Ärztekammer „überrascht“ und „irritiert“ Staatsanwaltschaft Saarbrücken erhebt Anklage gegen Präsidenten der saarländischen Ärztekammer

Saarbrücken · Seit Oktober 2020 hat die Staatsanwaltschaft Saarbrücken gegen den Präsident der Ärztekammer des Saarlandes, Dr. Josef Mischo, ermittelt. Jetzt wurde Anklage erhoben. Der Vorwurf lautet vorsätzliche Körperverletzung mit Todesfolge durch Unterlassung. Mischo selbst zeigt sich bestürzt über den Vorwurf.

Staatsanwaltschaft Saarbrücken erhebt Anklage gegen den Präsidenten der Ärztekammer
Foto: dpa/Britta Pedersen

Die Saarbrücker Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen Dr. Josef Mischo, den Präsidenten der Ärztekammer des Saarlandes, erhoben. Ihm wird vorsätzliche schwere Körperverletzung im Zusammenhang mit den angeblichen Fehldiagnosen eines St. Ingberter Pathologen vorgeworfen. Dieser hatte ein von der Ärztekammer angebotenes Suchtprogramm absolviert und danach weiter praktiziert. In der Folgezeit soll er laut Staatsanwaltschaft Fehldiagnosen gestellt haben, die unnötige Operationen zur Folge hatten. Ein Patient soll an den Folgen verstorben sein.

Der Pathologe Dr. H. wurde bereits im Juni 2020 von der Wirtschaftskammer am Landgericht zu zwei Jahren und neun Monaten Gefängnis wegen Betrugs in 17 Fällen und 97 Fällen der Bestechung im Gesundheitswesen verurteilt.  Er hatte Ärzten Provisionen bezahlt, wenn sie Gewebeproben in seinem Institut untersuchen ließen. Im Oktober wurde gegen den 61-jährigen H. dann außerdem Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung, zwei Fällen schwerer Körperverletzung und in einem Fall Körperverletzung mit Todesfolge erhoben.

Dem Präsidenten der Ärztekammer wird in diesem Zuge vorgeworfen, es als Kammerpräsident versäumt zu haben, die Approbationsbehörde über die Suchterkrankung des Pathologen zu informieren. Daher wurde jetzt Anklage erhoben. Im Zuge der Ermittlungen gegen Mischo hatte die saarländische Ärztekammer bereits im November 2021 eine Feststellungsklage beim Verwaltungsgericht des Saarlandes erhoben. Hierbei soll grundsätzlich geklärt werden, wann der Kammerpräsident die Approbationsbehörde informieren muss. Ob die jetzt bekannt gewordene Anklage gegen Mischo vor Gericht zugelassen wird, muss jetzt das Landgericht prüfen. Die Ärztekammer hatte zuvor angeregt, das Ermittlungsverfahren gegen Mischo bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtes auszusetzen.

Mischo „bestürzt“ – Ärztekammer stellt sich hinter ihn

Mischo selbst zeigte sich in einer Pressemitteilung am Mittwochmorgen „bestürzt“ über die erhobene Anklage, die laut ihm „tatsächlich wie rechtlich auf tönernen Füßen“ stehe. „In meiner Profession als Arzt liegt mir nichts ferner, als bewusst Patienten an ihrer Gesundheit zu schädigen“, so Mischo in Bezug auf den Vorwurf der vorsätzlichen Verletzung von Patienten und dem versuchten Totschlag. Den Vorwurf einer Vorsatztat weise er „in aller Deutlichkeit“ von sich.

Die Ärztekammer stellte sich in einem Statement vom Morgen ebenfalls hinter ihren Präsidenten. Von der Anklageerhebung sei man „überrascht“ und „irritiert“. Nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe gegen den Pathologen H. habe man „umfassend und in Kooperation mit der Staatsanwaltschaft und der Rechtsaufsicht an der Aufklärung des Sachverhalts und der Abwendung von Schäden für die betroffenen Patienten mitgewirkt.“ Die offenbar gewordenen Versäumnisse in den Verwaltungsabläufen der Kammer seien dabei „umfassend“ aufgearbeitet worden.

Die Feststellungsklage der Ärztekammer vor dem Verwaltungsgericht zur Informationspflicht abzuwarten, hätte zu einem „fairen Verfahren“ dazugehört, schreibt die Ärztekammer weiter.

„Der Vorstand und die Vertreterversammlung der Ärztekammer haben den Präsidenten in seiner Haltung gegenüber der Anklage gestärkt und einstimmig gebeten, derzeit weder einen Rücktritt noch ein Ruhen der Ämter in Erwägung zu ziehen“, teilt die Kammer abschließend mit.

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