Neue Ausstellung im Weltkulturerbe Grewenigs letzter Goldrausch in der Hütte

Völklingen · Für Generaldirektor Meinrad Maria Grewenig ist es die letzte große Ausstellung im Völklinger Weltkulturerbe: „PharaonenGold“. Doch es ist weniger das Gold, mit dem die Schau glänzt.

 Ein Stabaufsatz mit der Darstellung der Göttin Hathor ist in der Ausstellung "PharaonenGold - 3000 Jahre altägyptische Hochkultur" im Weltkulturerbe Völklinger Hütte zu sehen

Ein Stabaufsatz mit der Darstellung der Göttin Hathor ist in der Ausstellung "PharaonenGold - 3000 Jahre altägyptische Hochkultur" im Weltkulturerbe Völklinger Hütte zu sehen

Foto: dpa/Oliver Dietze

Pyramiden, Pharaonen, Gold – das alles ruft zuverlässig Bilder von dunklen Geheimnissen und ungeahnten Schätzen in unseren Köpfen wach. Die Macher der neuen Schau im Weltkulturerbe Völklinger Hütte spielen einmal mehr gekonnt mit diesen Erwartungen. Doch natürlich ist auch bei „PharaonenGold“ – so der Titel der am Samstag beginnenden Ausstellung in der Gebläsehalle – nicht alles Gold, was glänzen soll. Viele der Goldschätze aus den Pharaonengräbern fielen Grabräubern in die Hände, und die erhaltenen Hauptwerke finden sich heute in Kairo, London, Paris, Turin oder New York. Beachtlich ist, was der scheidende Generaldirektor Meinrad Maria Grewenig dennoch aus anderen Häusern und Privatsammlungen zusammengetragen hat: Rund 160, meist kleinformatige Exponate aus Alabaster, Achat, Holz oder Türkis und oft, aber nicht immer, aus Gold. Fast alles Grabbeigaben, meist Schmuck, aber auch Gefäße aus Ton oder Schilfrohr. Aber der Schatz der Schau ist nicht der Glanz des Edelmetalls, mit dem sie wirbt, sondern der feine, kulturhistorische Einblick in eine rund 3000 Jahre währende altägyptische Geschichte, den sie gewährt. Hinzu kommen kleine, durchaus spektakuläre „Gimmicks“ wie Haarlocken oder Parfüm – 3500 Jahre alt.

Letzteres soll in einem ausgestellten Tongefäß noch immer lagern. Was dem Besucher verwehrt bleibt, hat Grewenig gemacht: Er habe daran geschnuppert, sagt er bei der Pressevorführung. „Sehr fruchtig, ein Bouquet von Frühlingsblumen.“ Nun, wie  heißt es so schön: Klappern gehört zum Handwerk. Entsprechend muss man auch den Hinweis an einer Schautafel lesen, wonach Königin Kleopatra die Segel ihrer Schiffe parfümiert haben soll, „so dass eine Wolke des Wohlgeruchs ihre Nilfahrten begleitet haben soll“.

Nur wenige Exponate lassen sich mit den großen Namen des Alten Ägypten in Verbindung bringen. Ein goldener Siegelring zeigt die thronende Nofretete (um 1340 v. Chr.), ein Fayence-Ring den Thronnamen von Tutanchamun. Erstaunlich ist, wie gut viele der Exponate erhalten sind. Jahrtausende alte Perlen- oder Flechtarmbänder oder ein kleiner, etwa 15 Zentimeter langer Statuenarm aus Zedernholz: Sie alle lassen ihr wahres Alter nicht erahnen. Da die Ausstellungsmacher Gold zum Schwerpunkt der Schau erkoren haben, kommt der Statuette von Pharao Chephren (um 2500 v. Chr.) besondere Bedeutung zu: Sie ist angeblich die älteste bekannte Statuette eines Königs aus Gold. Sie ist nicht höher als ein Streichholz und eine der wenige figürlichen Exponate. Gold war den alten Ägyptern ein Symbol göttlicher Macht und ewigen Lebens. Als Grabbeigabe spiegelte es auch Einfluss und Ansehen des Verstorbenen wieder.

Gegliedert ist die Ausstellung in die drei in der Kunsthistorie etablierten Epochen: Das Alte Reich (2600 v. Chr.), das Mittlere Reich (ab 2040 v. Chr.) und das Neue Reich (1550 bis 1070 v. Chr.). Einige wenige Exponate wie der Stabaufsatz der Göttin Hathor, der auf den Werbeplakaten zur Schau abgebildet ist, stammen zudem aus der sogenannten Spätzeit (bis 330 v. Chr.). Auch wenn großflächige Fotos von den Pyramiden oder der großen Sphinx von Gizeh sich darum bemühen: Die gelungenste Kulisse bleiben wie schon in früheren Ausstellungen die gusseisernen Industrieapparaturen der Gebläsehalle. Für Grewenig sind diese Zeugen der Eisenerzeugung eine Anbindung zum Gegenstand der Schau: „Eisen war das Substrat der Energiezeit, Gold war das Substrat, was die Fantasie der Ewigkeit der Pharaonen bewegt hat. Da gibt es Parallelen.“

Parallelen sieht Grewenig offenkundig auch zu Arne Eggebrecht, der als Gründervater des modernen Ausstellungswesens gilt und dem die Völklinger Schau gewidmet ist. Grewenig nennt den 2004 verstorbenen Eggebrecht einen „alten Freund“, den er kennengelernt habe, als  er sich 1993 im Historischen Museum der Pfalz in Speyer zum ersten Mal dem Thema Ägypten mit der Schau „Götter Menschen Pharaonen“ annahm.

Von dem Ägyptologen Eggebrecht, der das Roemer- und Pelizaeus-Museum in Hildesheim zu einer internationalen Adresse machte (die FAZ nannte das seinerzeit ehrfürchtig den „Hildesheim-Effekt“), dürfte sich Grewenig einiges abgeguckt haben. Nicht nur, dass Eggebrecht in seinen Ausstellungen purer Kunstgeschichte eine Absage erteilte und stattdessen auf Emotionen setzte, sondern er wusste auch, dass Ägypten überdies eine Droge ist: „Überall in Europa sind die Menschen süchtig nach dem alten Ägypten.“ Mit dieser Einsicht feierte er ungeahnte Publikumserfolge. Dass sich Grewenig nach der Ausstellung „Ägypten – Götter. Menschen. Pharaonen“ im Jahr 2014 nun auch für seine letzte große Ausstellung im Weltkulturerbe dieser Einsicht bedient, dürfte kein Zufall sein. Die Besucherzahlen geben dem 64-Jährigen schon lange Recht.

Ausstellung bis 24. November, täglich ab 10 Uhr, Eintritt: 17 Euro; Schüler, Studierende und Auszubildende frei.

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