Mit Spannung erwartete Aussage Nach Geständnis – mutmaßlicher Haupttäter heute im Yeboah-Prozess vor Gericht

Nach dem überraschenden Geständnis des Angeklagten vergangene Woche wird der Yeboah-Prozess am heutigen Montag fortgesetzt. Die Aussage des heutigen Zeugen wird mit Spannung erwartet.

Großes Medienaufgebot am vergangenen Dienstag am Oberlandesgericht Koblenz: Der Angeklagte im Yeboah-Prozess hatte ein Geständnis abgelegt - aber einen anderen Mann als Haupttäter benannt. Der soll am heutigen Tag in den Zeugenstand.

Großes Medienaufgebot am vergangenen Dienstag am Oberlandesgericht Koblenz: Der Angeklagte im Yeboah-Prozess hatte ein Geständnis abgelegt - aber einen anderen Mann als Haupttäter benannt. Der soll am heutigen Tag in den Zeugenstand.

Foto: Laura Weidig

Im Prozess um den tödlichen Brandanschlag auf die Asylbewerberunterkunft in Saarlouis 1991 hat der Angeklagte vergangene Woche eingeräumt, bei der Tat dabei gewesen zu sein. Der Haupttäter aber soll ein anderer Angehöriger der damaligen Saarlouiser Skinheadclique, Heiko Sch., gewesen sein.

Das Geständnis stellt einen Wendepunkt in dem Gerichtsverfahren dar: Bis dato hatte der 51-jährige Angeklagte aus Saarlouis die Tat oder eine Beteiligung daran stets bestritten. Vertreter der Nebenklage halten das plötzliche Geständnis für wenig glaubhaft. Wir berichteten.

Yeboah-Prozess: Geständnis stößt auf Skepsis

Roland Röder, der den Prozess für die Aktion 3.Welt Saar beobachtet, hegt ebenfalls Zweifel an dem Geständnis. „Das angekündigte Geständnis fand nicht statt“, so sein Resümee. „Es war eher der durchsichtige Versuch, den Kopf aus der enger werdenden juristischen Schlinge zu ziehen, indem er einen Aussteiger aus der rechten Szene beschuldigte, der offensichtlich vor Prozessbeginn umfangreich ausgesagt hatte.“

Auch für die Bundestagsabgeordnete Martina Renner (Die Linke) bleiben unabhängig von dem sogenannten Geständnis Widersprüche und Ungereimtheiten, wie sie gegenüber der SZ erklärt – insbesondere in der Frage, ob Polizei und Geheimdienste damals Wissen hatten, das zur Ergreifung der Täter hätte führen können. „Ebenso sind Verbindungen des Angeklagten zu anderen ungelösten Anschlägen der Zeit nicht aufgeklärt“, sagt die Rechtsextremismus-Expertin. „Viele Opfer und Betroffene warten weiterhin auf Aufklärung und Konsequenzen.“ Der beschlossene Untersuchungsausschuss werde also noch Arbeit zu tun haben.

Renner – ihr Wahlkreis liegt in Thüringen – befasst sich schon länger mit dem Fall, aber auch mit anderen rassistischen Brandanschlägen dieser Zeit im Saarland. „Die Beschäftigung mit dem NSU-Komplex führte mich und viele andere dazu, unaufgeklärte mutmaßlich rechte oder rassistische Anschläge anzusehen. Insbesondere ist aber auch die Antifa Saar zu erwähnen, die viel zur Aufklärung des Mordes an Samuel Yeboah beigetragen hat und bis heute hervorragende Recherche-Arbeit leistet.“

Überlebende hoffen auf ein Urteil

Ursula Quack vom Saarländischen Flüchtlingsrat steht in engem Kontakt zu überlebenden Betroffenen des Brandanschlags. Einige von ihnen hätten sich erst einmal erfreut gezeigt, dass das Gericht einer Verurteilung näher kommt, berichtet Quack. Über den Inhalt der „Geständnis“ genannten Aussage habe man sich noch nicht detailliert austauschen können. Quack selbst hält die Aussage für „lächerlich, aber nicht unlogisch“, wie sie sagt. Vor dem Hintergrund, dass ein qualifiziertes Geständnis – also die Nennung von Mittätern, Mitwissern und so weiter – verlangt worden sei, fragt Quack: „Was liegt näher, als einen verhassten Aussteiger zu belasten und den Chef Peter S. gleichzeitig zu entlasten?“

Sie hofft, dass das Gericht diese, wie sie sagt, „fadenscheinige Geschichte“ nicht zum Anlass nimmt, möglichst schnell zu einer Verurteilung zu kommen und die Prozessdauer abzukürzen. „Das wäre nur auf Kosten der Wahrheitsfindung möglich, die sich Richter und Staatsanwaltschaft zu Beginn des Prozesses immerhin zum Ziel gesetzt hatten.“

Beschuldigter Aussteiger soll heute aussagen

Der Prozess wird am heutigen Montag fortgesetzt – mit der Vernehmung des Mannes, den Peter S. in seinem überraschenden Geständnis schwer belastet hat. Der nun Beschuldigte war lange Teil der Neonaziszene, soll laut Ermittlern aber 1994 aus der Szene ausgestiegen sein. Wie glaubhaft es ist, dass der Aussteiger den tödlichen Brandanschlag gelegt haben soll, während Peter St., der Anführer der Neonazis, zu dem der Angeklagte bis heute eine enge Freundschaft pflegt, über all die Jahre von nichts gewusst haben soll, obliegt nun der Prüfung durch das Gericht.

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