Arrival Room zeigt Banakibuga Streetminds Was Saarbrücken mit der großen Kasseler Documenta gemeinsam hat

Saarbrücken · Das Künstlerkollektiv Banakibuga Streetsminds kommt aus Uganda und zeigt seine ganze Kreativität in Saarbrücken. Als wäre hier ein Stückchen von der Documenta in Kassel gelandet.

 Kunst des Kollektivs Banakibuga Streetminds aus Uganda ist zur Zeit im Arrival Room zu sehen. Auch der Ugander Patience zeigt hier einige Bilder. Der Skatelehrer will in Saarbrücken ein Freiwilliges Soziales Jahr absolvieren.

Kunst des Kollektivs Banakibuga Streetminds aus Uganda ist zur Zeit im Arrival Room zu sehen. Auch der Ugander Patience zeigt hier einige Bilder. Der Skatelehrer will in Saarbrücken ein Freiwilliges Soziales Jahr absolvieren.

Foto: Silva Buss/Silvia Buss

Es ist ein reiner Zufall, aber ein schöner: Nicht nur die große Kasseler Documenta rückt derzeit das Schaffen von Künstler- und Aktivisten-Kollektiven aus dem globalen Süden in den Fokus, auch der kleine Saarbrücker Arrival Room. Die von einem Verein geführte Galerie an der Saarbahnhaltestelle Uhlandstraße zeigt seit dem Wochenende ganz unterschiedliche Arbeiten von jungen Leuten aus Uganda.

Das Kollektiv Banakibuga Streetminds ist 2018 im Umfeld eines großen Skate Parks in einem Armenviertel von Kampala entstanden. Junge Ugandaer rund um den Street-Artist Sparrow Uganda suchen dort in der Kreation von Mode, Tanz und Malerei eine künstlerische und auch finanzielle Perspektive.

Die Exponate des Kollektivs sind beeindruckend. Allen voran die Malerei. Auf Zeitschriftenseiten von Kunstkatalogen, auf Sperrholz oder auch der Hälfte eines zerbrochenen Skateboards gelingen ihnen ausdrucksstarke Porträts, geheimnisvoll ernst, farbkräftig, stilistisch sicher. Daneben findet man hier auch kleine Umhängetäschchen und T-Shirts mit Applikationen, die typischen Freundschaftsbändchen und Ketten sowie aparte puschelige Taschen und Matten aus Stoffresten.

Recycling und Upcycling hat nicht nur in Uganda, in ganz Afrika lange Tradition. Nach Saarbrücken gebracht hat die Objekte , die käuflich zu erwerben sind, der Saarbrücker Chris Koch, der nicht nur mit dem Mineralwasser-Start-up Blue Future Project sondern auch mit seinem Verein AfricaGermany und der International Collaboration Company, erst Verein, inzwischen GmbH, nach dem Prinzip Hilfe zur Selbsthilfe aussichtsreichen und nachhaltigen Projekten im globalen Süden Anschubförderung gibt und geben will.

Durch Koch kam direkt oder indirekt auch Patience in die Galerie. Der 27-jähriger Ugander, der bei der Eröffnung anwesend war, hat die vergangenen rund sieben Jahre in Kigali, der Hauptstadt Ruandas als Skatelehrer gelebt, wie er erzählt. An einer großen Skateanlage habe er zahlreichen Kids in Skater-Klassen das Skaten beigebracht.

Während des Lockdowns hat er dann angefangen zu malen und dabei zu verarbeiten, was er mit den Kids erlebt hatte. Zu jedem Bild kann einem der talentierte Autodidakt eine Geschichte erzählen, die einen sehr berührt. Etwa die vom „Ghetto Girl“, jenem Mädchen, das nie mitskaten konnte, weil es die kleine Schwester im Baby-Alter auf dem Rücken trug, das aber immer gern vom Rand aus zusah und den anderen aufmunternd zulächelte.

Oder die Geschichte von jenem Kind, das sich in all seinen neu entwickelten Fähigkeiten nicht gesehen fühlt, weil niemand es beachtet. Patience malt es als einen kecken, plakativen Frosch mit einer großen, kunterbunten Brille.

Vielen Kindern gab das Skaten eine neue Perspektive, einige habe er dadurch sogar davon abbringen können Klebstoff zu schnüffeln, erzählt Patience in seiner ruhigen, zurückhaltenden Art. Und doch verließ er Kigali: Weil die Stadplaner die Skateanlage für eine neue Golfanlage geopfert hätten, wie er berichtet.

Seit rund einem Jahr, wie Chris Koch berichtet, ist Patience nun in Deutschland, wo er erst als Au-Pair tätig war und nun ein Freiwilliges Soziales Jahr in Saarbrücken absolvieren will. Und auch Geld sammeln, etwa durch den Verkauf seiner Bilder. Damit will Patience dazu beitragen, in Kigali eine neue Skateanlage zu bauen. „Ich gebe nicht auf“, sagt er und denkt dabei an all die Kids, die jetzt keinen Ort zum Skaten mehr haben.

Arrival Room, Großherzog-Friedr.-Str. 74, Ausstellung bis 16. Juli, Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag von 12 Uhr bis 18 Uhr. www.facebook.com/arrivalroom/

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