Die Ausstellung „ReNatur“ in Schiffweiler Es grünt so grün, wo es einst so grau war
Schiffweiler · Wenn Industrieanlagen aufgegeben werden und menschenleer zurückbleiben, holt die Natur sich ihren Platz zurück. Davon erzählt die Ausstellung „ReNatur“ in Schiffweiler.
Der Ort ist bestens gewählt für diese Ausstellung, die sich mit dem Wechselspiel von Industrie und Natur beschäftigt. Zu sehen ist „ReNatur“ nämlich in der Halle der Grube Reden, einem Gelände, wo das Stahlgrau und Backsteinrot alter Anlagen und Gebäude sich längst mit dem Grün der nachwachsenden Natur verbunden haben. Eben darum geht es in der Ausstellung: Was rückt nach, wenn Industrie nicht mehr genutzt wird? Wenn Bergwerke schließen und menschenleer zurück bleiben? Dann kommt die Natur zurück, bewächst die Ruinen, unterwandert sie sozusagen. Diese Synthese aus Pflanzen und Stahl, aus Rost und bunten Blüten ist schon ein Kunstwerk für sich.
Der ehemalige Saarbrücker Galerist Werner Redzimski („Galerie 48“) hat die Ausstellung mit dem Saarbrücker Maler Jörg Munz konzipiert: Zehn Künstlerinnen und Künstler, je fünf aus dem Saarland und aus dem Ruhrgebiet, setzen sich mit der Rückkehr der Natur auseinander. Der Reiz von „ReNatur“ liegt nicht zuletzt im herben Kontrast der Stile und Sichtweisen. Der Saarlouiser Künstler Werner Constroffer etwa geht das Thema abstrakt an: In seinen verschlungenen Werken aus Malerei und Zeichnung kann man alte Halden entdecken, aus denen sich das Grün herausschält – muss man aber nicht. Die kann man bei Jörg Munz‘ atmosphärischen, manchmal abstrakten Naturbildern schneller erfassen; bei zwei Werken hat Munz mit André Mailänder zusammen gearbeitet, dem einzigen Fotografen der Ausstellung: Der sperrt sich gegen klassische Motive überwachsenen Stahls – er zeigt die Hässlichkeit der menschlichen Eingriffe, eine vernarbte, buchstäblich entwurzelte Natur. Rätselhaft lässt der Völklinger Joachim Ickrath abstrakte, organische Naturformen konstrastieren mit geraden Linien, geometrischen Mustern, Symbolen – Ausdruck für den Aufeinanderprall von Natur und menschlicher Technik.
Und die Künstler aus dem Ruhrgebiet? Hugo Boguslawski, der sowohl Kunst als auch Biologie studiert hat, malt feindetailliert die Struktur von Fossilien, Wasserflächen, auf denen Algen schwimmen und sich Fördertürme spiegeln. Matthias Brock malt die Kröte als Symbol der Re-Naturierung mit Farbenlust, während die gebürtige Koreanerin Min Clara Kim dreidimensional scheinende Bildobjekte erstellt: Blüten und Knospen auf weißem Grund, die man vielleicht nicht spontan mit alten Halden in Verbindung bringt – aber sie bieten einen reizvollen Kontrast zu den Landschaftsgemälden der Kolleginnen und Kollegen. Lars Reiffers dagegen malt atmosphärische Unterwasserlandschaften gefluteter Stollen, während sein Motiv einer Grubenlampe neben einer Uhr, die fast fünf vor Zwölf zeigt, sich durchaus ins Plakative bewegt. In den Gemälden von Elizabeth Weckes bewegen sich Vögel und Käfer durch farblich verfremdete Industrieruinen. Was die Künstlerinnen und Künstler bei ihrer Arbeit bewegt und inspiriert hat, könnte die Arbeit des fünften Künstlers von der Saar an „ReNatur“ beantworten: Filmemacher Roman Redzimski, Sohn von Werner Redzimski, hat das Projekt für seine 101-minütige gleichnamige Doku begleitet. Da erzählt etwa Elizabeth Weckes von Urgroßvater und Großvater, die in England unter Tage arbeiteten, und André Mailänder erklärt den dokumentarischen Anspruch seiner Fotografien, die die Rückkehr der Natur nur darstellen sollen, nicht aber romantisieren. Zwischen den Gesprächen zeigt Redzimski atmosphärische Bilder von alten Halden, Ruinen und sprießendem Grün. Die Natur lässt sich eben nicht lange aufhalten.
Bis 10. Oktober. Montags, donnerstags, samstags und sonntags von 14.30 bis 18.30 Uhr. Buch zur Ausstellung: 20 Euro, Dokumentation auf Blu-ray: 15 Euro.
Infos: https://renatur.art