Star-Winzer Roman Niewodniczanski Roman Rastlos und die Saar-Rieslinge

Wiltingen · Er entstammt der Bitburger-Dynastie und macht jetzt den Saar-Riesling groß: Star-Winzer Roman Niewodniczanski ist ebenso umtriebig wie erfolgreich. Zu Besuch bei einem, den sie „Rebenflüsterer“ nennen.

 Naturbursche mit einer Mission: Roman Niewodniczanski, Besitzer des Van-Volxem-Weingutes an der Saar im rheinland-pfälzischen Wiltingen.

Naturbursche mit einer Mission: Roman Niewodniczanski, Besitzer des Van-Volxem-Weingutes an der Saar im rheinland-pfälzischen Wiltingen.

Foto: van Volxem

Der Kies spritzt, der Audi-Kombi bremst, Roman Niewodniczanski rennt – eine filmreife Szene. Denn genau das liest man über den Mann: Dass er grundsätzlich durchs Leben sprintet. „Man hat nur begrenzt Zeit“, sagt Niewodniczanski später, während des Interviews, und meint damit: Die Zeit ist knapp bemessen an dem, was er sich vorgenommen hat. Ein Jahrhundertprojekt, für das die rund 20 Erwerbsjahre, die sich der 48-Jährige noch gibt, knapp scheint. Denn er folgt einer Mission, die zugleich Passion geworden ist und weit über die bereits beträchtliche Markt- und Imagemacht seines eigenen Weingutes Van Volxem hinaus reicht. Niewodniczanski will die Saar-Rieslinge als Gesamtmarke wieder dorthin bringen, wo sie vor 100 Jahren waren, in die Luxusklasse der weltbesten Weine, direkt neben die Bordeaux-Ikonen Chateau Margaux oder Chateau Petrus. Kaum zu fassen: Die kosteten einst weniger als ein Scharzhofberger Riesling von Egon Müller. Das ist der Nachbar von Niewodniczanski in Wiltingen, einem 1400-Seelen-Dorf unweit des Zusammenflusses von Saar und Mosel. In der Schiefer-Steillagen-Region findet sich eine seltene Dichte an Spitzenweingütern. Auch TV-Moderator Günther Jauch hat sich hier das Von-Othegraven-Weingut zugelegt.

Für Niewodniczanski geht es jedoch nicht um einen Nebenerwerb, sein Engagement wirkt dringlich, nahezu existentiell. Das steckt in den Genen, denn er stammt aus einer Unternehmerdynastie, die der Bitburger-Brauerei-Gründer, die auf der Liste der „500 reichsten Deutschen“ stehen, zugleich aus einer hoch angesehenen polnischen Wissenschaftler-Linie. Sein verstorbener Vater war promovierter Kernphysiker und Finanzchef der Bitburger-Holding, seine Mutter ist Kunst- und Architekturhistorikerin und Professorin. Derzeit führen Niewodniczanskis Brüder Jan und Matthäus die Geschäfte bei Bitburger, er selbst sitzt im Gesellschafterausschuss. Lust und Last? „Es ist der Treibstoff, den man mitbekommt“, meint Niewodniczanski mit Blick auf dieses Erbe. Es scheint so, als riefen die Ahnen ihm zu: „Streng dich an und beeil dich!“ Der Erbe studierte Betriebswirtschaft und Wirtschaftsgeografie, wurde Unternehmensberater, um dann noch ein Weinbau-Studium dranzuhängen. In Wiltingen wurde er dann zu Roman Rastlos, zu einem ebenso begnadeten wie besessenen Marken-Promoter für Saar-Rieslinge, besonders für van Volxem. Denn: „Scheitern ist in unserer Familie nicht vorgesehen.“

Niewodniczanski läuft aber auch hinter den eigenen Ansprüchen her, die da lauten: „Van-Volxem-Weine sollen grundsätzlich in jedem Preissegment, auch im untersten, Exzellenz-Produkte sein.“ Worum geht’s ihm? Nicht um Ruhm und Renommee, sagt er: „Ich möchte das Vertrauen der Kunden gewinnen.“ Denn es geht auch um die Zukunft seiner Kinder. Einst bauten die Moselwinzer Schlösser, um ihren Stolz zu zeigen, Niewodniczanski baut die Wein-Manufaktur des 21. Jahrhunderts. Ein technologischer Top-Produktionsbetrieb steht bereits mitten im Weinberg, in diesem Frühsommer wird nebenan ein Neubau, ein Besucher- und Eventzentrum, hinzu kommen, mit einem Raum für Weinproben und auch Kochschulungen. Pläne zeigen eine zeitlos schöne Architektur, eine moderne Weinburg für die Ewigkeit.

