Romeo und Julia im Ehe-Alltag

Homburg. Romeo und Julia durften ihre Liebe nicht leben - William Shakespeare wollte das nicht. Er hat die beiden in den Tod geschickt - Romeo ließ er durch Gift sterben, Julia musste sich erdolchen

 Oliver Beck (als Romeo), Annette Baldin (als Lucretia) und Stefan Liebermann, der den Shakespeare spielte. Foto: Michael Schanding

Oliver Beck (als Romeo), Annette Baldin (als Lucretia) und Stefan Liebermann, der den Shakespeare spielte. Foto: Michael Schanding

Homburg. Romeo und Julia durften ihre Liebe nicht leben - William Shakespeare wollte das nicht. Er hat die beiden in den Tod geschickt - Romeo ließ er durch Gift sterben, Julia musste sich erdolchen. Was aber wäre gewesen, wenn die Liebenden hätten weiter leben dürfen? Sie hätten sich innigst geliebt, hätten geheiratet, reizende Kinder bekommen und ihre Idylle bis ins hohe Alter genossen. Oder auch nicht - behauptet Ephraim Kishon in seinem Theaterstück "Es war die Lerche", das Mitglieder der Landesbühne Sachsen-Anhalt am Donnerstag im Saalbau aufführten. Romeo und Julia haben also überlebt, Shakespeares Tragödie nahm ein Happy End. Doch wie's danach weiter geht, sollte vielleicht doch eher im Dunkeln bleiben. Schon Kurt Tucholsky sah Ärger und Langeweile auf Liebende zukommen: "Und darum wird beim Happy End im Film jewöhnlich abjeblendt" - nach des Dichters Auffassung die wirksamste Methode, den Protagonisten und den Zuschauern Enttäuschungen und Peinlichkeiten zu ersparen. Anders bei Kishon: er erfindet ein Happy End und blendet danach keineswegs ab. Im Gegenteil. Er hält die Kamera erbarmungslos drauf, auch noch nach 30 Jahren Ehe. Und was wir auf der Bühne sehen ist abschreckend und desillusionierend. Liebe hat sich in Hass verwandelt. Julia beklagt ihr Los als Hausfrau ohne Geld und ohne Dienstboten. Romeo bekommt romantische Ausbrüche, macht seiner ehemals Angebeteten sexuelle Avancen, die ins Leere gehen, tröstet sich mit seiner Wärmflasche Lisa und will die Scheidung. Beider Tochter Lukretia kostet die Eltern die letzten noch verbliebenen Nerven. Den tristen Ehealltag bringen zusätzlich der lüstern-senile Pater Lorenzo und die bösartige ehemalige Amme Julia durcheinander. Dazwischen taucht immer mal wieder der reichlich verstörte Shakespeare auf, um zu stöhnen: "Euer Treiben schafft mir Pein, vergönnt mir endlich meine Ruh." Kishon nannte sein Theaterstück ein heiteres Trauerspiel. Die Homburger Aufführung folgte dieser Vorgabe nur teilweise - was keineswegs an den Schauspielern, sondern an der Regie von Peter Förster lag. Der inszenierte mit oberflächlicher Heiterkeit, mit starkem Hang zum Boulevard, mit schlagenden Türen und Slapstick-Einlagen. Bei all dem kamen sowohl die tragischen Aspekte, die dem Stück durchaus inne wohnen, zu kurz. Die Rollen und ihre Darsteller: Romeo und Pater Lorenzo: Oliver Beck; Julia, Lukretia und Amme: Annette Baldin; William Shakespeare: Stefan Liebermann.

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