Ein Zeitzeuge für die gesamte Entwicklung des Mediums Fotografie Sein Chef war Konrad Adenauer
Saarbrücken · Bis 1966 war Gerhard Heisler (81) einer von sechs offiziellen Fotografen der Bundesregierung, hatte Charles de Gaulle oder Queen Elisabeth vor der Linse. Dann lernte er Drogist und gründete ein Foto-Geschäft. Wieso ist er heute Foto-Künstler?
Das berufliche Lebenswerk von Gerhard Heisler ist eigentlich viel zu umfangreich für nur einen einzigen Zeitungstext. „Ich bin Zeitzeuge der gesamten fotografischen Entwicklung, von der Schwarz-Weiß- zur Farbfotografie, von der analogen Fotografie zur digitalen. Und ich habe all dies mit- und weiterentwickelt“, erzählt er in seinem Atelier in Alt-Saarbrücken. Bis zum Jahr 2017 war Gerhard Heisler fünfzig Jahre lang selbständiger Fotograf, hat sehr viel für die deutsche Industrie und den Bergbau, aber auch für die Medien gearbeitet, auch Architekturen fotografiert. Immer wenn es um die Visualisierung von Nicht-Sichtbarem ging, war er gefragt. 1989 hat er mit großem Erfolg für das Saarland die gesamte deutsche Industriefotografie in der deutschlandweiten Ausstellung „150 Jahre Fotografie“ vertreten, für die Saarbergwerke erschuf er im Jahr 1993 den besonders authentischen Kalender „Licht unter Tage“ aus Aufnahmen, die er nur mit dem vorhandenen Licht in den Gruben aufgenommen hatte. Außerdem waren Fotografien von ihm zweimal auf Landeskunstausstellungen zu sehen. Und sein rund 150 000 Aufnahmen umfangreiches analoges Archiv ist heute auf Betreiben der Stadt ein Teil des Stadtarchivs.
Bis heute ist Gerhard Heisler Fotograf aus Leidenschaft, eine Leidenschaft, die schon früh begann. Gerhard Heisler wurde 1941 in Mährisch-Ostrau geboren, im heutigen Tschechien. In der Familie gab es eine Neigung zur Kunst, die Malerin Ida Münzberg war eine Tante, die ältere Schwester von Gerhard Heisler ist Margarete Palz, die bekannte Textilkünstlerin. Gerade hat heisler zusammen mit ihr im Neunkircher ArtHouse eine Ausstellung gehabt (die SZ berichtete).
1946 wurde die Familie vertrieben, aus Prag ging es zuerst nach Hessen, dann nach Zweibrücken. Hier lebte Gerhard Heisler lange Zeit, erhielt eine erste Kamera als Geschenk. „Ich war mit neun Jahren in einer Kinderfreizeit auf Büsum. Und dort habe ich meine ersten Aufnahmen mit einer Agfa Clack gemacht“, erzählt er. Damals schon verkaufte er diese Fotografien an seine Mitreisenden. Doch genau in diesem Jahr erblindete Gerhard Heisler durch einen Unfall auf dem linken Auge. Und trotzdem ist es ihm gelungen, eine Karriere als Fotograf zu machen.
Als er ein junger Mann war, entschied der Vater erstmal, dass Heisler eine Ausbildung zum Drogisten machen sollte. Und hier wurde der Grundstein gelegt. Denn damals hatten Drogerien Fotoabteilungen, und in der Berufsschule in Saarbrücken lernte Heisler alles, was es damals über das Fotografieren und Entwickeln der Aufnahmen zu lernen gab, gleichzeitig machte er die Bekanntschaft der Schüler des einzigartigen Fotopioniers Otto Steinert. Daher war schnell klar, dass Heisler nach der Ausbildung zum Drogisten auch noch eine Lehre als Fotograf absolvierte, „aber ohne auf die Schule gehen zu müssen“, betont er. Trotzdem legte er diese Prüfung als Bester ab. Und als er danach eine Stellenanzeige der Bundesregierung las, in der ein Fotograf gesucht wurde, reiste er tags drauf nach Bonn, reichte eine Mappe ein, und erhielt 3 Tage später die Zusage. „So wurde zuerst Konrad Adenauer, dann Ludwig Erhard mein Chef“, sagt Gerhard Heisler lachend.
Bis 1966 war er einer von sechs offiziellen Fotografen der Bundesregierung. In dieser Zeit gelangen ihm Fotografien von Adenauer und Erhard, die heute noch bekannt sind, darunter auch die Aufnahme von Ludwig Erhard, die als Vorlage für dessen berühmte Briefmarke genutzt wurde. „Es war eine spannende Zeit“, sagt er, während er an all die Politiker wie Charles de Gaulle oder Queen Elisabeth denkt, die er vor der Linse hatte. 1966 kehrte er nach Saarbrücken zurück, um an der Werkkunstschule Saarbrücken bei Prof. Oskar Holweck das Studium der Grundlehre zu absolvieren. 1967 wurde für ihn ein ganz wichtiges Jahr, denn zuerst legte er die Meisterprüfung im Fotografenhandwerk in Hamburg ab, unter den Meisterstücken befand sich auch eine plakatartige Foto-Arbeit (Isohelie) von Konrad Adenauer. Anschließend gründete er seine Firma Foto Heisler in Saarbrücken und heiratete seine Katrin, mit der er vier gemeinsame Kinder hat.
Während seiner selbständigen Tätigkeit war er auch für 14 Jahre Lehrbeauftragter an der damaligen Werkkunstschule Saarbrücken, wurde zum Sachverständigen berufen und engagierte sich in zahlreichen Ehrenämtern der Fotografeninnung des Saarlandes. Daneben arbeitete er an vielen Projekten, die ihn auch in die ganze Welt führten. „So ein interessantes Fotografenleben wie ich es hatte, war nur wenigen vergönnt“, resümiert er. Gerhard Heisler wurde im Jahr 2002 das Bundesverdienstkreuz verliehen.