Nach Meinung internationaler Weinexperten ist der Van-Volxem-Besitzer bereits jetzt Legende. Der „Rebenflüsterer“ habe eine ganze Weinbauregion auf Trab gebracht, schreiben sie, der „weiße Ritter von der Saar“ sei ein „Extremwinzer“. 2009 und 2011 kürte die Zeitschrift „Weinwirtschaft“ den Van-Volxem-Saar-Riesling zum besten Weißwein des Jahres, 2012 machte das Magazin „Falstaff“ Niewodniczanski zum Winzer des Jahres. Seitdem steht er wie kein Zweiter für die aktuelle Dynamik: Steilhang-Weinbau ist gerade sehr sexy, Niewodniczanski einer der neuen „Helden am Hang“, sein Gesicht steht wie kein zweites für den „Mythos Mosel“.

Das ist kurios, wachsen die Van-Volxem-Weine doch an einem Altarm der Saar, und Niewodniczanski selbst ist ja eigentlich als „Bierjunge“ ein Exot und Quereinsteiger unter den Mosel-Winzern. Einer, der sein Millionenerbe in ein marodes Gemäuer aus dem 11. Jahrhundert steckte, in ein Weinunternehmen, dessen Besitzer bereits drei Mal Bankrott gingen. Das war vor 17 Jahren. Jetzt ist das Anwesen ein Schmuckstück, auf unpompöse Art edel und stilvoll. Niewodniczanski wohnt mit seiner Frau und seinen drei Kindern in der oberen Etage, mit einem hinreißenden Blick in einen kleinen Park hinter früheren Klostermauern. Das Gut liegt mitten im Dorf, idyllisch, weit ab von der Welt der Schönen und Reichen. Niewodniczanski sagt, just die vermisse er nicht, auch ist das wohl ein Familienerbe: „Bei uns trägt keiner Prada-Schühchen und Hermes-Täschchen“. Vielmehr hält er es für einen Alptraum, „in Ibiza mit irgendwelchen Jetset-Mädels blöd im Pool rumzuhopsen“. Dabei würde der überschlanke Zwei-Meter-Mann wohl ziemlich cool aussehen, wie auf allen Bildern, die von ihm in die Welt gehen. Niewodniczanski ist fotogen, ein kernig-kantiger Typ wie aus einer Jever-Bier-Reklame, auch das Ideal-Model für ein handwerkliches Premium- und Naturprodukt. Er nennt den Saar-Riesling „tänzerisch“, schwärmt von „Bekömmlichkeit, Harmonie, Trinkfluss“ und preist dessen Modernität: „Unsere Weine entsprechen genau dem neuen Ernährungstrend: wenig Alkohol, wenig Kalorien.“

Dies alles erzählt der Hausherr, wenn er denn mal sitzt, in einem exquisit renovierten schlossartigen Herrenzimmer mit Holzvertäfelung und bleiverglasten Fenstern. Auf einem Tisch stapeln sich alte Weinbau-Fachbücher, historische Dokumente von Weinversteigerungen, Landkarten und Restaurant-Weinkarten aus dem New York, Berlin und Paris der Jahrhundertwende. Häufig springt Niewodniczanski auf, um diese Beweisstücke einstigen Ruhmes im Original vorzulegen, so, als müsse er dem Verdacht zuvor kommen, er sei ein Träumer oder Schwärmer. Nein, hier agiert ein visionärer Geschäftsmann, der eine Marke promotet, ein Highend-Produkt, für das er weltweit die Top-Opinionleader zu begeistern sucht, insbesondere Sommeliers der Sterne-Gastronomie. Deshalb rast und jettet Niewodniczanski durch die Welt, als seien die bösen Weingeister hinter ihm her.

 Roman Niewodniczanski, hier im historischen Herrenzimmer seines Weinguts, hat ein Faible für Dokumente aus der Geschichte des Saar-Weins.

Roman Niewodniczanski, hier im historischen Herrenzimmer seines Weinguts, hat ein Faible für Dokumente aus der Geschichte des Saar-Weins.

Foto: van Volxem

Er ist sein eigener und einziger Außendienstler, zu Hause in Wiltingen verlässt er sich auf 35 Mitarbeiter und 100 Erntehelfer, vor allem auf seinen Kellermeister Dominik Völk. Kurz nach dem Interview wird Niewodniczanski in der Mannheimer Universität erwartet, um dort 80 Wirtschafts- und Marketingstudenten seine Philosophie der Nachhaltigkeit zu erklären. Sie sollten gut zuhören. Es gibt viel zu lernen von einem, der in zehn Jahren zum Star-Winzer aufstieg und sagt: „Der Besitz ist nur eine Leihgabe. Leistung ist keine One-Man-Show.“

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