Alfred Gulden erzählt Geschichten aus Bordeaux Wie Kafka ins Bordelais kam
Saarlouis · Was verbindet Breslau und Bordeaux? Madame Carrive. Der Saarlouiser Autor Alfred Gulden erzählt ihre aufregende Lebensgeschichte. Aber warum so spät?
Alfred Gulden bei einer Lesung im Donatuszentrum in Saarlouis-Roden. Gulden lebt mit seiner Frau Karin im denkmalgeschützten Salmshaus in Wallerfangen.
Foto: Dieter LorigFrisch und lebhaft wie immer ist die Stimme am Telefon, Alfred Gulden (77) formuliert treffsicher wie man es von ihm kennt. Es klingt, als wäre er gerade erst zurückgekehrt aus der Region „Nouvelle Aquitaine“. Doch es ist ein Vierteljahrhundert her, dass der in Saarlouis beheimatete Autor dort ein dreimonatiges Stipendium hatte. Das Kulturamt der Stadt München hatte es vermittelt, denn Bordeaux ist die Partnerstadt von München, wo Gulden seinen Zweitwohnsitz hat. 1996/97 erlebten Alfred und Karin Gulden ein selten glanzvolles Weihnachten und Silvester, sie wurden als Ehrengäste von reichen Familien auf deren Schlössern und Landsitzen im Bordelais empfangen. „Wir haben dabei ganz schön zugelegt“, erinnert sich Gulden, und der noble Pomp der französischen Bourgeoisie, er rückt in wenigen Sätzen ganz nah. Diese schnörkellose Unmittelbarkeit des Erlebens, man findet sie auch in den 29 Kurzgeschichten „aus Bordeaux und um Bordeaux herum“, die Gulden nach seinem Aufenthalt dort verfasste und jetzt erst, Ende 2021 unter dem Titel „Die Taschen der Madame Carrive“ publizierte. „Literatur verliert nichts, wenn sie Jahre früher oder später geschrieben wird“, sagt Gulden, „Geschichten ändern sich nicht.“ Und es stimmt: Seine aus Bordeaux besitzen eine Eigenschaft, für die die Bezeichnung zeitloser Charme gemacht wurde.