Richter erlauben heftige Kritik an Gentechnik-Befürwortern

Saarbrücken. Der bundesweit aktive Gentechnik-Kritiker Jörg Bergstedt aus Gießen darf via Internet weiterhin seine Broschüre über angebliche Verflechtungen von Wirtschaft und Politik im Bereich der Gentechnik verbreiten. Mit diesem Ergebnis endete gestern der Zivilprozess des Mannes gegen zwei Betroffene aus Sachsen-Anhalt vor dem Oberlandesgericht des Saarlandes

Saarbrücken. Der bundesweit aktive Gentechnik-Kritiker Jörg Bergstedt aus Gießen darf via Internet weiterhin seine Broschüre über angebliche Verflechtungen von Wirtschaft und Politik im Bereich der Gentechnik verbreiten. Mit diesem Ergebnis endete gestern der Zivilprozess des Mannes gegen zwei Betroffene aus Sachsen-Anhalt vor dem Oberlandesgericht des Saarlandes. Der Mann und die Frau werden von der Saarbrücker Anwaltskanzlei des früheren Ministers Horst Rehberger vertreten. Auch Rehberger wird von Bergstedt als jemand kritisiert, der in Sachsen-Anhalt als Wirtschaftsminister die Gentechnik in der Landwirtschaft mit aufgebaut habe. Zwei Weggefährten des FDP-Politikers wehrten sich gegen vermeintlich ehrverletzende Äußerungen in der Broschüre von Bergstedt. Sie klagten vor dem Landgericht Saarbrücken und bekamen Recht. Die Richter erster Instanz werteten Teile der Kritik als verbotene Schmähkritik.Das Oberlandesgericht folgte dieser Argumentation nicht. Dazu sagte der Präsident des Gerichts, Jura-Professor Roland Rixecker: Eine Schmähkritik liege nicht vor. Sie sei gekennzeichnet dadurch, dass es in ihr nicht um die Diskussion über eine Sache gehe - sondern allein um Diffamierung, darum, eine andere Person verächtlich zu machen und in ihrer Menschenwürde anzugreifen. Das sei nicht erlaubt. Im konkreten Fall gelte dies aber nicht. Hier gehe es um eine sachliche Frage von öffentlichen Interesse - die Gentechnik in der Landwirtschaft. In einer politischen Diskussion darüber gelte der Grundsatz der Meinungsfreiheit. Danach müssten Betroffene, die im öffentlichen Leben stehen, auch zugespitzte und scharf formulierte Äußerungen in ihre Richtung hinnehmen. Anders gehe es nicht, wenn man Transparenz und einen öffentlichen Diskurs zu solchen Themen haben wolle. Hier gelte das grundsätzliche Motto der Demokratie: "Wir müssen die entsprechenden Äußerungen nicht teilen. Aber wir dürfen sie nicht verbieten."

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