Konzertkritik Mit musikalischem Augenzwinkern

Saarbrücken · Jörg Widman ist ein renommierter deutscher Komponist unserer Zeit. Mit seiner Konzert-Ouvertüre „Con brio“ eröffnete die Deutsche Radio Philharmonie die 4. Matinée am Sonntag in der Saarbrücker Congresshalle.

Mannigfaltig  Geräuschhaftes war zu hören, eingestreute und verfremdete Beethoven-Schnipsel aus dessen 7. und 8. Sinfonie signalisierten „musikalisches Augenzwinkern“ des Komponisten. Die Musiker mussten viel Artistik und Präzision leisten, insbesondere Solopauker Michael Gärtner war mehr mit Percussions-Effekten seiner Schlägelstiele als mit den Fellen seiner Pauken beschäftigt.

Für perfekt erscheinenden Verlauf sorgte Dirigent Jushua Weilerstein, der auch in Carl Maria von Webers 1. Klarinetten-Konzert das Orchester gut im Griff hatte. Mit Oberton-reichem Klarinetten-Klang hatte Annelien van Wauwe keine Schwierigkeiten, den etwas kompakten Streicherklang zu dominieren. Ihre technische Brillanz machte das leichtfüßige Werk zur stimmungsvollen Unterhaltung. Zusammen mit den Solostreichern die Zugabe: „Canzonetta“ von Gabriel Pierné, ein entzückendes Ständchen zum Ausklang des ersten Konzertteils.

Dann Schweres, Dramatisches, Endgültiges mit der pathetischen 6. Sinfonie von Peter Tschaikowsky. Sein letztes Werk, autobiographisch zu verstehen, endet bewegend in der Klage über die Vergänglichkeit des Lebens. Die Bandbreite der dynamischen Vorschriften in der Partitur ist ungewöhnlich. Da wäre mehr Differenzierung möglich gewesen. Im ersten Satz gelang Homogenität in den langsamen Teilen nicht immer überzeugend. Dem „Allegro con grazia“ hätten  mehr Grazie, Beschwingtheit und  „singende“ Streicher gut getan. Kompakt auch der Scherzo-Marsch, wobei der Steigerung zum Schluss etwas die Luft ausging. Keinen triumphalen Ausgang wollte Tschaikowsky, er wollte Requiem-Charakter bis zum verlöschenden Ende. Das gelang. Insgesamt blieb ein etwas zu massiver Eindruck, zu  wenig Gleichgewicht zwischen filigraner Stimmführung und martialischem Tutti. Schade.

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