Richter bremsen kritischen Öko-Aktivisten

Saarbrücken. Der bundesweit aktive Gentechnik-Kritiker Jörg Bergstedt ist gestern vom Oberlandesgericht Saarbrücken zur Unterlassung mehrerer Äußerungen über eine vermeintliche "Gentechnik-Mafia" verurteilt worden

 Der Gentechnik-Kritiker Jörg Bergstedt. Foto: Becker&Bredel

Der Gentechnik-Kritiker Jörg Bergstedt. Foto: Becker&Bredel

Saarbrücken. Der bundesweit aktive Gentechnik-Kritiker Jörg Bergstedt ist gestern vom Oberlandesgericht Saarbrücken zur Unterlassung mehrerer Äußerungen über eine vermeintliche "Gentechnik-Mafia" verurteilt worden. Bergstedt hatte in einer Internet-Broschüre zwei namentlich genannte Betroffene aus Sachsen-Anhalt in Zusammenhang mit Geldwäsche und der Veruntreuung öffentlicher Gelder gestellt. Die beiden werden anwaltlich vertreten von der Saarbrücker Kanzlei ihres früheren Wirtschaftsministers Horst Rehberger. Der FDP-Politiker ist ein Befürworter der Gentechnik in der Landwirtschaft.Mit deren Problemen und Gefahren sowie der staatlichen Förderung des Einsatzes von Gentechnik auf den Feldern beschäftigt sich die Broschüre des Öko-Aktivisten aus Gießen. Ihm geht es um angebliche Verflechtungen von Wirtschaft und Politik und um den großzügigen Umgang mit Steuergeldern. Von undurchsichtigen Firmengeflechten, Seilschaften, Filz, Rücksichtslosigkeit, Profit-Orientierung und Gentechnik-mmafia ist die Rede. Außerdem schreibt Bergstedt von der "Veruntreuung großer Mengen von Steuergeldern" und von "Geldwäsche". Die Betroffenen wehrten sich dagegen vor Gericht

Hier gab ihnen das Landgericht 2009 in erster Instanz zunächst Recht und untersagte eine Vielzahl von Aussagen der Broschüre. Ganz anders urteilte 2010 das Oberlandesgericht. Mit einem flammenden Plädoyer für das Grundrecht der Meinungsfreiheit gab es grünes Licht für die komplette Broschüre. Das ging anschließend 2011 dem Bundesverfassungsgericht doch zu weit. Es bremste die Saarbrücker Richter und betonte, beim Vorwurf von Straftaten müsse sorgfältig zwischen Meinungsfreiheit des Kritikers und allgemeinem Persönlichkeitsrecht der Betroffenen abgewogen werden. Dabei müsse beachtet werden, ob die Vorwürfe möglicher Straftaten beweisbar sind oder nicht.

Also landete der Fall erneut vor dem Oberlandesgericht. Bergstedt war nicht bereit, seine Aussagen zu relativieren und lediglich von "Verdacht" zu reden. Er blieb bei seinen Formulierungen und sprach weiter von "Untreue" und "Geldwäsche".

Damit hatten die Saarbrücker Richter keine andere Wahl. Nach Überprüfung aller Unterlagen und vermeintlicher Beweise kamen sie zu dem Ergebnis, dass diese den Vorwurf strafbaren Verhaltens nicht bestätigen. Die Betroffenen hätten zwar "durchaus gewissen Anlass zu Verdächtigungen gegeben und seien auch im vorliegenden Verfahren in Bezug auf die von ihnen empfangenen öffentlichen Gelder nicht um Transparenz bemüht gewesen". Allerdings sei dem Öko-Aktivisten vorzuhalten, dass er seine Bezichtigungen als bewiesen dargestellt habe - ohne in der gebotenen Deutlichkeit auf Ergebnisse seiner Recherchen hingewiesen zu haben, die für die Betroffenen entlastend wirken. Das Verfahren in der Hauptsache ist noch anhängig. wi

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