Ralf Riemann: "Pestel-Studie ist wissenschaftlich wenig seriös"

Kreis Saarlouis. "Die Befunde des Pestel-Instituts zur Krisenfestigkeit des Landkreises Saarlouis sind wissenschaftlich wenig seriös", erklärt Ralf Riemann, promovierter Sozialwissenschaftler und Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion. "Vor einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Thesen der Studie müssten erst einmal der Auftraggeber der Studie genannt werden

Kreis Saarlouis. "Die Befunde des Pestel-Instituts zur Krisenfestigkeit des Landkreises Saarlouis sind wissenschaftlich wenig seriös", erklärt Ralf Riemann, promovierter Sozialwissenschaftler und Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion. "Vor einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Thesen der Studie müssten erst einmal der Auftraggeber der Studie genannt werden. Auch der Preis von 1200 Euro für die Studie trägt mehr zur Verschleierung als zur öffentlichen Diskussion bei", meint Riemann."Aus wissenschaftlicher Sicht mehr als fragwürdig" ist für ihn die Benennung von 18 Indikatoren für die Krisenfestigkeit einer Region. Es sei zwar von einer Krise die Rede, aber wie diese Krise eigentlich aussehen soll - Rohstoffkrise, Energiekrise, Finanzkrise, demografische Krise … - das werde in der Studie nicht aufgezeigt. Somit fehle eine präzise Darstellung der Grundlage, auf deren Basis die Hypothesen und die Indikatoren überprüfbar abzuleiten wären. Riemann: "Das ist Anfängerwissen der wissenschaftlichen Ausbildung, und das fehlt hier vollkommen."

So fehle auch jegliche Erklärung für den Zusammenhang zwischen globaler Krise und regionaler Entwicklung. Für Riemann ist damit das nächste Problem der Studie "augenfällig": Landkreise sind Verwaltungseinheiten. Im bundesweiten Vergleich unterscheiden sie sich in vielfältiger Hinsicht voneinander. Solange jedoch nicht erklärt werde, wieso ausgerechnet diese Verwaltungseinheiten als Einheiten eines (unbestimmten) Krisenszenarios gewählt werden können, sind für Riemann "die Behauptungen der Studie belanglos".

Welche Krise eigentlich?

Auch die gewählten Indikatoren sorgen für mehr Fragen, als dass sie zur Aufklärung beitragen können, sagt Riemann. So werde nicht aufgezeigt, ob die Indikatoren zum Beispiel mit gleichem Gewicht eingehen, oder ob sie von unterschiedlicher Relevanz für eine - Riemann: "Für welche eigentlich?" - Krise sind. Er fragt sich und die Verfasser der Studie: Hat die SGB-II-Quote die gleiche Bedeutung für eine Krise wie die Mieterquote? Verringert die Biogasleistung je Einwohner die Krisenanfälligkeit eines Kreises stärker oder weniger stark als der Verkehrsflächenanteil je Einwohner?

Mit einer kurzen Aufzählung lässt sich laut Riemann die Fragwürdigkeit der Studie deutlich machen. Bei der Zusammenfassung der Indikatoren wäre nämlich der Landkreis am krisensichersten, in dem

- alle Einwohner Rentnerinnen und Rentner sind, die mindestens einen Hauptschulabschluss aufweisen,

- kein Einwohner Harz IV-Leistungen bezieht (entfällt bei Rentnern),

- für jeweils 100 Rentner ein Hausarzt zur Verfügung steht (Riemann: "Dann haben wir aber die Krise des Gesundheitssystems"),

- alle zur Miete wohnen, denn dann sind sie hochflexibel,

- pro Person nur maximal zehn Quadratmeter Wohnfläche zur verfügbar sind …

Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen, sagt Riemann. Und aus Sicht der SPD-Kreistagsfraktion bleibe als Fazit festzuhalten, "dass jemand, der 1200 Euro für die Herausgabe seiner Daten verlangt, kein Interesse an einer fundierten öffentlichen Diskussion hat".

Politik vor Ort geht vor

Schließlich merkt der SPD-Fraktionschef an, dass die SPD im Kreistag Saarlouis mit der rot-rot-grünen Mehrheit einiges auf den Weg gebracht habe - zum Beispiel den Ausbau der Schulsozialarbeit, die Verbesserung der Seniorenarbeit, die Förderung der Nutzung alternativer Energieformen und die Stabilisierung der Kreisfinanzen. Riemann: "Dies hat jedoch weniger mit einer möglichen globalen Katastrophe zu tun, als mit verantwortungsvoller Politik vor Ort."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort