UliK beim Saarbrücker Festival „Encore“ Der große Drachenreiter und Erfinder

Saarbrücken · Am Samstag beginnt das große Saarbrücker Festival „Encore“. Eröffnet wird es vom Straßenkünstler UliK alias Ulrich Kahlert. Der bespaßt vom Saarland aus die halbe Welt.

 Fest im Sattel – UliK auf seiner Drachenschnecke.

Fest im Sattel – UliK auf seiner Drachenschnecke.

Foto: Rudi Renner Agentur

Groß ist sie, diese sonderbare Schnecke, die da am Wochenende am Saar-Ufer entlangkriechen wird. Um genau zu sein: mannsgroß. Und schlimmer: Hals­aufwärts erinnert sie auch irgendwie noch an einen, naja, Drachen. Doch keine Sorge: Im Saarland werden weder zweifelhafte Hybrid-Wesen gezüchtet, noch gab es einen Chemie-Unfall, der Schnecken zu ihrer 100-fachen Normalgröße anwachsen lässt. Nein, lediglich der Straßenkünstler Ulrich Kahlert alias UliK tritt im Rahmen des Encore-Festivals mal wieder in seiner Wahlheimat auf. Und mitgebracht hat er seine Drachenschnecke. Von UliK selbst geritten, bespaßt dieses unwahrscheinliche Kriechtier die Menschen, fasziniert sie, erschreckt und überrascht sie. Genau darin versteht UliK seine Profession. „Wir sind überall dort, wo Bespaßung gebraucht wird“, erklärt er. „Wir“, das sind nicht nur UliK und seine Schnecke. Mit „wir“ meint UliK vielmehr all die Darsteller, Artisten, Techniker, Maschinenbauer und kreativen Köpfe, die immer wieder an seinem wahnwitzigen, mittlerweile weltumspannenden Kreativ-Imperium beteiligt sind.

Den Anfang nimmt UliKs Geschichte allerdings im beschaulichen Niederbayern. Dort wuchs er auf, machte im Betrieb seiner Eltern eine Lehre zum Sattler und Raumausstatter. Für Straßentheater begeisterte sich UliK indes schon im zarten Alter von 14 Jahren. „Mein Bruder fing damals gerade an, Straßentheater zu machen. Schon damals hat sich bei mir der Wunsch, der Wille gefestigt, mich darin auch auszuprobieren“, erinnert sich UliK. Die Ideen scheinen ihm ohnehin nur so zuzufliegen: „Ich sehe einen Film oder ein Theaterstück und schon fange ich an zu träumen, schon entstehen da Bilder, Flashes in meinem Kopf“.

Das erste Stück, für das UliK das Bühnenbild entwarf – eine Produktion mit Marianne Sägebrecht noch damals in München – wurde ein voller Erfolg und tourte europaweit. Irgendwann seien seine Ideen dann eben immer technischer geworden. Ließ er sich bei seinen „ersten Gehversuchen mit Metall“, wie UliK sagt, noch von einem befreundeten Kunstschmied beraten, sagte der ihm schnell: „Dann kannst es ja gleich selber machen!“

Seine handgefertigten, bisweilen verrückten Erfindungen stellt UliK schon längst nicht mehr nur für seine eigenen tollkühnen Produktionen her. Die Feen in der Parade des Disneylands gleiten beispielsweise auf einer Spezialanfertigung UliKs scheinbar schwerelos dahin.

2007 wagte UliK dann das damals wie heute eigentlich undenkbare: Mit einem von der Firma Yaskawa geliehenen Industrieroboter realisierte UliK sein erstes Projekt mit einem Roboter. Und hat seither nicht mehr aufgehört damit. Wenn UliK erzählt, hört sich selbst das Programmieren-Lernen wie ein Kinderspiel an. „Das ist gar nicht das Schwierige“, betont er, „sondern vielmehr, was man letztendlich damit macht“. Und ergänzt: „Und das kann ich mittlerweile glaube ich ganz gut“.

Für die Nummer „RoboPole“ kombinierte UliK den Roboter mit einem chinesischen Mast. Martin Riedel, der als Artist mit dieser wahnwitzigen Konstruktion arbeitet, erinnert sich noch gut an seine erste Begegnung mit UliK vor vielen Jahren. „Wir wollten etwas eigentlich Unmögliches realisieren und ich sagte ‚UliK, dazu gibt es gar nicht das notwendige Werkzeug‘,“ erinnert sich Riedel. UliKs prompte Antwort sei damals gewesen: „Dann bauen wir eben das Werkzeug.“ „Das macht für mich einen Erfinder aus“, betont Riedel.

Beim renommierten Festival „Cirque de Demain“ 2018 in Paris gewann „RoboPole“ den Cirque du Soleil Innovationspreis. Obwohl auch dieser Auftritt eigentlich gar nicht möglich gewesen wäre. Die Bühne des Festivals war nämlich nicht tragfähig genug. „Wir sind dann selbst hingefahren, sind unter der Bühne in Katzen-Kacke rumgekrochen und haben die Stützen für die Bühne selbst verbaut“, erinnern sich UliK und Riedel lachend. Gelohnt hat sich dieser Einsatz allemal: Denn seit 2019 hat nicht nur der Circus Roncalli die Nummer als Highlight in seine Show integriert, sondern auch in der Show „Messi10“ des Cirque du Soleil ist sie fester Bestandteil. UliK selbst wirkt mit seinem Roboter auf Festivals und Shows weltweit mit. So wurde der Roboter bereits zu Produktionen nach Mumbai und Dubai eingeflogen.

Momentan sei er eher international orientiert, lokal mache er nur noch wenig, erklärt UliK. Und doch hat das Imperium UliK in Saarbrücken seinen Mittelpunkt. In seinem hiesigen Atelier entwickelt er seine Ideen, seine Produktionen und Maschinen. Sogar ein eigenes Gästehaus hat er gekauft um die Menschen, mit denen er seine Projekte realisiert, während den Proben unterzubringen. „Ich koche auch immer vor und verpflege die Künstler selbst, sonst wäre das ja alles wahnsinnig teuer“. Auch aktuell ist dieses Gästehaus vollbesetzt. Denn UliK und sein Team befinden sich mitten in den Proben für eine Produktion, die Anfang September Premiere in Saarbrücken feiern wird: „Salto Robotale“ erzählt die Geschichte einer alteingesessenen Zirkusfamilie, die mit einem Industrieroboter frischen Wind in ihre Show bringen will. Die Produktion ist dabei als Werkschau in 15 Jahre Arbeit mit Robotern geplant. Eins ist aber wohl jetzt schon sicher: Auch hier werden UliK und sein Team wieder das Unmögliche möglich machen.

UliK eröffnet das Festival „Encore… Kultur am Ufer“ (14. August bis 4. September), das an 13 Tagen an sieben Spielstätten 46 Veranstaltungen bietet. Der Besuch aller Vorstellungen ist kostenlos. „Die Drachenbande“ ist am Samstag um 12 und um 17 Uhr in Saarbrücken am Willi-Graf-Ufer zu sehen. Das gesamte Programm des Festivals findet man unter
www.encore.saarland

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