Pure Lust am Flunkern, ohne jede Boshaftigkeit

Saarlouis. Der Tonton-Preis ist das Ergebnis einer logischen Schlussfolgerung aus zwei Wahrheiten: Erste Wahrheit ist, dass nicht sein kann was nicht sein darf, und zwar nirgends mehr als in Saarlouis. Zweite Wahrheit ist: Andere haben eine Weinkönigin, Saarlouis aber nicht

Saarlouis. Der Tonton-Preis ist das Ergebnis einer logischen Schlussfolgerung aus zwei Wahrheiten: Erste Wahrheit ist, dass nicht sein kann was nicht sein darf, und zwar nirgends mehr als in Saarlouis. Zweite Wahrheit ist: Andere haben eine Weinkönigin, Saarlouis aber nicht. Die als unerträglich empfundene Spannung aus diesen beiden Wahrheiten konnte nur in der Altstadt gelöst werden und wurde es auch: mit der Erfindung des Tonton-Preises 1978. Den Preis erhalten Menschen, die sich zuweilen wundern, dass sie die Ihnen zugeschriebenen Verdienste je erbracht haben sollen, nämlich die Förderung des Kneipenviertels Altstadt. Aber das macht nichts, denn die Meriten des namengebenden Michel Tonton beschränken sich darauf, ein derartiger Erzlügner gewesen zu sein, dass er wohl auch seine eigene Existenz erfunden haben dürfte. Ums Verhältnis zur Wahrheit am Tresen und anderswo also geht es. Den Tonton-Preis ermittelt ein Komitee, das sich vielleicht auch selbst erfindet, aber unzweifelhaft jedes Jahr ein Ergebnis liefert. In diesem Jahr ist es Hansjörg Schu, früher Dezernent beim Landkreis, damals wie heute vor allem Experte für lokale Geschichte. Seine literarische Lieblingsfigur, ermittelten die Tonton-Sprecher Helmut W. Braun und Gabriel Mahren, ist Odysseus. Der habe seine Irrfahrten nur durch List und Täuschung überstanden. "Skylla und Charybdis sind nichts anderes als die Wahlmöglichkeit zwischen zwei unbequemen Wahrheiten", lauschten sie Schu ab. Zu umschiffen nur durch eine "gekonnte Lüge". Na also, siehe oben. Ganz Schu, haben die Tonton-Jünger festgestellt, sei auch seine Einstellung, eine Geschichte müsse nicht unbedingt wahr sein, sondern lediglich jeder Überprüfung standhalten. Schus Ankündigung freilich, ein Werk unter dem Titel zu verfassen "Saarlouis wie es wirklich war", die "verschlägt sogar hartgesottenen Tontons die Sprache". Schu flunkere "weder aus Eigennutz noch aus Boshaftigkeit, sondern aus purer Lust und Neugier am Unwahren, Halbwahren und frei Erfundenen". Kurz: "Wer sich in Saarlouis einen Überblick über die Stadtgeschichte verschaffen will, kommt an Hansjörg Schu nicht vorbei. Wer das nicht will, möglicherweise auch nicht." Der Tonton-Preis wird am Freitag, 31. Juli, zur Eröffnung des Altstadtfestes verliehen. Die Lobrede auf Schu hält Vorjahres-Tonton Reinhard Klimmt.

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