Rote Rathaus-Chefin in Eppelborn

Eppelborn/Illingen/Spiesen-Elversberg. Für die SPD ist es eine "Sensation", für die CDU eine Riesenenttäuschung: Das Eppelborner Rathaus wird ab September 2012 erstmals seit der Gebietsreform 1974 nicht von einem CDU-Bürgermeister verwaltet. Mit 52,4 Prozent der gültigen Stimmen gewann die SPD-Kandidatin Birgit Müller-Closset gestern gegen die CDU-Kandidatin Gaby Schäfer

Eppelborn/Illingen/Spiesen-Elversberg. Für die SPD ist es eine "Sensation", für die CDU eine Riesenenttäuschung: Das Eppelborner Rathaus wird ab September 2012 erstmals seit der Gebietsreform 1974 nicht von einem CDU-Bürgermeister verwaltet. Mit 52,4 Prozent der gültigen Stimmen gewann die SPD-Kandidatin Birgit Müller-Closset gestern gegen die CDU-Kandidatin Gaby Schäfer. Als "deutliches Ergebnis" bezeichnete auch der amtierende Bürgermeister Fritz-Hermann Lutz (CDU) um 18.57 Uhr im Big Eppel den Wahlausgang und gratulierte der Wahlsiegerin Birgit Müller-Closset "herzlich". Etwa eine Viertelstunde nach Verkündigung des Ergebnisses traf eine strahlende Wahlsiegerin mit ihrer Familie unter dem jubelnden Beifall ihrer Anhänger ein. SPD-Generalsekretär Reinhold Jost war einer der ersten Gratulanten, aber auch die Verliererin Gaby Schäfer, die tapfer ihre Fassung in der Öffentlichkeit bewahrte, wünschte ihr für die künftige Aufgabe alles Gute. Ihren deutlichen Wahlerfolg erklärte sich Birgit Müller-Closset damit, dass "ich neue Wege gehen möchte, echte Bürgerbeteiligung vorantreiben und einen respektvollen Umgang mit den Bürgern und der Verwaltung möchte". Gaby Schäfer suchte in einer ersten Analyse die Gründe für ihre Niederlage in der "schwierigen Kandidatensuche" im Vorfeld der Wahl. Wie berichtet hatte Schäfer in Macherbachs Ortsvorsteher Jürgen Nürnberger einen Konkurrenten aus der eigenen Partei um die Bürgermeister-Kandidatur, die sie schließlich gewonnen hatte. "Ich hatte gehofft, alle zu einen, aber das ist nicht so gelungen", meinte Schäfer im SZ-Gespräch. Als aus dem Wahllokal im Bistro des Illtal-Gymnasiums fast 73 Prozent der Stimmen für den Amtsinhaber (seit 1996) gemeldet wurden, drückte dieser seine Frau Steffi noch ein bisschen fester. Umrahmt von seiner Familie und Parteifreunden hatte Armin König gestern Abend wirklich allen Grund zu Freude und Zufriedenheit.

Armin König im Glück

Auch wenn er sein Traumergebnis von 64,1 Prozent von 2004 nicht mehr erreichte, sind die 59,8 Prozent der Wählerstimmen eine klare Bestätigung für den Christdemokraten König. So kann er 2012 seine dritte Amtszeit beginnen und schickt sich damit an, wie sein Vorgänger Werner Woll, der 20 Jahre Verwaltungschef war, Langzeit-Bürgermeister in Illingen zu sein. Seit der kommunalen Gebietsreform 1974 haben die Bürgermeister in Illingen ein schwarzes Parteibuch.

"Ich sehe das gute Ergebnis als Bestätigung meiner langjährigen Arbeit für die Gemeinde und ihre Bürger", so Armin König in einer ersten Stellungnahme nach der Bekanntgabe des vorläufigen Wahlergebnisses: 59,84 Prozent der 8767 gültigen Stimmen gingen an König, 40,16 Prozent an seinen sozialdemokratischen Herausforderer Christian Petry. 5246 Illingen wollten also weiter Armin König als Verwaltungschef, 3521 haben sich einen Wachwechsel im Rathaus gewünscht. Mit einer Wahlbeteiligung von fast 61 Prozent steht Illingen bei den sieben gestrigen Wahlen im Saarland übrigens hinter Mandelbachtal (rund 64 Prozent) auf Platz zwei.

"Jetzt geht es mit Power weiter", so König hinsichtlich der Herausforderungen, die sich beispielsweise beim Höll-Gelände immer noch stellen.

Verlängerung für Pirrung

Als im Sitzungssaal des Rathauses in Spiesen-Elversberg der Wahlsieg von Reiner Pirrung (CDU) verkündet wurde, war dieser selbst nicht anwesend. Er hatte sich in den spannenden letzten Minuten vor der Entscheidung mit seiner Familie in sein Büro zurückgezogen. Der Amtsinhaber erhielt 52,9 Prozent der Wählerstimmen, sein Kontrahent Steffen-Werner Meyer (SPD) 47,1 Prozent. Als Pirrung schließlich in den Sitzungssaal kam, wurde er mit Applaus begrüßt. Viele interessierte Bürger und Kommunalpolitiker hatten sich dort versammelt und das Wahlergebnis auf einer Leinwand verfolgt. "Es war nicht so deutlich wie beim letzten Mal", kommentierte Reiner Pirrung das Ergebnis. Aber er freute sich dennoch über den Wahlsieg. Den hätte auch Steffen-Werner Meyer gern eingefahren. Doch es hat am Ende nicht ganz gereicht für den SPD-Kandidaten. "Wir haben sehr gut abgeschnitten", war Meyer aber am Ende zufrieden.

Meinung

Wähler liefern die Quittung

Von SZ-RedakteurManfred Krause

Die CDU hat gestern die Chefsessel in den Rathäusern von Illingen und Spiesen-Elversberg erfolgreich verteidigt. Armin König und Reiner Pirrung münzten ihren Amtsbonus, den sie mit engagierter Arbeit und einem hohen Bekanntheitsgrad erworben hatten, in zählbare Erfolge um. Das kam letztlich nicht unerwartet.

Spektakulär ist dagegen das Wahlergebnis in Eppelborn. Da tritt Fritz-Hermann Lutz, ein kommunalpolitisches "Schlachtross", bald in den Ruhestand. So war klar, dass es einen Führungswechsel geben und - bei zwei Bewerberinnen - eine Frau seine Nachfolge antreten wird. Dass freilich Birgit Müller-Closset von der SPD nach der Auszählung der Stimmzettel vorn liegt, überraschte fast alle. Die Mehrzahl der politischen Beobachter hatte auf Gaby Schäfer von der CDU getippt. Denn Birgit Müller-Closset war 2004 schon einmal angetreten und hatte damals bescheidene 35,4 Prozent der Stimmen eingefahren.

 Rund 41 500 Bürger im Kreis waren gestern aufgerufen, einen neuen Bürgermeister zu wählen. Foto: dpa

Rund 41 500 Bürger im Kreis waren gestern aufgerufen, einen neuen Bürgermeister zu wählen. Foto: dpa

Seither aber hat sich die Großwetterlage in Eppelborn verändert. Birgit Müller-Closset punktet inzwischen mit politischer Erfahrung und ihrer geradlinigen Ortsvorsteher-Tätigkeit. Doch das allein hätte ihr kaum geholfen, wenn die CDU nicht Abnutzungserscheinungen gezeigt und Fehler gemacht hätte. Einige Eppelborner haben genug von der Ära Lutz und generell von der christdemokratischen Regentschaft. Andere bekamen mit, dass Gaby Schäfer, die als CDU-Kreisvorsitzende und Staatssekretärin an sich beste Referenzen zu bieten hat, nicht von Anfang an auf den Schild gehoben wurde. An Unterstützung im Wahlkampf fehlte es gelegentlich auch. Die Quittung lieferte der Wähler.

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