Römisches und keltisches Leben an historischem Schauplatz

Tholey. "Die Kelten kannten keinen Reißverschluss. Entweder wurde das Kleidungsstück zugenäht oder mit einer Fibel zusammengehalten

 Centurio Luctus Valerius Albinus (vorn) zeigte mit seinen Soldaten Militärformationen und das Alltagsleben einer Legion vor. Foto: B&K

Centurio Luctus Valerius Albinus (vorn) zeigte mit seinen Soldaten Militärformationen und das Alltagsleben einer Legion vor. Foto: B&K

Tholey. "Die Kelten kannten keinen Reißverschluss. Entweder wurde das Kleidungsstück zugenäht oder mit einer Fibel zusammengehalten." Am Stand von Thorsten Badiou von der Keltengruppe Treveromagus versammelten sich beim Grabungsfest am Sonntag im Tholeyer Wareswald regelmäßig Besucher und ließen sich von den Menschen erzählen, die in der Zeit vor Christus in der Region gelebt hatten. Während Thorsten Badiou ruhig und gelassen berichtete, trat Rufus, der römische Weinhändler in der Gestalt von Michele Marotta, mit vielen lockeren Sprüchen und vielfach wilden Gesten im Grabungsbereich auf. Rufus bedeutet "Der Rothaarige". Aber Michele hatte - wohl vom Wein - nur eine rote Nase, dafür aber ein flottes Mundwerk. Er sei an den Schaumberg gekommen, um ein gutes Geschäft zu machen. Einem Besucher nahm er das Weinglas aus der Hand, roch an seinem Inhalt, und rief: "Oh, vino vero, reiner Wein, der war bei den Römern nur für Opferzwecke erlaubt." Ganz eingenommen von seinen römischen Göttern fragte er in die Runde: "Habt ihr euch womöglich auch dieser Christensekte angeschlossen? Diesem Nazarener?"

Acht Stunden für ein Brot

Die 14. Römische Legion Gemina hatte auch dieses Jahr wieder ihre Zelte im Wareswald aufgeschlagen und demonstrierte Militärformationen und das Alltagsleben der Soldaten im ersten Jahrhundert nach Christus. Einer von ihnen war der 23-jährige Simon Heintz aus Neunkirchen, der vor zwei Jahren in Tholey in einem freiwilligen Jahr der Denkmalpflege Praktikant war. "Es hat mir so gut gefallen, dass ich zu der Gruppe gestoßen bin", erzählte der mit einem Kettenhemd bekleidete Soldat. "Heute bin ich zum ersten Mal dabei und fühle mich auch angenommen." Was zu den Zeiten der Kelten und Römer, einer zusammen rund 1000 Jahre dauernden Epoche, handwerklich gefertigt, was gegessen und was gespielt wurde, zeigten die Vertreter dieser Zeitabschnitte. Andrea Rudolphy zum Beispiel hielt Schüsselchen mit verschiedenen Getreidesorten bereit. In einem waren fast ganz schwarze Berglinsen, ein Hauptnahrungsmittel von damals. In andere waren Emmer und Dinkel gefüllt. Mit einem dicken Kiesel konnten Kinder auf einem Mühlstein Körner zu Mehl machen. "Das war eine schwere Arbeit", erklärte Andrea Rudolphy. "Acht Stunden brauchte eine Frau, um Mehl für eine Breimahlzeit oder für ein Brot herzustellen." Beim Freundeskreis Keltischer Ringwall Otzenhausen stellten sich mehrere Arbeitskreise wie Textil, Holz, Landwirtschaft und Keramik vor. Jan, Gerhild und Oliver Teske hatten aufmerksame Zuschauer, als sie die antike Heilkunde und das damalige Badewesen erklärten. Am Stand der Töpferin konnte das Modell eines Töpferofens aus der Römerzeit bestaunt werden. Aufgebaut aus Strohlehm und mit Ziegeln verkleidet brauchte er 24 Stunden, um Gefäße zu brennen. Kinder konnten an einem Stand römische Ledergeldbeutel anfertigen, töpfern und schmieden und ein wenig in der historischen Erde graben. Sie lernten, wie die Römer mit Kastanien auf kleine Walnusstürmchen zielten und sich gegenseitig den Sieg streitig machten.

Bei den Führungen berichtete der Klaus Peter Henz, der die Grabungen im römischen Vicus im Auftrag der Terrex leitet, viel Neues. Zu den Funden zählten zwei bronzene Löwenköpfchen und mehrere vollständige Kesselgehänge. "An einer Stelle sind wir auf frühe Siedlungsphasen gestoßen, die womöglich aus der Gründungszeit stammen", berichtete der Archäologe. "In den Schichten wurde ausschließlich Holzbauweise festgestellt." gtr

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