Rap „Die Rap-Szene reflektiert nur die Krankheit der Gesellschaft“

Saarbrücken · Der jüdische Rapper gilt seit seinem Ausstieg als Whistleblower des Rap in Deutschland. Er sagt: Der Antisemitismus in der Szene sei unerträglich.

 Juden-Feindlichkeit sei „durchaus Konsens“ in der deutschen Rap-Szene, sagt der in Israel geborene Rapper Ben Salomo.

Juden-Feindlichkeit sei „durchaus Konsens“ in der deutschen Rap-Szene, sagt der in Israel geborene Rapper Ben Salomo.

Foto: Sebastian Dingler

Ben Salomo ist ein in Israel geborener Jude, der in Deutschland als Veranstalter des Internetformats „Rap am Mittwoch“ bekannt wurde. Voriges Jahr hat sich der 42-Jährige, der in Berlin aufgewachsen ist, aus der Rap-Szene zurückgezogen. Ein Grund sei der wachsende Antisemitismus, erklärte er am Rande einer von der „Stiftung Villa Lessing“ in Saarbrücken veranstalteten Diskussion zum Thema „Hat Deutsch-Rap ein Antisemititsmus-Problem?“.

Wieso haben Sie Ihre Show „Rap am Mittwoch“ beendet?

SALOMO Gegen Anfang 2018 habe ich beschlossen, das nach acht Jahren zu begraben, obwohl es mein Baby war. Einfach, weil ich hinter den Kulissen den Antisemitismus unerträglich fand. Als dann die Echo-Debatte mit Kollegah und Farid Bang eskalierte, wurde ich nach meiner Meinung gefragt. Da wurde ich zitiert mit: Die Deutschrap-Szene denkt in weiten Teilen genauso antisemitisch wie die Rechtsrock-Szene. So ist das leider auch.

Rap wird im Gegensatz zum Deutschrock eher von muslimischer Seite dominiert...

SALOMO Sicherlich, unter den Protagonisten gibt es überproportional viele mit Migrationshintergrund aus muslimischen Ländern. Kollegah allerdings ist konvertierter Moslem. Aber die Fanbase in ganz Deutschland, das sind sicherlich nicht alles Muslime. Nur: Für antisemitische Denkstrukturen gibt es innerhalb der Gesamtgesellschaft eine ganz große Akzeptanz, wie jetzt die neuesten Statistiken wieder belegen.

Wie geht’s Ihnen damit, fühlen Sie sich noch sicher?

SALOMO In der Rap-Szene? Na, ich bin nicht mehr drin, habe der Szene aus Protest den Rücken gekehrt und bin dort jetzt sehr unbeliebt. Ich habe ein Buch geschrieben und werde jetzt als der Whistleblower der Rap-Szene angesehen, der der Gesellschaft da draußen ein wenig über die Insider-Machenschaften erzählt hat. Aber ich habe festgestellt, dass die Gesellschaft selbst krank ist. Die Rap-Szene reflektiert nur diese Krankheit, aber sie verstärkt sie in der Jugend. Weil sie eine Riesen-Reichweite und Strahlkraft hat. Es geht nicht nur um die Rap-Texte, sondern auch darum, was außerhalb passiert. Diese Rapper reproduzieren ihre Aussagen auch in Interviews.

Alleine der Satz „Mein Körper definierter als von Auschwitz-Insassen“ (von Farid Bang) wäre für Sie also nicht problematisch?

SALOMO Genau. Der Punkt ist, wenn man nur über so eine Zeile diskutiert, dann lässt man die eigentliche Tragweite dessen, was noch gesagt wird, außer Acht. Es gibt zum Beispiel einen Song wie „Apokalypse“ von Kollegah, das ist ein richtig antisemitisches Machwerk, wo eben auch bildsprachlich mit Motiven gearbeitet wird, die dem „Stürmer“ in nichts nachstehen. Aber auch darüber hinaus gibt es in Interviews viele Aussagen von Kollegah, wo er den Holocaust relativiert, indem er sinngemäß sagt, was die Nazis mit den Juden gemacht haben sei ja das Gleiche, was die Israelis mit den Palästinensern machen. Das sagt nicht nur er, das ist durchaus Konsens in der Rap-Szene.

Das Gespräch führte
Sebastian Dingler.

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