Signal für Club-Öffnungen im Saarland Rehlinger stellt „Ermöglichungskonzept“ vor: „Die Veranstalter bekommen Planungssicherheit“

Saarbrücken · Für kommerzielle Veranstalter im Saarland soll sich das Geschäft endlich wieder lohnen. Dafür ist ein neues „Ermöglichungskonzept“ in Planung. Was steckt dahinter?

 Betreiber von Tanztempeln hatten während Corona quasi ein Betriebsverbot. Nun könnte es im saarland aufwärts gehen.

Betreiber von Tanztempeln hatten während Corona quasi ein Betriebsverbot. Nun könnte es im saarland aufwärts gehen.

Foto: picture alliance / dpa/Franziska Kraufmann

Als „Ermöglichungskonzept“ bezeichnet Julian Blomann („Zum Hirsch“/„Agentur Erlebnisraum“) das, wofür die saarländische Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) am Mittwoch noch keinen Namen hatte. Oder er spricht von „SaarCoCo“ – angelehnt an den ControlCovid-Stufenplan des Robert-Koch-Instituts zum „Rückbau“ der Corona-Schutzauflagen. Wie auch immer man das nennt, was die Landesregierung in Planung hat. Fest steht: Für die von der Pandemie am brutalsten und längsten gebeutelte Veranstaltungsbranche soll es einen Paradigmenwechsel geben. Für Clubs und Diskotheken etwa, die theoretisch zwar seit Anfang Juli im Saarland öffnen dürfen, faktisch aber geschlossen bleiben, weil die aktuellen Auflagen verhindern, dass genügend Gäste hereingelassen werden dürfen. Für sie ist ein neues Regel-System an Hygiene-Schutzmaßnahmen geplant. Das Ziel: ein Mehr an unternehmerischer Freiheit und Individualität, das verhindert, dass sie sich für oder gegen das 2G-Modell entscheiden müssen – nur Geteste oder Geimpfte haben Zugang –, um annähernd Vollauslastung zu erreichen.

Anke Rehlinger sagt zur SZ: „Corona-Verordnungen müssen schlauer werden als auf oder zu. Bislang hat der Staat oft versucht, allgemeingültige Regeln aufzustellen und jeder Einzelfall musste damit irgendwie klarkommen. Meine Überlegung ist, den kommerziellen Veranstaltern mehr Flexibilität zu geben, um ihre Events wirtschaftlich zu gestalten und trotzdem das erforderliche Maß an Schutz zu bieten. Je nach Veranstaltung können Raumlüftung, Masken, Abstände, Testkonzepte oder gar 2G oder Kombinationen davon die richtige Lösung sein.“ Die Gesellschaft müsse lernen, mit Corona zu leben.

Sie möchte den Veranstaltern Steuerungs-Werkzeuge an die Hand geben, mit denen sie bestimmen, wie viel Auslastung sie pro Veranstaltung erreichen möchten. Wobei die maximale Auslastungsmöglichkeit jeder Location, wie jetzt schon, an der aktuellen Risikoeinschätzung des Robert-Koch-Institutes hängt.

Das klingt zu schön, um wahr zu werden. Tatsächlich ist die Vorlage aus dem Wirtschaftsministerium, über die der Ministerrat entscheiden muss, damit sie für die Betriebe greift, noch nicht geschrieben. Aus dem Wirtschaftsministerium heißt es, man werde bis Ende September so weit sein.

Die Mechanik des neuen, zwangsläufig tief ausdifferenzierten Modells lässt sich in Gänze kaum darstellen. Grob gilt: Je mehr Instrumente (Lüftung, Masketragen, Abstandhalten) ein Veranstalter in Summe wählt, umso mehr Gäste kann er reinlassen. Interessant sind die Veränderungen, die mit dieser Neuregelung einhergehen würden. Wegfallen würde die aktuell geltende Fünf-Quadratmeter-Regel pro Besucher, die beispielsweise für einen Club wie dem „Mauerpfeiffer“ in Saarbrücken bedeutet, dass er statt 500 nur 40 Leute rein lassen darf. Auch die starre Besucher-Obergrenze für Indoor-Veranstaltungen- derzeit 250 Leute – entfiele. Gäste und Location-Manager dürfen also wieder „bigger“ denken - und feiern.

Eine der Haupt-Stellschrauben, mit der die Veranstalter dafür sorgen können, höhere Auslastungsquoten zu erzielen, sind Luftfilteranlagen. Das erläutert Blomann, der für den Poprat Saar in der interministeriellen „SaarCoCo“ Arbeitsgruppe mitwirkte. Dort wurde das Konzept, das die Ministerin jetzt in die Öffentlichkeit trug, über Monate hinweg erarbeitet, zusammen mit Vertretern des DEHOGA Saar und Medizinern. „Die Frischluftsituation ist die Idealsituation, und manche Veranstalter erreichen mit ihren Anlagen annähernd diese Werte“, sagt Blomann, „Je näher man an Freiluft-Bedingungen heran rückt, umso sicherer ist es für die Gäste und umso weniger andere Hygienemaßnahmen müssen hinzukommen. Dann kann man beispielsweise auf das Maskentragen für Gäste verzichten.“ Blomann sieht das Saarland in einer Pionier-Rolle: „Wir haben erstmals bundesweit den Lüftungsfaktor mitbedacht“. Frank Hohrath, Geschäftsführer des Hotel- und Gasstättenverbandes (DEHOGA), nennt einen weiteren Vorteil: „Die Veranstalter bekommen Planungssicherheit.“ Sie könnten selbst für jede Veranstaltung ihre Wirtschaftlichkeitsgrenze definieren und selbst etwas dafür tun, um sie zu erreichen.

Beginnt nun also ein goldener Herbst? Nur dann, wenn die Vorlage für den Ministerrat nach dem jetzt bevor stehenden politischen Abstimmungsweg nicht doch ganz anders ausfällt als jetzt durch die Äußerungen der Ministerin vorgezeichnet. Denn in Arbeitsgruppen saßen Dehoga und Poprat schon oft, doch dann sahen die Corona-Verordnungen doch anderes vor, waren, laut Poprat, „Mogelpackungen“.

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