Rund um die Uhr für die Familie da

Merzig. Es ist kein Beruf mit fester Stundenzahl. Für SOS-Kinderdorfmütter ist es ein Job wie im richtigen Leben - rund um die Uhr. Als der Österreicher Hermann Gmeiner, Gründer der SOS-Kinderdörfer, sich Anfang der 50er Jahre aufmachte, Frauen für seine Idee zu begeistern, war Europa gerade mal damit beschäftigt, sich von den Wirren des Zweiten Weltkrieges zu erholen

 In den Gründerjahren waren es meist verwaiste Kinder, die in der Kinderdorf-Familie Geborgenheit fanden. Fotos: Norbert Wagner

In den Gründerjahren waren es meist verwaiste Kinder, die in der Kinderdorf-Familie Geborgenheit fanden. Fotos: Norbert Wagner

Merzig. Es ist kein Beruf mit fester Stundenzahl. Für SOS-Kinderdorfmütter ist es ein Job wie im richtigen Leben - rund um die Uhr. Als der Österreicher Hermann Gmeiner, Gründer der SOS-Kinderdörfer, sich Anfang der 50er Jahre aufmachte, Frauen für seine Idee zu begeistern, war Europa gerade mal damit beschäftigt, sich von den Wirren des Zweiten Weltkrieges zu erholen. Damals galt es, Frauen zu finden, die bereit waren, für fremde Kinder - meist Waisen - wichtigste Bezugsperson und die Seele der Familie zu sein. Die Kinder in den Kinderdörfern sollten ihre Mutter ganz für sich haben und sie nicht teilen müssen mit eigenen Kindern. Starke, ungebundene Frauen wurden also gebraucht, die es für selbstverständlich hielten, mit einer ganzen Kinderschar eine Familie zu bilden. Damals wie heute waren pflegeleichte Kinder selten in den SOS-Kinderdörfern. Mit viel gutem Willen, viel Idealismus und einer Menge Euphorie ging man damals an die Arbeit. Mit dem Beruf "Mutter" hatte allerdings kaum jemand Erfahrung. In das Abenteuer Familie stürzten sich Frauen, die überwiegend aus ganz anderen Berufen kamen. Die gelernte Fremdsprachenkorrespondentin Ingeborg Nocker hatte ihren Job in Brüssel aufgegeben und war zur ersten "Kinderdorfmutter" auf dem Hilbringer Seitert avanciert. Innerhalb weniger Wochen war sie gemeinsam mit neun Kindern im Haus "Eichhörnchen" geliebtes Familienoberhaupt. Ihre damalige Ausbildung, wie bei allen anderen auch: Drei Monate Praktikum in einem anderen SOS-Kinderdorf. Bevor sie in ihren früheren Beruf zurückkehrte, hatte sie 14 Kinder erfolgreich großgezogen. Pädagogische HilfeFür die Kinderdorfmütter hat sich mittlerweile vieles verändert. Die heutigen Kinder sind nicht mehr die Elternlosen von damals, sondern kommen häufig aus völlig zerrütteten Familien, sind oft von negativen Erfahrungen geprägt und haben Stabilität und Verlässlichkeit nie kennen gelernt. Diese Kinder benötigen außer Liebe und Geborgenheit vor allem pädagogische und therapeutische Hilfe. Deshalb müssen heutige Kinderdorfmütter professionell vorbereitet werden. Dabei gibt ein einjähriges Praktikum wichtige Entscheidungshilfe. Wer Kinderdorfmutter werden will, muss herausfinden, ob dieser Beruf der richtige sein wird. Die dreijährige Ausbildung schließt mit der Prüfung zur staatlich anerkannten Erzieherin ab. "Kinderdorfmütter werden in ihrer täglichen Praxis umfangreich unterstützt. Neben sozialpädagogischem Fachdienst, Zivildienstleistenden und dem Dorfmeister wird die Arbeit der Kinderdorfmütter von Erzieherinnen begleitet", erläutert Joachim Selzer vom SOS-Kinderdorf Saar. Darüber hinaus sei die heutige finanzielle Situation entscheidend verbessert worden. Kinderdorfmütter werden heute wie Sozialpädagoginnen bezahlt. Dazu kommen Zulagen für die langen Dienstzeiten. Mütter der Gründerzeit mussten sich mit einem monatlichen Taschengeld von 50 Mark begnügen.

 Joachim Selzer

Joachim Selzer

Auf einen BlickDas SOS-Kinderdorf Saar wird 50 Jahre alt. Die Idee, Waisenkinder in einem familiären Umfeld geschützt groß werden zu lassen, stammt von Hermann Gmeiner. In Hilbringen wuchsen bislang mehr als 650 junge Menschen auf. Zum Jubiläum feiern Mitarbeiter, Kinder und Freunde der Institution deshalb vom Freitag, 10. September, bis Sonntag, 12. September, ein Familienfest auf dem Gelände des Sportplatzes "Auf dem Seitert". Ein buntes, abwechslungsreiches Programm wird den Besuchern geboten. Rum um das große Festzelt warten viele Attraktionen, darunter die saarländische Schauspielerin Alice Hoffmann als "Vanessa Backes", der Zauberer Markus Lenzen und als Höhepunkt die "Magic Artists". owa

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