Rollator-Tanz bringt Senioren in Schwung

Mainz. Ein kleiner Schritt nach vorne, ein kleiner Schritt nach hinten, eine Drehung in den Schultern und mit den Händen fest den Lenker umklammert: So tanzt Lieselotte Klug mit ihrem Gehwagen im Gemeinschaftsraum des Städtischen Altenheims Mainz. Die 88-Jährige lächelt: "Beim Walzertakt möchte ich mich einfach bewegen

 Zwei Senioren legen in einem Mainzer Altenheim eine heiße Sohle aufs Parkett. Der Rollator-Tanz macht's möglich. Foto: dpa

Zwei Senioren legen in einem Mainzer Altenheim eine heiße Sohle aufs Parkett. Der Rollator-Tanz macht's möglich. Foto: dpa

Mainz. Ein kleiner Schritt nach vorne, ein kleiner Schritt nach hinten, eine Drehung in den Schultern und mit den Händen fest den Lenker umklammert: So tanzt Lieselotte Klug mit ihrem Gehwagen im Gemeinschaftsraum des Städtischen Altenheims Mainz. Die 88-Jährige lächelt: "Beim Walzertakt möchte ich mich einfach bewegen." Neben ihr im Kreis stehen 16 gehbehinderte Senioren, 15 Frauen und ein Mann. Rollator-Tanz nennt sich diese neue Form der Bewegung für ältere Menschen, die nicht mehr gut laufen können, aber sich trotzdem zu den Klängen eines langsamen Walzers im Kreis drehen wollen.

Entwickelt wurde der Tanz in den Niederlanden und soll nun auch die Altenheime in Deutschland erobern. Dieses Ziel verfolgt Cornelia Willius-Senzer, die Präsidentin des Allgemeinen Deutschen Tanzlehrerverbands (ADTV). Die Mainzer Tanzlehrerin betont: "Das Tanzen mit dem Rollator ist überhaupt nicht lächerlich, sondern eine tolle Art, sich auch im Alter noch zu bewegen." Schließlich trainiere es nicht nur Bewegungsabläufe, sondern auch das Gedächtnis.

Ob Cha-Cha-Cha, Foxtrott oder Rumba: Getanzt wird immer als Paar. "Entweder zwei Rollator-Benutzer tanzen miteinander", erklärt Willius-Senzer. "Oder ein Rollator-Benutzer tanzt mit einem Partner zusammen, der noch gut gehen kann." Gemeinsam laufen die Tänzer dann langsam vor und zurück, schwingen zueinander und voneinander weg und drehen sich im Kreis.

Seit Januar tingelt Cornelia Willius-Senzer ehrenamtlich durch Altenheime und zeigt den Bewohnern und dem Personal das Tanzen mit dem Gehwagen. Dazu zählen nicht nur die Tanzschritte, sondern auch Schulterübungen und Schunkeln im Sitzen zum Beispiel zu dem Lied "Wir werden alle 100". "Das passt ja gut", sagt Altenheim-Bewohnerin Lieselotte Klug. Auch der einzige Herr in der Tanzstunde macht mit. "Meinem Körper gefällt es gut", sagt der 85-jährige Helmut Höfer. "Aber es ist auch anstrengend."

Zusätzlich zu den Tanzstunden im Altenheim schulen eigens eingeflogene Profis aus den Niederlanden bundesweit im Rollator-Tanz. Mit den Fortbildungen für ADTV-Tanzlehrer will der Verband in etwa einem Monat beginnen. Ob und wann es im Saarland Schulungen geben wird, stehe bislang noch nicht fest, sagt Willius-Senzer auf SZ-Anfrage. Dazu müssten erst noch Gespräche geführt werden.

In der viertägigen Ausbildung soll es auch um medizinische Aspekte gehen. "Wer sich auch im Alter bewegt, muss meist weniger Medikamente nehmen", sagt der Arzt und Psychotherapeut Günter Gerhardt. Denn durch Bewegung werde Krankheiten wie Diabetes und Arthrose vorgebeugt. Gemeinsam mit der rheinland-pfälzischen Landeszentrale für Gesundheitsförderung überlegt die Tanzlehrerin, Urkunden als Anreiz für angehende Rollator-Tänzer zu verteilen. "Ich könnte mir auch eine spaßige Meisterschaft oder einen Auftritt an Fastnacht vorstellen", sagt Gerhardt. "Schließlich müssen es zur närrischen Zeit nicht immer junge, hübsche Damen sein."

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