Doku „Hiwwe wie Driwwe“ auf DVD „Mit dem Päälzisch gefreundschaftet“
Saarbrücken · Was hat das Pfälzische mit den USA zu tun? Und wieso gibt es in Pennsylvania Saumagen und Bier namens „Schnickelfritz“? Das erklärt die Dokumentation „Hiwwe wie Driwwe“ – zu haben ist sie jetzt auf DVD.
So ganz traut man seinen Ohren nicht. Ist das etwa, mitten in den USA zwischen grünen Maisfeldern und grauen Getreidesilos, Pfälzisch? Mit amerikanischem Akzent? Oder vielleicht umgekehrt? „Gut gwetzt iss halwer gmeht“, heißt es da, wenn es um „deitsche Schprichwadde“ geht. Je nach Tageszeit wünscht man sich „Gud Mariye“ oder „Gud Owend“ – und ein Restaurant kann schon mal „Kumm esse“ heißen. Willkommen im ländlich idyllischen Kutztown, Pennsylvania, im Osten der USA.
Spricht man da Pfälzisch? Jein. Hier ist das „Pennsylvania Dutch“ zu Hause: die Sprache pfälzischer Einwanderer, die sich einst hier niederließen – wobei das „Dutch“ nicht Holländisch bedeutet, sondern ein alter Begriff für alles war, was irgendwie vom Rhein kam. Um diese Sprache, die Kultur und Traditionen der Einwanderer geht es in der hinreißenden Doku „Hiwwe wie Driwwe“; in der führt uns der amerikanische Deutschlehrer Douglas Madenford durch diese Sprachlandschaft – selbstredend in Mundart, oder, wie er es formuliert, „im alde hochdeutsche Dialekt, der aaarich eng mit dem Päälzisch gefreundschaftet ist“. (Der Film hat übrigens willkommene deutsche Untertitel).
Mit Madenford als neugierigem und kontaktfreudigem Reiseführer zeigt uns der Film etwa das bunte und tradionsbewusste Treiben beim jährlichen, 1949 gegründeten „Kutztown Folkfest“, wo es unter anderem einen Kartoffelkuchen namens „Grumbiera Kocha“ gibt und wo generell die Kultur der pfälzischen Einwanderer gehegt und gepflegt wird. Die kamen, das erklärt der Film in einer kurzen Animation, im 17. und 18. Jahrhundert nach Amerika, „umm do e neies Lewen aanzufange“ (Madenford), auf Einladung des englischen Kolonialherren William Penn (1644-1718), der die Provinz Pennsylvania gründete. In der alten Heimat, erklärt Nils Martin vom „Frontier Culture Museum“, durften sie kein eigenes Land besitzen und fühlten sich, als Lutheraner, Mennoniten oder Amische, von der katholischen Mehrheit an den Rand gedrängt. Die Überfahrt in die USA war entbehrungsreich und gefährlich, nicht jeder überlebte sie, und das neue Leben war oft hart: Viele hatten sich für die Reise hoch verschuldet und mussten das Geld erst einmal abarbeiten, teilweise jahrelang.
400 000 Amerikaner sprechen heute Pennsylvania Dutch, schätzt im Film der Sprachwissenschaftler Michael Werner (siehe Infokasten); 350 000 davon sind Amische und Mennoniten, die übrigen sind vor allem Lutheraner reiferen Alters – dort wird die Sprache aussterben, schätzt Werner; aber dank der Amischen und Mennoniten, die die Sprache bewusst pflegen, könnte die Zahl der Sprachkundigen steigen, bis auf 900 000 innerhalb der nächsten 20 Jahre.
Im Kutztowner Kindergarten lernen die Jüngsten, dass man statt „pig“ auch „sow“ sagen kann; in einer Buchdruckerei in Morgantown, 30 Meilen weiter, entstehen Kinderbücher, dank derer man erfährt, dass „Fork“ auch „Gawwel“ heißt, und „Girl“ „Meedel“. Und den „Struwwelpitter“ als Buch gibt es auch. Um Traditionspflege geht es, um aktive Erinnerungskultur – und auch um die Küche aus der Pfalz, die in der neuen Heimat ihre Deftigkeit bewahrt hat. Reiseführer Madenford zeigt ein Restaurant namens „Deitsch Eck“, in dem sich die Teller unter Fleisch, Kartoffeln und Saumagen förmlich biegen – und dazu ein Bier namens „Hexerei“ oder auch „Schnickelfritz“. Da wird der Film besonders sinnenfroh – lukullische Lust gesellt sich zur Freude an einer ganz besonderen Sprache.
„Hiwwe wie Driwwe“ ist das Herzensprojekt der Filmemacher Christian Schega und Benjamin Wagener. Sie kennen sich seit langem, vom „Offenen Kanal“ in Landau, beide haben Produktionsfirmen in der Pfalz. Über das Thema stolperten sie zufällig, sagt Wagener, irgendwo zwischen Wikipedia und Youtube; dort stießen sie auf Sprachkursvideos von Madenford, der so das „PA-Dutch“ weitertragen will. Als dem Duo klar wurde, dass es noch keine abendfüllende Doku zum Thema gibt, macht es sich an die Arbeit. Geld für eine Recherchereise vorab hatten die beiden nicht, so klärten sie vorab einige Termine, unterstützt von Sprachwissenschaftler Werner, und lernten die spätere Hauptfigur ihres Films schon in Deutschland kennen; denn Douglas Madenford war da gerade auf Schulreise. Mit ihm machten sie Probeaufnahmen, „um zu schauen, ob das überhaupt funktioniert“, sagt Schega. Das tat es. Dann flog das Duo in die Staaten, „mit einem ziemlich offenen Konzept“, wie Wagener sagt – und einem Budget, das überschaubar war; aber eine erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne kredenzte dem Duo einen Zuschuss von 6000 Euro, mit dem immerhin Flüge und Unterkunft finanziert waren. Drei Wochen lang filmten sie in den USA (danach noch eine Woche in der Pfalz; dabei gelang ihnen auch das, was im Vorfeld mancher ausgeschlossen hat – Amische ausgiebig vor die Kamera zu bekommen.
Überhaupt waren die Amerikaner „sehr kommunikativ“, wie Wagener erzählt; am Kindergarten, der im Film nun prominent vertreten ist, klingelte das Duo spontan, Kinder und Eltern waren sofort begeistert und damit im Film.
Mit „Hiwwe wie driwwe“ sind Schega und Wagener in Eigenregie und –verleih auf Kinotour gegangen, naheliegenderweise vor allem in der Pfalz und im Umland, „wo man das noch verstehen kann“, sagt Schega. 16 000 Besucher in den Pfälzer Kinos habe man so erreicht - und in Landau lief der Film 32 Wochen lang.
Die DVD ist regulär im Handel erhältlich, Infos und Kontakt unter:
www.hiwwewiedriwwe.com