu Grabe tragen lässt.

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