Oberverwaltungsgericht entscheidet Möbelhaus-Schließung wegen Corona verstößt gegen Grundgesetz – drohen jetzt Schadenersatzforderungen?

Saarlouis · Möbelhäuser zu schließen, um die Corona-Pandemie zu bekämpfen, war rechtswidrig. Das geht aus einem Urteil der Richter am Oberverwaltungsgericht des Saarlandes hervor. Wie die Richter ihre Entscheidung begründet haben.

 Wegen Corona geschlossen: Die Saar-Regierung hatte zum Schutz vor einer Virus-Infektion Möbelhäuser die Öffnung im Februar 2021 untersagt. Das war rechtswidrig, so Richter am Oberlandesgericht.

Wegen Corona geschlossen: Die Saar-Regierung hatte zum Schutz vor einer Virus-Infektion Möbelhäuser die Öffnung im Februar 2021 untersagt. Das war rechtswidrig, so Richter am Oberlandesgericht.

Foto: BeckerBredel

Die saarländische Landesregierung ist mit ihren Maßnahmen im Kampf gegen das Corona-Virus übers Ziel hinausgeschossen. Dieser Ansicht sind Richter am Oberverwaltungsgericht (OVG) des Saarlandes in Saarlouis. Mit ihrer Entscheidung gaben sie abermals Klägern Recht, die wegen der Anfang 2021 geltenden Regel zu Geschäftsschließungen geklagt hatten.

Dieses Mal gingen Möbelhaus-Betreiber dagegen vor. Ihnen war es mit Verweis auf die hohe Infektionsgefahr untersagt worden, ihre Läden zu öffnen. Dem widersprach das Gericht nun mit dem Urteil.

Richter: Rechtsverordnung verstößt gegen Verfassung

„Die Regelung verstieß gegen höherrangiges Recht“, heißt es dazu in der Begründung. So habe die Rechtsverordnung zur Seuchenbekämpfung von der Verfassung geschützte Grundrechte wie Berufsausübungsfreiheit sowie den Schutz von Eigentum und Gewerbe verletzt.

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Gleichzeitig sei der durch die Regierung eingeschränkte Geschäftsbetrieb „nicht erforderlich“ gewesen, um die Pandemie auszubremsen. Denn durchaus könnten sich Kunden in großen Möbelhäusern der Kläger „besser aus dem Weg gehen [...] als auf kleiner Fläche“, argumentierten die Saarlouiser Richter. Hier machten diese Geschäfte auch keinen Unterschied zu anderen „großflächigen Einzelhandelsbetrieben oder [...] Bau- und Gartenmärkten“, denen der Weiterbetrieb währenddessen erlaubt war.

Die Betreiber hätten zudem Alternativen angeboten, um den Schutz der Kunden zu gewährleisten. Unter anderem schlugen sie Regeln zu Mindestabständen in ihren Filialen sowie Corona-Schnelltests an. Das Gericht nannte dies in dem Beschluss „ähnlich effektive Mittel“ wie die komplette Schließung.

Die allerdings führte zu erheblichen Umsatzeinbrüchen, die durch den staatlichen Ausgleich nicht aufgefangen worden seien, beklagen die Unternehmer. So seien statt der knapp 80 000 Neuaufträge wie im Vorjahr durch die Schließung gerade mal 1450 verzeichnet worden, hieß es in dem Antrag der Klägerseite.

Zudem sprechen die Richter in dem Urteil von einer seuchenrechtlich nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung gegenüber anderen Märkten mit gemischtem Sortiment. Diese waren von dem Öffnungsverbot in der Zeit nicht betroffen. So durften Supermärkte und dergleichen Teppiche, Bettwäsche sowie Wohnzubehör verkaufen, das Möbelhäuser ebenfalls anbieten.

In einem weiteren Schritt könnte es um Schadenersatz gehen

Eine Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht ließ das OVG zu. Grund dafür sind die möglichen Schadenersatzansprüche, die aus dem jetzigen Richterspruch abzuleiten sein könnten.

In einem anderen Verfahren hatte das OVG einem Restaurant-Betreiber Recht gegeben, der gegen die Schließung seines Lokals während des zweiten Lockdowns vom 2. bis 15. November 2020 geklagt hatte. Hier beriefen sich die Richter auf einen formellen Fehler der Corona-Landesverordnung. Es fehlte demnach die gesetzliche Grundlage dafür.

Ein Frisör in der Saarbrücker Innenstadt war indes im Februar dieses Jahres mit seinem Eilantrag gescheitert. Er wollte gegen die Nachweispflicht eines negativen Corona-Tests vorgehen. Mit Blick auf die „schwerwiegenden öffentlichen und privaten Interessen an einer Eindämmung des Infektionsgeschehens und der Vermeidung einer Überlastung des Gesundheitssystems“ müsste sein Interesse zurückstehen.

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