Grubenwasser RAG sieht keine Pflicht zum „ewigen Pumpen“

Saarbrücken · Anders als Kritiker der Grubenflutungspläne sieht der Bergbaukonzern keine vertragliche Verpflichtung zum „ewigen“ Abpumpen des Grubenwassers. Dies bestätigt so auch das Wirtschaftsministerium – und widerspricht damit Ex-Ministerpräsident Peter Müller.

 Ein Becken mit Grubenwasser auf der Grube Reden. Hier werden jährlich rund 18 Millionen Kubikmeter Wasser aus rund 800 Metern Tiefe gepumpt.

Ein Becken mit Grubenwasser auf der Grube Reden. Hier werden jährlich rund 18 Millionen Kubikmeter Wasser aus rund 800 Metern Tiefe gepumpt.

Foto: Daniela Hussong

Angesichts der zunehmenden Kritik an den Grubenflutungsplänen des Bergbaukonzerns RAG hat dieser jetzt klar gestellt: „Entgegen einzelner Behauptungen resultiert weder aus dem Erblastenvertrag noch aus dem KPMG-Gutachten eine vertragliche Verpflichtung der RAG AG, die Grubenwasserhaltung dauerhaft fortzu­führen“, wie Axel Schäfer von der RAG  der SZ mitteilte. Der Erblastenvertrag zwischen der RAG-Stiftung  und den Kohleländern Saarland und Nordrhein-Westfalen  regelt die Finanzierung der so genannten Ewigkeitslasten nach dem Ende des Steinkohlenbergbaus. Das KPMG-Gutachten der gleichnamigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, das Grundlage des Erblastenvertrags war, hatte diese Ewigkeitslasten zuvor hochgerechnet.

In Paragraph 4 des Erblastenvertrags von 2007 heißt es wörtlich: „Die Vertragsparteien sind sich einig, dass die Durchführung der Ewigkeitslasten durch die RAG AG gemäß den Grundsätzen der gesetzlichen Erforderlichkeit, der Wirtschaftlichkeit, der Sparsamkeit und der Effizienz erfolgen soll.“ Zwei Sätze später folgt der Hinweis, dass „im Hinblick auf die Maßnahmen der Grubenwasserhaltung“ die RAG dazu veranlasst werden soll, „unverzüglich ein Konzept mit dem Ziel der langfristigen Optimierung der Grubenwasserhaltung zu entwickeln, dieses fortlaufend zu aktualisieren und den Ländern zur Kenntnisnahme zuzuleiten“. Diese hier erwähnte „Optimierung der Grubenwasserhaltung kann auch eine vollständige Einstellung bedeuten, sofern die Umweltverträglichkeit sichergestellt ist“, wie Schäfer unserer Zeitung sagte.

Ex-Ministerpräsident Peter Müller (CDU) hatte vor rund einem Jahr vor dem damaligen Untersuchungsausschuss des Landtags zum Grubenwasser zu dieser Passage im Erblastenvertrag gesagt: „Die Optimierungsklausel war keine Klausel, die eingeschlossen hätte, dass die Pumpen irgendwann abgestellt werden.“

Für die RAG steht dagegen fest, dass sie „mit der konzipierten Optimierung der Grubenwasserhaltung den Vorgaben des Erblastenvertrages nachgekommen“ sei, wie Schäfer gegenüber der SZ erklärte. Das Konzept der RAG sieht vor, die bisher noch trocken gehaltenen Schächte und Stollen ehemaliger saarländischer Gruben bis zum Jahr 2035 stufenweise zu fluten. In einem ersten Schritt, der bereits beantragt wurde, soll das Grubenwasser auf 320 Meter unter Null ansteigen. Dabei liefe das Wasser bei 380 Meter unter Null über Querverbindungen von den Gruben Reden und Göttelborn in die Grube Dilsburg und in das Bergwerk Saar. Das dem saarländischen Wirtschaftsministerium unterstellte Oberbergamt prüft derzeit, ob dieser erste Schritt des Konzepts genehmigungsfähig ist. Die Landesregierung will dies nur dann zulassen, „wenn Gefahren für Mensch und Umwelt zuverlässig ausgeschlossen werden können“.

Die RAG räumt ein, dass zwar „auftragsgemäße Grundlage des KPMG-Gutachtens die Annahme einer dauerhaften Fortführung der Grubenwasserhaltung war“. Diese Annahme habe jedoch „eine Worst-Case-Betrachtung dargestellt und diente insbesondere der finanziellen Absicherung der Ewigkeitslasten“, so Schäfer. Dadurch sei aber „ein weiterer Grubenwasseranstieg nicht ausgeschlossen“ gewesen.

Auch das von der stellvertretenden Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) geführte Wirtschaftsministerium bestätigt: „Als reiner Finanzierungs- und Gewährleistungsvertrag macht der Erblastenvertrag keine Vorgaben zur konkreten Ausgestaltung der Grubenwasserhaltung.“  In einer Stellungnahme für unsere Zeitung ergänzt das Ministerium zudem, dass das KPMG-Gutachten zwar von dem „Grundmodell einer optimierten, aber dauerhaften Grubenwasserhebung“ ausgegangen sei. Die Gutachter hätten sich jedoch nicht auf dieses Grundmodell beschränkt. „Für den Fall, dass neue Erkenntnisse für eine zukünftige Einstellung der Grubenwasserhebung sprechen sollten und dies genehmigungsfähig wäre, ermittelten die Gutachter vielmehr die Kosten auch für dieses Modell.“

Auf der Internetseite des Ministeriums heißt es zudem, dass zu den Ewigkeitslasten „das Wassermanagement in den Stollen wesentlich“ beitrage. Nach heutigem Stand sei davon auszugehen, dass über 60 Prozent dieser Kosten durch das Abpumpen des Grubenwassers entstehen. „Wirtschaftlich gesehen müsste das Unternehmen (die RAG, Anm. d. Red.) also den Aufwand für die Pumpen verringern, indem man das Grubenwasser ansteigen lässt.“

Kritiker der Grubenflutungspläne wie etwa die saarländischen Grünen oder Illingens Bürgermeister Armin König (CDU) hatten wiederholt vorgebracht, dass die RAG dazu verpflichtet sei, das Grubenwasser „ewig abzupumpen“.

Im Landtagsausschuss für Grubensicherheit und Nachbergbau äußern sich heute ab 10 Uhr in öffentlicher Sitzung der Entsorgungsverband Saar (EVS), der Landesverband der Bergbaubetroffenen (IGAB) und die Landkreise zu den Grubenflutungsplänen der RAG.

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