Fahrradtour an der Mosel: Von Apach nach Metz Flussauen und lothringische Industriekultur mit dem Rad entdecken

Special | Apach/Metz · Insgesamt 700 Kilometer schlängelt sich der „Voie Bleue“ von der Mosel bis zur Saône. Der „blaue (Rad-)Weg“ beginnt im Dreiländereck und führt bis nach Lyon. Wir sind die erste Etappe von Apach bis Metz an zwei Tagen geradelt.

Fahrradfahren auf dem französischen Fahrradweg Voie Bleue
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Eindrücke entlang der Mosel in Lothringen

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Foto: Guillaume Robert-Famy/Fluxus agency/Guillaume ROBERT-FAMY

Rechts die Kühe, links die Schwäne. Wir radeln entlang der Mosel in meditativ gleichmäßiger Geschwindigkeit. Auf dem flachen, gut ausgebauten Fahrradweg kommt man schnell voran, vor allem auf dem E-Bike. Es wäre hier gar nicht nötig. Immer mal wieder grüßt der Gegenverkehr. Ich habe aufgehört, die Kirchtürme zu zählen, die mal spitz, mal zwiebelförmig in der Ferne der flachen lothringischen Landschaft zu sehen sind. Die Bäume rauschen im Wind. Man sieht ein Auto über eine Brücke fahren und hört es doch kaum – auf diesem Teilstück des Voie Bleue zwischen Sierck-les Bains und Thionville ist die Straße meistens weit weg. Ungestörte Flussidylle. Rauschendes Wasser, grünes Schilf, im Wind wogende Pappeln und sommergelbe Ährenfelder.

Ein Angler lässt sein Boot ins Wasser. Immer wieder passieren wir Weiher entlang des Flusses. Am Wegesrand erscheint ein Zebra… Ein Zebra? Hier? Vor der Schleuse von Königsmacker steht dieses Pferd – und trägt einen schwarz-weiß gestreiften Umhang! Ich bin zügig unterwegs und hätte die surreale Szene fast verpasst. Die Schleuse hat die Mosel hier seit 1956 für den Rheinschiffsverkehr passierbar macht. Ein Stück weiter dampfen rechts die Kühltürme des Atomkraftwerkes Cattenom, links fährt langsam der „Bayrische Wald“ vorbei. Was hat der Frachter wohl geladen?

Vom Dreiländereck nach Thionville

Die Route führt teils am rechten, teils am linken Moselufer entlang und besteht größtenteils aus autofreien Wegen. Knapp 35 Kilometer sind es von Apach, dem Grenzort auf der französischen Seite des Dreiländerecks kurz vor Sierck-les-Bains, bis nach Thionville (Diedenhofen). Wer die Landschaft genießen und auf sich wirken lassen will, sollte mindestens dreieinhalb Stunden für diesen Teilabschnitt einplanen.

Burganlage in Sierck-les-Bains entdecken

Sierck-les-Bains mit seiner Burgruine der Herzöge von Lothringen ist schon gleich zu Anfang der Tour einen Stopp wert. Weil es sich aber auch als ersten Zwischenstopp anbietet, empfiehlt es sich für Radler, die mit der Bahn anreisen, bereits im rheinland-pfälzischen Konz kurz vor Trier (45 km bis Sierck) zu starten. Oder auch im saarländischen Nennig (11 km bis Sierck).

In Sierck-les-Bains macht man sein Fahrrad am besten unten am Place Morbach fest und steigt dann durch die alten Gassen des Ortes mit seinen Häusern vor allem aus dem 16./17. Jahrhundert hoch auf die Burg. Ihre Grundmauern stammen aus dem 10. oder 11. Jahrhundert. Im 17. Jahrhundert ging sie an die französische Krone, später baute Vauban, der Architekt der Festung Saarlouis, die Burg zur Militär-Bastion aus.

Man kann das weitläufige Gelände alleine erkunden oder eine Führung buchen. In jedem Fall hat man einen tollen Blick auf das Moseltal und den Stromberg gegenüber. Wer danach hungrig ist, kann bei der lustigen Pascaline und ihrem Mann Frédéric in der Auberge St. Vincent (8 Quai des Ducs de Lorraine) zu einem preiswerten und exzellenten Mittagessen einkehren, aber nur am Wochenende. Und am besten mit Reservierung. Die Portionen sind für französische Verhältnisse riesig, das Essen lecker. Gekocht wird lothringisch, es gibt Käse und Wein aus der Region – und Burger.

Kleine Weingüter mit exzellenten Tropfen

Mit etwas im Magen und der nötigen Zeit ist dann auch eine Weinprobe zu empfehlen. Zum Beispiel nur wenige Kilometer weiter flussaufwärts im kleinen Ort Contz-les-Bains . Dort liegt die Domaine Sontag, ein kleines Weingut – mit einigen ausgezeichneten Moselweinen (5 rue Saint Jean). Melanie Sontag lässt uns den Müller-Thurgau (Rivaner) probieren. Unser Favorit allerdings wird der Pinot Gris Fortunate, ein besonderer, fruchtig-komplexer Wein für besondere Anlässe.

