Städtische Galerie Neunkirchen Ein künstlerisches Heimspiel

Neunkirchen · Drei etablierte Künstler aus Leipzig, Berlin und Freiburg stellen derzeit in Neunkirchen aus. Alle drei sind in der Hüttenstadt geboren, aber im Saarland kaum bekannt. „Heimspiel“ heißt daher die Schau in der Städtischen Galerie.

 Thomas Kitzingers Porträts, gemalt mit Öl auf Aluminium, jeweils 70 auf 50 Zentimeter groß.

Thomas Kitzingers Porträts, gemalt mit Öl auf Aluminium, jeweils 70 auf 50 Zentimeter groß.

Foto: Thomas Kitzinger/Emil Bezold

Stilistisch und thematisch sind die Arbeiten der drei Künstler sehr unterschiedlich. Was Patrick Fauck, Thomas Kitzinger und Christoph Schröder eint, ist ihr Geburtsort: Neunkirchen. Diese Gemeinsamkeit war für die Leiterin der Städtischen Galerie Neunkirchen, Nicole Nix-Hauck, der Aufhänger für die Schau – nicht aber der Grund. Denn was die drei gebürtigen Saarländer zeigen, ist qualitativ hochwertige, sehenswerte Kunst.

Prominent an der Wand gegenüber dem Eingang zieht die Portraitserie von Thomas Kitzinger den Besucher geradezu magisch an. 60 Portraits, gemalt nach formal strengen, immer gleichen Kriterien, hängen dort in vier Reihen mit je 15 Öl-Bildern (70 auf 50 Zentimeter) übereinander. Kitzinger hat Menschen aus seinem Umfeld zu fest definierten, immergleichen Bedingungen gemalt: Alle tragen das gleiche helle T-Shirt, sind im selben Licht und vor dem selben hellblauen Hintergrund dargestellt. Niemand lacht oder lächelt. Mit direktem, neutralem Blick sehen sie dem Betrachter ungeschminkt ins Auge. Und der wiederum sucht sich unwillkürlich die interessantesten Gesichter aus, studiert Falten, Haare, Augen und staunt über die hohe künstlerische Qualität dieser präzisen Malerei. Denn Malen, das kann Thomas Kitzinger in der Tat. Wo der 64-Jährige es gelernt hat, ist allerdings nicht zu erfahren, seine Kurzbiografie gibt dazu keine Auskunft, und auch die Galerie-Leiterin weiß es nicht.

Wie Fauck (Jahrgang 1970) und Schröder (Jahrgang 1960) ist der gebürtige Saarländer mit Wohnsitz in Freiburg bundesweit erfolgreich als Künstler, könne von seiner Kunst leben, sagt Nix-Hauck. In seiner Geburtsstadt zeigt er außerdem, wie abstrakt realistische Malerei sein kann. Seine leuchtend grünen, fast neon-farbenen Kakteendetails in ungewöhnlichen Hoch- und Querformaten haben einen hohen Abstraktionsgrad. Seine satten, tief-roten floralen Motive enthalten phallische Symbolik. Pflanzenartiges faltet er wie Stoff.

Stofflich wirken auch die wunderbaren, filigranen, teils farbigen Tuschezeichnungen von Christoph Schröder, der in unendlicher Geduld frei assoziierte, dreidimensionale Strukturen aufs Papier bringt, die aus sich selbst heraus zu wachsen scheinen. Man muss die Titel nicht lesen, um zu verstehen, um was es bei diesen sensiblen Arbeiten geht, bei denen man über die Feinheit der Pünktchen und Linien nur staunen kann. Es sind „Innere Landschaften“, zellartige Gebilde, organische Strukturen, Netze und immer wieder gewebeartige Motive, die Schröder in ungeheurer Dynamik zeichnet. Viel Bewegung ist in diesen lebendigen Bildern des in Berlin lebenden Künstlers.

Der jüngste der drei Saarländer, Patrick Fauck, lebt und arbeitet in Leipzig. Das ist für seine Kunst insofern wichtig, als es dort eine der letzten Lichtdruck-Werkstätten auf der Welt gibt. Denn der Lichtdruck ist ein 150 Jahre altes, aufwändiges fotomechanisches Druckverfahren, dass nur noch an wenigen Orten praktiziert wird: in Darmstadt, Florenz, Kyoto und im Museum für Druckkunst in Leipzig. Der Lichtdruck wird vor allem zur Herstellung von Faksimiles historisch wertvoller Dokumente und Handschriften in höchster Qualität verwendet. Der Grafiker Patrick Fauck nutzt den Lichtdruck, um vielschichtige bunte Collagen herzustellen, in denen es unzählige Schichten und Motive zu entdecken gilt. „Kopfkino“ ist die beste Lichtdruck-Arbeit, die er in Neunkirchen zeigt. Hier verschmelzen Tier- und Insektenmotive, fotografische Frauenakte aus der Werbung und ein Feuerwerk an Farben unter einer Diskokugel zu einer visuellen Orgie. Andere Druckgrafiken, Lithografien, Linolschnitte oder Kaltnadel-Arbeiten beschäftigen sich ironisierend mit Wortspielen. So ist Faucks „Stromanbieter“ – weniger originell – ein Mensch, der eine Glühbirne in der Hand hält. Es gibt den „Schmetterlingsraucher“ oder betrunkene Matrosen auf Landgang. Seine heitere Kunst betreibt er mit einem Augenzwinkern.

 Patrick Faucks „Der Schmetterlingsraucher“.

Patrick Faucks „Der Schmetterlingsraucher“.

Foto: Patrick Fauck
 Christoph Schröders „Peripherie und Zentrum I“.

Christoph Schröders „Peripherie und Zentrum I“.

Foto: Christoph Schröder/GEZETT

Bis 28. Juli. Mi-Fr 10-18 Uhr. So/feiertags 14-18 Uhr. Öffentliche Führungen: 5. Juni (18 Uhr) und 7. Juli (15 Uhr). Die Teilnahme ist kostenlos. Informationen unter
www.staedtische-galerie-neunkirchen.de

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