Was man schon immer über die Autos von James Bond wissen wollte Neues Buch über James Bond und alle seine Autos: Liebesgrüße von der Autoindustrie

Saarbrücken · Autos mit Verbrennungsmotor gehören zu 007 wie der Wodka Martini und die Bond-Girls: Alles so nicht mehr zeitgemäß? Nicht, wenn es nach Autor Jason Barlow geht, der rechtzeitig zum neuen James Bond „No time to die“ so etwas wie eine Kulturgeschichte der „Bond Cars“ verfasst hat.

Die besten Bond-Autos
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Foto: imago/Picturelux/imago stock

Das Bond-Auto schlechthin? No doubt, der Aston Martin DB5. Insgesamt neun Mal war er im Einsatz seit 1964 in „Goldfinger“, wo er schon damals – prophetisch – mit einer Art Navi überraschte. Andere Extras, wie die eingebauten Maschinengewehre, die man sich im Berufsverkehr morgens öfters herbeisehnt, bietet Aston Martin nach wie vor nicht in seiner Aufpreisliste an.

Auch im neuen 007, „No time to die“, der am Donnerstag startet, wird der DB5 wieder in Action sein. Und nachher ramponierter aussehen als Daniel Craig, was ja schon ein Kunststück ist. Dabei müsste man, wollte man sich einen der legendären Sportwagen aus den Sixties leisten, wenigstens 695 000 Euro hinblättern; das aktuell günstigste Angebot beim Fach-Portal classic-trader.

Dass der jederzeit gewaltbereite Macho, Quartalssäufer und Nichtveganger James Bond ein Wagen bevorzugt, der auf 100 Kilometer locker 20 Liter durchgurgelt, musste wohl auch anno 2021 so bleiben: Beides, Herr wie Gefährt, sind eben Dinosaurier aus Überzeugung. Mittlerweile nicht bloß aus der Zeit gefallen, sondern in strikter Opposition zum grünen Zeitgeist. Vielleicht gerade ja deshalb so attraktiv? Für andere allerdings auch nur mit Schaudern zu ertragen.

Der britische Autor und Fernsehmacher Jason Barlow nun zählt gewiss nicht zu den Letzteren. Schließlich hat er kurz vorm Filmstart des wegen Corona lange aufgeschobenen neuen Doppel-Null-Agenten-Thrillers den opulenten Band „Bond Cars“ herausgebracht. Barlow ist heute der vielleicht einflussreichste britische Motorjournalist. Unter anderem verantwortet er als Redakteur der BBC-Sendung „Top Gear“. Für Nicht-Kenner dieses Hoch-Amtes unter den Motorsendungen bloß soviel: „Top Gear“ wird auch deshalb von seinen Fans weltweit so geliebt (und von Autoherstellern gefürchtet), weil man nie weiß, auf welch’ spinnerte Ideen diese Briten noch kommen. Gerne probieren die Moderatoren aus, ob Autos als Eisenbahn-Lokomotive taugen, sich mit Säge und Schweißbrenner zum Boot umbauen lassen, oder ob man damit über die schauerlichsten Pisten Tümpel zu den Quellen des Nils vorstoßen kann...

Warum sollte man dann also das Buch eines solchen (Auto-)Narren zur Hand nehmen? Nun, zum einen taugt „Bond Cars“ für 007-Fans wie für Petrolheads, deutscher gesagt, für Menschen mit Benzin im Blut, zwar nicht gerade zur Bibel, aber als eine kleine Offenbarung erweist es sich schon. Denn so firm und an unzähligen Steuern erfahren Barlow in der Automobilhistorie ist, so bewandert ist der Jurist auch im Universum des berühmtesten Agenten der Welt. Und durch die Kulturgeschichte streift er auch noch gern. Mit anderen Worten, das Buch blättert man allein der Bilder wegen gerne auf – und liest es über weite Strecken mit Vergnügen.

Zu allen offiziellen Bond-Streifen hat der Brite gut geschüttelte und auch mal rührende Historien geschrieben. Auto-Details (selbst Wagen wie ein Citroën Traction Avant, der in „Liebesgrüße aus Moskau“ am Straßenrand parkt, werden ausführlich bedacht) mischt er mit viel Zeitkolorit und bestens informierten Blicken hinter die Kulissen und kleinen Indiskretionen von den Dreharbeiten. Und Barlow verblüfft mit interessantem wie erheiterndem Quellen-Material. Beispielsweise mit einem Schreiben der Film-Produktionsfirma United Artists aus dem Jahr 1968, das andeutet, dass ihr der hochelegante Toyota 2000GT, der bei den Dreharbeiten zu „Man lebt nur zweimal“ mit Sean Connery in Japan gebraucht wurde, offenbar zwischenzeitlich mal abhanden kam. Und Kontaktabzüge (Bilderfolgen) enthüllen, wie in „007 jagt Dr. No“ (1962) sich beim spektakulären Sturz in einen Abgrund ein amerikanischer Leichenwagen plötzlich in eine britische Kiste verwandelt; weil diese wohl deutlich billiger und entbehrlicher war. Als normaler Zuschauer übersieht man sowas einfach.

Barlow zeigt da auch, wie profan bisweilen die große Illusionsmaschine Kino arbeitet, oft arbeiten muss. Kein Hersteller hat wohl so vom Werbeeffekt einer Kinoreihe profitiert wie Aston Martin. Bis James Bond war es ein im Rennsport leidlich erfolgreicher Autobauer. Dank 007 wurde man fast wie Ferrari zum Inbegriff luxuriöser Sportwagen – für die Betuchte gerne auch was mehr zahlen.

Zu Anfang aber zeigte man am Aston Martin-Firmensitz in Feltham diesen Filmfuzzis die kalte Schulter. Um den DB5, heute der Inbegriff aller Bond-Mobile, mussten die Macher regelrecht betteln. Als Special-Effects-Mann John Stears und Filmarchitekt Ken Adam erläuterten, was sie für „Goldfinger“ in den Wagen alles einbauen wollen – von der kugelsicheren Rückwand bis zum Ölsprayer – winkten die Autobauer ab: „Da ist kein Platz für irgendwas.“ Schließlich stellten sie dann doch zwei DB5 zur Verfügung – leihweise. Aber die Filmcrew musste die Fahrzeuge im Originalzustand zurückgeben. Entsprechend viel wurde in den Drehpausen geschraubt. Für den aktuellen Bond standen übrigens gleich acht der kostbaren Wagen zur Verfügung. Problemlos. Selbst der zum Drehzeitpunkt noch in der Entwicklung befindliche Superhybrid-Wagen, der Valhalla, wurde bereitwillig zum Set gekarrt.

Wie verkaufsfördernd ein Bond ist, haben andere da schneller erkannt. Der Lotus-PR-Mann Donovan McLauchlan etwa wollte unbedingt, dass james Bond mal seinen Dienstwagen wechselt. Also parkte er in den 1970ern einen Prototyp des keilförmigen Lotus Esprit so hartnäckig vor den Pinewood-Filmstudios, dass er irgendwann zum Mittagessen mit den Bond-Produzenten eingeladen wurde. So macht man das.

Ach so: Und warum Einmal-Bond George Lazenby beim Dreh zu „Im Geheimdienst ihrer Majestät“ immer Knoblauch gegessen hat, erfährt man auch. Angeblich wollte er sich Filmpartnerin Diani Rigg vom Leibe halten. Das allerdings muss man nicht verstehen.

Jason Barlow: „Bond Cars – die ultimative Geschichte“, Frederking & Thaler, 336 Seiten, 36,99 Euro.    

             

           

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