Gemeinsam mit ihrem Vater Claude bewirtschaftet Melanie sechs Hektar Weinberge. „Meine Urgroßmutter fing mit dem Weinanbau an, zum Eigenbedarf“, erzählt die 29-Jährige. Wer einen Besuch planen will, kann sich im Internet über Feste und Angebote des Weingutes informieren, wo man für 10 bis 15 Euro mehrere Weine verkosten kann (Infos auf Facebook).

Weinberge, Felder, verschlafene Dörfer

Zwischen Contz-les-Bains und Thionville ist die Mosellandschaft besonders schön. Man passiert unzählige Weiher links und rechts des Flusses, die gerne von Anglern benutzt werden. Malerisch liegt der Campingplatz von Malling gegenüber einer Fluss-Insel, einem Vogel-Reservat. Weinberge und Felder säumen den Weg. Die Strecke verläuft fast ausschließlich entlang des Wassers und führt an verschlafenen lothringischen Dörfern vorbei, die immer einen Abstecher lohnen. Aber nicht immer findet man dann einen Ort zum Einkehren.

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Foto: dpa/Oliver Dietze

Der Weg ist gut ausgeschildert. Oft findet man an Abbiegungen Hinweise direkt auf der Straße, die mit einem Fahrradsymbol markiert wird. Und so geht es weiter zum Ziel des Tages: Thionville. Wer viel Zeit im Gepäck hat, kann sich nicht nur die Stadt, die eine lange Geschichte hat, ansehen, sondern auch zur Festung von Guentrange (Obergentringen) hinaufradeln. 200 Meter oberhalb von Thionville. Sie wurde von den Deutschen 1899 bis 1906 gebaut und hatte Platz für 2000 Soldaten.

Industriekulturelles Erbe im Gusswerk von Uckange

Thionville ist eine Kleinstadt, die trotz des vielen Leerstands in der Innenstadt Flair hat. Vor allem rund um den Place du Marché mit seinen Arkaden aus der Renaissance, einigen Cafés, Bars und Restaurants. Die Stadt war mal deutsch, dann wieder französisch, eine typische lothringische Grenzstadt eben, die nach dem Krieg durch die Stahlindustrie erst einen Aufschwung erlebte, dann aber mit der Schließung der Hütte in Uckange einen Niedergang erlebte.

Heute ist der 1991 stillgelegte Hochofen U4 des Eisengusswerkes von Uckange, 1890 gegründet von den Gebrüdern Stumm (Neunkircher Hütte), industriekulturelles Erbe und zu besichtigen. Jean Larché führt uns durch die kleine Ausstellung rund ums Stahlkochen und über das Gelände. Er ist einer der freiwilligen Führer, die das Areal am Leben erhalten. „Wir haben auch ein großes Kulturprogramm“, erzählt er stolz. Und ein Projekt zur Entgiftung des verseuchten Bodens. Jean hat selbst in der Hütte gearbeitet. Mit Eisenerz und Sinter zum Anfassen erklärt er, wie ein Hochhofen geschichtet wird. In dem kleinen Ausstellungszelt hat der Freiwilligen-Verein einen Abstich mit LED-Leuchten simuliert. Keine super Multimedia-Show wie im Weltkulturerbe Völklinger Hütte im benachbarten Saarland gibt es hier, aber anschauliche Erklärungen, Fotos, Arbeitskleidung – und Virtual Reality-Brillen, mit denen Besucher ganz nah an einen Hochofen herankommen, ohne die Hitze ertragen zu müssen. „Bis zu 80 Grad heiß ist es am Ofen geworden“, erzählt Larché.

Am Kanal entlang bis ins schöne Metz

Von Uckange aus sind es noch knapp 26 Kilometer nach Metz. Einen Teil der Strecke fährt man nicht mehr entlang der kurvigen Mosel, sondern am Canal des Mines de Fer de Moselle (erbaut 1867bis 1932) vorbei. Hier ist die Mosellandschaft weniger idyllisch, sondern industriell geprägt. Das macht die Tour interessant. Es gibt viel zu gucken: Vorbeifahrende Frachter, riesige Verladestellen, Hallen und Speicher, Kraftwerke und Fabriken. Nach gut zwei Stunden erblickt man die Kathedrale von Metz. Folgt man dem Fluss, so führt er direkt ins Herz der wunderschönen Stadt am Wasser. Wer hier keine Lust mehr hat, in die Pedale zu treten, kann auf einer Bootsfahrt entspannen. Auf den komfortablen solarbetriebenen Ausflugsbooten der „Compagnie des Bateaux de Metz“ (am Quai Paul Vautrin) kann man auch eine Kleinigkeit essen und trinken während man die Rundfahrt (1h 15h) genießt.

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