Prozess um rassistischen Brandanschlag „Er hat die Tat nicht alleine geplant oder ausgeführt“ – Verteidiger im Yeboah-Prozess plädiert auf Beihilfe

Saarbrücken · Im Prozess um den Brandanschlag auf die Asylbewerberunterkunft 1991 in Saarlouis haben am Dienstag Verteidigung und Nebenklagevertreter ihre Abschlussplädoyers gehalten.

Prozess im Mordfall Yeboah nach 31 Jahren – Bilder aus dem Gerichtssaal
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Foto: dpa/Thomas Frey

Im Prozess um den rassistischen Brandanschlag auf die Asylbewerberunterkunft 1991 in Saarlouis, durch den Samuel Yeboah zu Tode kam, haben am Dienstag Verteidigung und Nebenklagevertreter ihre Abschlussplädoyers gehalten. Die Verteidiger von Peter S. forderten eine deutlich mildere Strafe als die Bundesanwaltschaft. „Er hat die Tat nicht alleine geplant oder ausgeführt, er war als Unterstützer dabei, nicht mehr, nicht weniger“, sagte Rechtsanwalt Kai-Daniel Weil. Demnach habe sich der Angeklagte lediglich der Beihilfe zu Mord und versuchtem Mord in zwölf Fällen schuldig gemacht. Angemessen sei eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten – nach Jugendstrafrecht, weil der Angeklagte zur Tatzeit 20 Jahre alt war. Die Bundesanwaltschaft hatte neun Jahre und sechs Monate Haft unter anderem wegen Mordes gefordert. Ein Urteil wird am 9. Oktober erwartet.

„Es geht ausschließlich darum, einen Sachverhalt aufzuklären“

In mühevoller Kleinarbeit habe man im Prozess versucht, die die Vorkommnisse um den tödlichen Brandanschlag zu rekonstruieren, sagte Weil. Nach Ansicht der Verteidigung ist dies jedoch nicht gelungen: Lücken in der Beweisführung seinen mit Spekulationen gefüllt worden. Weils Kollege Guido Britz führte aus, dass eine „wie auch immer geartete Aufarbeitung des Geschehens“ vor Gericht nicht angedacht sei: „Es geht ausschließlich darum, einen Sachverhalt aufzuklären.“ Hierzu habe das Geständnis des Angeklagten beigetragen. Der hatte  angegeben, dass ein Bekannter aus der Neonazi-Szene – Heiko Sch. – das Feuer gelegt habe und er bloß dabei gewesen sei.

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Das Einlassungsverhalten des Angeklagten erscheine widersprüchlich, räumte die Verteidigung ein. Sie begründete dies mit der Angst davor, dass seine Vergangenheit alles zerstöre, was er sich über die Jahre aufgebaut habe und davor, seine Familie einer Gefahr auszusetzen. Anders als in der Anklage beschrieben, habe Peter S. zur Tatzeit keine rechtsextreme Ideologie vertreten. Das sei erst später gekommen. Spätestens als er 2007 eine Familie gegründet habe, will Peter S. der Neonazi-Szene dann wieder den Rücken gekehrt haben.

„Er hat mit Absichtsvorsatz gehandelt“ 

„Jede Behauptung, sich wegen der Familie von Gesinnung abgewandt zu haben ist eine offensichtliche Lüge“, entgegnet Alexander Hoffmann, Vertreter der Nebenklage. Der Angeklagte habe mehrfach erklären lassen, seit Gründung seiner Familie sei er nicht mehr rechts. Dies sei jedoch in der Verhandlung durch 2020 bei ihm gefundene Chats, die die Verherrlichung von  Nationalsozialismus und Gewalttätigkeit zum Inhalt hatten sowie durch abgehörte Telefonate widerlegt worden.

Björn Elberling, der vier Nebenkläger vertritt sagt, es sei dem Täter darauf angekommen, möglichst viele Menschen zu töten: „Er hat mit Absichtsvorsatz gehandelt.“  Der Senat hatte im Vorfeld angedeutet, dass das Leben der Personen, die sich im Erdgeschoss aufhielten, durch die Brandstiftung nicht bedroht gewesen sei und er deshalb statt dem ursprünglichen 20-fachen lediglich von zwölffachem Mordversuch ausginge.

Die Nebenklage bedankte sich im Namen ihrer Mandanten explizit bei der Hauptbelastungszeugin, durch deren Aussage das Verfahren nach fast drei Jahrzehnten überhaupt erst wiederaufgenommen wurde. Das sei ein wichtiges Signal für die Opfer. Aber auch an die Täter, sagt Nebenklageanwältin Kristin Pietrzyk – „denn die können sich auch nach Jahrzehnten nicht sicher fühlen, wenn das Erinnern nicht endet.“