Urteil im Prozess um rassistische Messerattacke Fünf Jahre Haft wegen versuchten Mordes

Saarbrücken · Im Prozess um eine Messerattacke auf einen Studenten aus Afrika in Saarbrücken ist der 24-jährige Täter am Montag verurteilt worden.

 „Du bist schwarz, du sollst sterben“ habe der 24-jährige Angeklagte gerufen, während er sein Opfer mit einem Messer attackierte. Aufgrund des rassistischen Motivs hatte der Fall große Aufmerksamkeit erregt.

„Du bist schwarz, du sollst sterben“ habe der 24-jährige Angeklagte gerufen, während er sein Opfer mit einem Messer attackierte. Aufgrund des rassistischen Motivs hatte der Fall große Aufmerksamkeit erregt.

Foto: BeckerBredel

Der Fall hatte über die Grenzen des Saarlandes hinweg Aufmerksamkeit erregt – fiel er doch genau in die Zeit, in der überall auf der Welt Menschen im Zuge der „Black Lives Matter“-Proteste gegen Rassismus auf die Straße gingen. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte, ein 24-jähriger Deutscher, in der Nacht zum 6. Juni an einer Bushaltestelle am Malstatter Markt in Saarbrücken einen Studenten aus Gabun unvermittelt angegriffen habe (wir berichteten). Zuerst habe er dem Opfer ohne Vorwarnung mit der Faust ins Gesicht geschlagen, dann mit einem Messer auf den damals 25-Jährigen eingestochen. Dabei habe er immer wieder gerufen: „Du bist schwarz, du sollst sterben.“ Das Opfer konnte den Stichen ausweichen. Der Täter flüchtete, wurde aber kurz darauf von der Polizei festgenommen.

Die Hauptverhandlung wegen versuchten Mordes wurde am 2. November am Schwurgericht in Saarbrücken eröffnet. Im Laufe des Prozesses hatte der Angeklagte den geschilderten Tathergang weitgehend eingestanden. Lediglich den Mordversuch bestritt er – er habe dem Opfer mit dem Messer und seinen Worten nur Angst machen wollen. Die Oberstaatsanwältin sah allerdings in ihrem Schlussplädoyer eine klare Tötungsabsicht gegeben. Mindestens dreimal habe der Angeklagte in Richtung Hals und Oberkörper des Opfers gestochen. Der unvermittelte Angriff erfülle das Mordmerkmal der Heimtücke, die rassistischen Worte des Angeklagten zeugten darüber hinaus von einem niederen Beweggrund. „Der Angeklagte hat dem Opfer aufgrund seiner Hautfarbe das Lebensrecht abgesprochen“, betonte sie. Als strafmildernd sei zu werten, dass der Angeklagte unter Drogen und Medikamenten gestanden habe, als lernbehindert gelte und laut Gutachten Anzeichen einer schizotypen Persönlichkeitsstörung zeige. Im Prozess habe er immer wieder einen „kindlichen und hilfesuchenden Eindruck“ erweckt. Sie forderte sechs Jahre Haft.

Peter Nobert, der den Geschädigten als Nebenkläger vertrat, stimmte diesen Ausführungen in seinem Plädoyer größtenteils zu, hob aber besonders die „rassistische Motivation“ des Angeklagten hervor. Dessen „rechtsextremistische Gesinnung“ hätten mehrere Zeugen bestätigt, er sei dahingehend auch vorbestraft. Sein Mandant sei zwar glücklicherweise nicht schwer verletzt worden, leide aber seit dem Angriff an einer posttraumatischen Belastungsstörung und Depressionen.

Verteidiger Franz-Josef Gerdung bat danach um eine Pause, um sein Schlussplädoyer anzupassen. Anschließend redete er fast eine Stunde. Dabei konzentrierte er sich besonders auf die zur Last gelegte Tötungsabsicht des Angeklagten. Diese könne aus dem Satz „Du bist schwarz, du sollst sterben“ nicht zwangsläufig abgeleitet werden. Auch der Umstand, dass das Opfer den Messerangriff abwehren konnte, ohne sich Schnitte zuzufügen, zeige, dass kein „absoluter Tötungswille“ vorlag. Stattdessen müsse von einem „Körperverletzungsvorsatz“ ausgegangen werden. Zur Motivation seines Mandanten erklärte er, dass dieser aufgrund seines geringen Intellekts gar nicht in der Lage sei, Rassismus „ideologisch nachzuvollziehen“. Vom Vorwurf des versuchten Mordes müsse dieser daher freigesprochen werden.

 Das Opfer trat im Prozess als Nebenkläger auf.

Das Opfer trat im Prozess als Nebenkläger auf.

Foto: BeckerBredel

Der Angeklagte nutzte sein Schlusswort, um sich bei dem Opfer zu entschuldigen. Eine Stunde später stand das Urteil fest: fünf Jahre Haft, die er teilweise in der Merziger Forensik verbringen soll, um wegen seiner Drogensucht therapiert zu werden. In seiner Urteilsbegründung folgte Richter Andreas Lauer weitgehend den Ausführungen der Staatsanwaltschaft. Die Mordmerkmale sah er als erfüllt an. Strafmildernd sei zu werten, dass der Angeklagte die Tat zugegeben habe. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort