Umstrittener Auftritt in Saarbrücken Skandal-Rapper Kollegah unter Beschuss

Saarbrücken · Der umstrittene Deutsch-Rapper „Kollegah“ hat einen Auftritt in Saarbrücken geplant. Das empört nicht nur die jüdische Gemeinde.

Antisemitismus, Frauenfeindlichkeit, Gewaltverherrlichung, Homophobie – diese Vorwürfe muss sich der Rapper „Kollegah“ seit langem gefallen lassen. Jetzt kommt der Musiker, mit bürgerlichem Namen Felix Blume, am 11. Dezember zu einem Konzert in die Garage nach Saarbrücken. Die jüdische Gemeinde Saar hält das für einen Skandal. Richard Bermann, Vorstandsvorsitzender der Synagogengemeinde Saar, fordert ein „klares Zeichen“ zu setzen. „Für Musiker, die Antisemitismus, Homophobie und Gewalt schüren, darf es keine Bühne geben, auch nicht in Saarbrücken“, teilt Bermann mit. „Geistige Brandstifter à la Kollegah haben bei uns nichts zu suchen.“

Dem schließt sich auch Barbara Meyer-Gluche, Fraktionsvorsitzende der Grünen in Saarbrücken, an. Die Texte von „Kollegah“ seien „hochproblematisch“, deshalb solle die Landeshauptstadt dem Musiker keine Bühne bieten. „Die Stadt steht für Weltoffenheit und Toleranz. Diskriminierende Texte gehören nicht hierher“, befindet die Grünen-Politikerin.

Christa Jenal, Lehrerin und langjährige Vorkämpferin gegen Gewaltverherrlichung in der Musikkultur, fordert in einem offenen Brief an Oberbürgermeiser Uwe Conradt (CDU) gar ein Auftrittsverbot. „Ein Konzertboykott ist das Mindeste“, so Jenal. Schließlich stehe zu erwarten, dass auch Minderjährige das Konzert des Rappers besuchen, während dieser „zynische Gewaltverherrlichung aller Art“ betreibe. Den Behörden wirft sie „jahrelange Untätigkeit“ vor. Diese müsse nun ein Ende finden, das Konzert „mit allen Mitteln“ verhindert werden.

Ob diesem Ansinnen entsprochen werden kann, ist jedoch fraglich. Die baden-württembergische Stadt Rastatt konnte am 9. November zwar ein Auftrittsverbot gegen „Kollegah“ erreichen – allerdings sollte das Konzert dort in einer städtischen Halle stattfinden. Der Oberbürgermeister und der Stadtrat erwirkten gemeinsam eine Kündigung des Mietvertrages für den Veranstalter und nahmen dafür auch Folgekosten in Kauf. In Saarbrücken ist der Fall jedoch anders gelagert.

Veranstalter ist hier die Saarevent GmbH, die den Veranstaltungsort – die Garage in der Bleichstraße – betreibt. Auf Nachfrage teilte eine Sprecherin mit, dass in diesem Fall lediglich eine Vermietung des Veranstaltungsorts stattgefunden habe. „Wir haben den Künstler nicht selbst gebucht“, sagt die Sprecherin. Weitere Fragen wollte die Saarevent GmbH trotz mehrfacher Anfrage nicht beantworten.

Passenderweise findet in der Villa Lessing in Saarbrücken am 28. November eine Veranstaltung zu der  Frage „Hat Deutschrap ein Antisemitismus-Problem?“ statt. Laut Geschäftsführer Hermann Simon bestehe kein „unmittelbarer Zusammenhang zum Konzert des Rappers Kollegah“. Dennoch findet Hermann dazu klare Worte. Es sei „nicht hinnehmbar, dass der Antisemitismus in der Musikszene Platz findet. Gewiss nehmen Künstler und Musiker am Grundrecht der Meinungsfreiheit teil, aber die Freiheit in Kunst und Musik schamlos für Hass, Hetze und verfassungswidrige Texte auszunutzen, überschreitet die Grenzen einer offenen, liberalen und demokratischen Gesellschaft“, schreibt der Geschäftsführer in einer Stellungnahme. Der Verein Mediennetzwerk SaarLorLux (MNS), Mitveranstalter der geplanten Diskussionsrunde, sieht in den Texten des Rappers „eine Verharmlosung und Leugnung des NS-Terrors“. Künstler müssten sich der Tatsache bewusst sein, dass „doppeldeutige Aussagen, die als Verharmlosung eingestuft werden können, von eindeutig verfassungsfeindlich eingestellten Personen und Vereinen instrumentalisiert werden können.“ Auch dies solle Thema bei der Diskussionsrunde werden.

Was also tun mit den Botschaften des Rappers? Katharina Kunze, Frauenbeauftragte der Stadt Saarbrücken, hat hier eine klare Meinung. Die „problematische Haltung“ von „Kollegah“, seine explizite  Frauenfeindlichkeit, müsse „im sozialen Umfeld der Fans thematisiert werden. Jugendliche wissen, dass Kollegahs Texte diskriminierend, eindimensional und destruktiv sind. Ein Dialog darüber und über echte Vorbilder ist weit konstruktiver, als einfach das Konzert abzusagen.“ Das würde die meist jugendlichen Konzertbesucher nur frustrieren – und somit möglicherweise eine Trotzhaltung provozieren. Insgesamt beobachtet Kunze einen „gesamtgesellschaftlichen Rückschritt“ bei diesem Thema. „Kollegah ist nur die Spitze des Eisbergs. Deshalb halte ich es für falsch, singulär gegen eine Person vorzugehen und das als Erfolg zu werten“, sagt Kunze.

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