Andrè Schuen bei den Kammermusiktagen Mettlach Glühender Bariton bei Mettlacher „Winterreise“

Mettlach · Kein Musikinstrument ist individueller oder ausdrucksstärker als die menschliche Stimme. Bei den Mettlacher  Kammermusiktagen, einer Liedmatinée am Sonntag, konnte man es wieder einmal erfahren.

Viele Besucher waren in das Refektorium der Alten Abtei gekommen, um einen „Kreis schauerlicher Lieder“ zu erleben, wie Franz Schubert seinen Freunden die „Winterreise“ angekündigt hatte. Das Tagebuch eines Unglücklichen, erfüllt von düsteren Stimmungen. Die Dichtung von Wilhelm Müller ist nicht gering zu achten: variierte düstere Bilder, ein Spiel mit poetischen Symbolen wie Wetterfahne, Irrlicht, Wegweiser, Drehleier, fantastisch Unheimlichem und Abseitigem. Das wirkt stark und echt, Volksliedhaftes klingt mit dem „Lindenbaum“ hinein.

Dies erfordert eine Sängerpersönlichkeit, die ohne überzogenen Affekt oder frühromantisches Pathos zu gestalten versteht. Der 34 Jahre junge ladinische Bariton Andrè Schuen hat diese Qualitäten. Mit seinem hell gefärbten, füllig-samtenen und unangestrengten Bariton, der in der Höhe glühen kann, besitzt er  eine breite Ausdruckpalette. Er versteht es, Kopf- und Bruststimme wirkungsvoll zu kombinieren. Kontrolliert dosiertes Vibrato unterstützt seine emotionale Gestaltung. In Mettlach gelang ihm ein beeindruckender Spannungsbogen. Ohne einen Klavierpartner wie Daniel Heide wäre ihm das so nicht möglich. Trotz klangfördernder Unterstützung des rechten Pedals, differenzierten Anschlags und kongenialer Einfühlung wurde aber auch deutlich, dass der Yamaha-Flügel vor allem im Diskant seine Grenzen hat. Das schmälerte aber kaum den Gesamteindruck: Hier ist ein Liedduo zu Gast, das die „Winterreise“ konsequent in ihrer Hoffnungslosigkeit, dem Ende aller Träume, den Weg auf einer Straße ging, „die noch keiner ging zurück“. Eindrucksvoller konnte es nicht sein.

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