Streit um Völklinger Weltkulturerbe Regierungs-Gerangel um Völklinger Hütte

Völklingen/Berlin · Das Weltkulturerbe hat von der Bundesregierung eine Absage für eine dauerhafte Förderung kassiert.

 Bis zum Jahr 2020 erhält die Völklinger Hütte Fördergeld vom Bund. Doch was kommt danach?

Bis zum Jahr 2020 erhält die Völklinger Hütte Fördergeld vom Bund. Doch was kommt danach?

Foto: BeckerBredel

Das hat schon Tradition: Aus Berlin kommt – aus CDU-Kreisen – die frohe Botschaft über Fördermillionen für das Saarland. Aber statt eitel Freude löst das Stress aus, in SPD-Kreisen, und immer ist der Name Meinrad Maria Grewenig mit im Spiel. 2012 beispielsweise knirschte es zwischen dem Völklinger Weltkulturerbe-Chef und dessen damaligem Aufsichtsratschef, Wirtschaftsminister Heiko Maas (SPD). Dieser sorgte sich in einer Pressemitteilung um langfristige Hilfen aus Berlin, während Grewenig öffentlich über eine Zehn-Millionen-Hilfe bis 2015 des Beauftragten für Kultur und Medien frohlockte. Bereits zuvor hatte es im selben Jahr zwischen Grewenig und einem SPD-Minister – Kultusminister Ulrich Commerçon – gekracht: Es ging um einen unverhofften Fördermittelsegen der schwarz-gelben Berliner Koalition für den Saarbrücker Museumserweiterungsbau. Dessen Interims-Bauherr hieß damals Grewenig. Der Minister fühlte sich überfahren.

Und was ist aktuell los? Kürzlich war die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Monika Grütters (CDU), erstmals zu Besuch im Weltkulturerbe, zeigte sich persönlich enthusiastisch bewegt, und gab politisch zu verstehen, dass, sollte sie weiterhin im Amt bleiben, das Völklinger Industriedenkmal mit weiteren Unterstützungsleistungen rechnen könne. Konkrete Zusagen über Höhe und Art der Förderung machte sie nicht. Die Botschaft allerdings war glasklar: Zuversicht über das Jahr 2020 hinaus. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde die Berliner Förderung bereits festgeschrieben: zwei Millionen pro Jahr.

Was kommt danach? Nichts?! Zumindest lässt sich ein der SZ vorliegender Brief aus der Grütters-Behörde von Mai dieses Jahres so lesen. Dort heißt es, „dass die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien die Überführung der bis 2020 gesicherten umfangreichen Projektförderung der Völklinger Hütte in eine dauerhafte, institutionelle Förderung nicht unterstützen kann“. Wie erklären sich dann Grütters’ Einlassungen in Völklingen wenige Wochen danach? Alles CDU-Showgetöse? Und warum machte der Weltkulturerbe-Chef Grewenig, an den der Brief gerichtet war und der die Absage also kannte, dann noch glückliche Miene zum bösen Spiel? Auf SZ-Nachfrage hat Grewenig folgende Erklärung parat: Der Brief stamme von Grütters’ „Arbeitsebene“ und formuliere eine Art Standardabsage. Es sei nicht das erste Schreiben dieser Art aus Berlin, und trotzdem sei die Förderung durch die Bundes-Kulturbehörde immer fortgesetzt worden. „Nach solchen Schreiben beginnt für uns erst die eigentliche Überzeugungsarbeit“, sagt Grewenig. Er habe auf den Brief vom Mai reagiert, habe das Gespräch mit dem Absender gesucht. „Wir stecken doch nicht den Kopf in den Sand. Wir kämpfen.“ Und anschließend sei Grütters zu Besuch gekommen. Grewenig sagt: „Ich bin nach dieser Begegnung fest davon überzeugt und voller Zuversicht, dass wir die institutionelle Förderung bekommen werden.“ Das wäre eine deutliche Verbesserung der aktuellen Situation.  Denn derzeit erhält die Hütte nur Projektförderung, um die alle Jahre wieder gerungen und gebangt werden muss.

Bei institutioneller Förderung wie sie etwa die Bonner Kunst- und Ausstellungshalle oder die Stiftung Preußischer Kulturbesitz beziehen, kommt der Geldsegen nahezu automatisch. Deshalb drängt das Weltkulturerbe auf Aufnahme in diese sichere Liste, als „Referenzprojekt für Industriekultur“. Grewenig: „Wir wollen und können bundesweit die Leader-Rolle übernehmen.“ Er hält das für fast sicher: „Ich bin dafür bekannt, Ziele zu erreichen, die man nicht für möglich hält.“

Zu den politischen Verstimmungen, die der Besuch ausgelöst hat, will sich Grewenig nicht äußern. Irritationen hatte es bereits vor Grütters’ Anreise gegeben: War das nun ein Staatsbesuch oder nicht? Grütters war als Gast der CDU-Fraktion des Berliner Abgeordnetenhauses im Saarland, nahm an einer Klausurtagung teil und eben auch am Ausflugsprogramm in die Völklinger Hütte. Deshalb blieben die Schwarzen dort auch unter sich. Denn nur Staatskanzleichef Jürgen Lennartz (CDU) ließ sich von Regierungsseite sehen, die Aufsichtsratsspitze des Weltkulturerbes fehlte, die terminlich verhinderte Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) und auch der von ihr informierte Kultusminister Commerçon. Aus Ministeriumskreisen erfährt man, dass beide wenig amüsiert waren über den Riesen-Aufschlag, der dann in Völklingen unter CDU-Banner erfolgte, zumal Grütters Einladungen Rehlingers zuvor nicht wahrgenommen hatte. Eitelkeiten? Futterneid? Wahlkampf-Nickeligkeiten?

Es geht um mehr, um die Zukunft des Industriedenkmals. Und die scheint entschieden. Aus der Traum von der komfortablen Förderung. Die Pressestelle der Staatsministerin antwortete auf SZ-Nachfrage, die Beauftragte für Kultur und Medien habe sich „in den Haushaltsberatungen erfolgreich dafür eingesetzt, dass in der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes die Fortsetzung der Projektförderung (...) gesichert ist“. Aber: „Die Aufnahme neuer institutioneller Förderungen in den Bundeshaushalt ist an äußerst strenge Bedingungen geknüpft, die in diesem Fall leider nicht gegeben sind. Das hat die Beauftragte für Kultur und Medien bereits Ende März 2017 und erneut im Mai 2017 in entsprechenden Schreiben an den Generaldirektor des Weltkulturerbes Völklinger Hütte erklärt. Dies heißt aber nicht, dass eine Förderung auch über 2020 hinaus wie bisher im Wege der Projektförderung ausgeschlossen wäre.“ Dann wird wohl alles gut, wenn auch nicht besser.

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