Konzert im Saarbrücker Theater 40 Tode und eine wunderbare Auferstehung

Saarbrücken · Stehender Applaus für den Nicht-nur-Chanson-Abend von Katharine Mehrling im Saarbrücker Theater.

 Katharine Mehrling wurde jetzt in Saarbrücken gefeiert.

Katharine Mehrling wurde jetzt in Saarbrücken gefeiert.

Foto: Leslie Unger

Manchmal sagt ein kleiner Artikel schon das Entscheidende: Wenn das „die“ vor dem Namen nämlich zum Adelsprädikat wahrer Showgröße wird. Also: „Die“ Mehrling war jetzt im Saarbrücker Theater zu Gast. Und ja: „Die“ Mehrling war wunderbar, hat sich das „die“ also redlich verdient. Trotzdem werden viele fragen: „die“ wer? Auch wenn die gebürtige Hessin und Wahl-Berlinerin in zig Musical-Titelrollen bereits auftrumpfte, als Sängerin vor Big Bands und Sinfonieorchestern lässig bestand und – auch das – auf der Bühne des Staatstheaters schon 40 Tode starb. Ja, 2002 war’s als Eponine in „Les Misérables“. Und so gesehen feierte sie am Sonntagabend eine fürwahr wunderbare Auferstehung.

 „Vive la vie!“ ist eigentlich ein ganz normaler Konzertabend mit den Musiciens de Jazz, einer in offenbar allen musikalischen Lebenslagen versierten Combo. Chanson oder Latino, Edelpop oder Alpenländisches, was auch immer kommt, geht ihnen routiniert von Saiten, Bogen und Tasten. Unaufgeregt, aber doch mit reichlich Finesse in den Arrangements und Soli. Jedem einzelnen der Herren hätte man auch allein gern zugehört wie etwa Akkordeonist Vassily Dück, wenn seine Finger bei einer russischen Volksweise auf den Knöpfen tanzen. Aber der Fixstern des Abends ist eben doch die Dame. Ihre Stimme ist eine Wucht, ein Energievulkan, sie überspannt Oktaven, jauchzt sich strahlend in die Höhe. Wenn sie aber hoch droben über den Notengipfeln balanciert, nähert sie sich fast schon irritierend Edith Piaf, wird Mehrlings Singen plötzlich existenziell, wird „L’ accordeoniste“ zum auch fragilen Lebenslied.

Vielleicht ist das Schönste an Katharine Mehrling jedoch, dass sie zwar die Musik ernst, aber das Musik machen heiter nimmt. Fast immer ist ein Lächeln zwischen den Textzeilen, ein Lachen zwischen den Liedern, ob sie sich nun vor großen Frauen wie Chavela Vargas verneigt, mit Tempo durch ein Musicalmedley stürmt von „Irma la douce“ bis zu „Cabaret“ oder Madonna huldigt – in ganz eigenen Arrangements, als habe man die Titel der Pop-Göttin entzuckert.

Wie passt das aber alles zusammen, fragt man sich, wenn Mehrling zwischendrin auch noch jodelt? Eigentlich nicht. Und dann irgendwie doch, weil sie alles zu ihren Liedern macht, die Bühne des Großen Hauses mal Swing-Club, mal Pariser Kellerlokal sein lässt, mal Broadway-Glanz strahlen, mal mexikanische Hitze flirren lässt. Und all das schaffen die Mehrling und ihre Musiciens nur mit ihrer Musik: wunderbar. Aber das hatten wir ja schon.

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